Analyse

Dell kauft sich mit Perot Systems Service-Know-how

22.09.2009 von Martin Bayer
Der Direktanbieter Dell schluckt den Serviceanbieter Perot Systems für 3,9 Milliarden Dollar. Mit dem Deal wollen die Texaner ihre Dienstleistungssparte gegen Konkurrenten wie Hewlett-Packard und IBM stärken.

Mit der Übernahme von Perot Systems baue Dell sein Geschäft mit Unternehmens-Services massiv aus, begründete Firmengründer Michael Dell den Deal. Beide Unternehmen zusammen kämen auf einen Serviceumsatz von knapp acht Milliarden Dollar pro Jahr. Dell berichtete im vergangenen Geschäftsjahr Dienstleistungseinnahmen in Höhe von 5,1 Milliarden Dollar, bei Perot Systems stand ein Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar zu Buche. Die großen Konkurrenten spielen jedoch in einer höheren Liga. IBM kam beispielsweise zuletzt auf einen Serviceumsatz von 57 Milliarden Dollar pro Jahr, Hewlett-Packard nimmt nach der Akquisition von EDS etwa 40 Milliarden Dollar jährlich mit Dienstleistungen ein.

Den Ausbau ihres Servicegeschäfts lassen sich die Texaner rund 3,9 Milliarden Dollar kosten. Der Hardwarespezialist bietet 30 Dollar je Perot-Aktie. Das bedeutet einen Aufschlag von etwa 68 Prozent auf den Schlusskurs des Papiers am Freitag vor Bekanntgabe der Akquisition. Die Vorstandsgremien beider Unternehmen haben den Deal bereits abgesegnet. Nach ihren Plänen soll das Geschäft bis Januar kommenden Jahres abgeschlossen sein. Analysten wie Mark Moskowitz von J. P. Morgan bezeichneten den Deal als teuer, aber notwendig für Dell. Setze man den Kaufpreis mit dem Umsatz in Relation, ergebe sich bei Perot Systems ein Faktor von 1,4. Bei HPs Übernahe von EDS habe der Wert bei lediglich 0,6 gelegen. Damit sei die Akquisition für Dell teuer ausgefallen, meint Moskowitz. Andererseits sei die Erweiterung in Richtung Services notwendig gewesen, um die Abhängigkeit vom PC- und Hardwaregeschäft zu mindern. Die Übernahme von Perot Systems richte sich gegen diese Schwäche, sagt Shaw Wu, Analyst von Kaufman Bros. Im zurückliegenden Geschäftsquartal waren die Einnahmen von Dell im Vergleich zum Vorjahresquartal um 22 Prozent auf knapp 12,8 Milliarden Dollar eingebrochen. Allein der Produktumsatz reduzierte sich im Jahresvergleich um 25 Prozent von 14,1 auf 10,6 Milliarden Dollar. Die Rückgänge im Servicegeschäft beliefen sich dagegen auf vergleichsweise geringe sechs Prozent. Allerdings bleibe abzuwarten, mit welchem Schwung Dell in das erweiterte Servicegeschäft starten könne, warnte Wu vor verfrühter Euphorie.

Dell hat Kriegskasse gut gefüllt

In den vergangenen Monaten hatten Branchenbeobachter wiederholt darüber spekuliert, Dell könnte mit einer Übernahme sein Servicegeschäft stärken. In diesem Zusammenhang fiel unter anderen der Name von Perot Systems. Auch die Dell-Verantwortlichen hatten im Lauf des Jahres angedeutet, auf der Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten zu sein. Die Kriegskasse der Texaner war mit fast zwölf Milliarden Dollar gut gefüllt. Dell hat seine Servicestrategie stufenweise ausgebaut, berichtet Dane Anderson, Research Vice President von Gartner. Allerdings sei der Direktanbieter dabei sehr bedacht vorgegangen, um den geeigneten Zeitpunkt und den passenden Partner zu wählen.

Beides hat Dell nun offenbar gefunden. Firmengründer Dell bezeichnete das Geschäft als die richtige Akquisition für sein Unternehmen. Beide in Texas ansässigen Unternehmen hätten viele Gemeinsamkeiten. Produkte und Strukturen ergänzten sich vorteilhaft. Die Kulturen beider Unternehmen passten gut zusammen, bestätigte Ross Perot, der den Serviceanbieter 1988 gegründet hatte. Das habe es einfacher gemacht, sich Michael Dells Vision anzuschließen.

Perot Systems bietet seinen Kunden Beratung und Services rund um die Unternehmens-IT sowie die damit verbundenen Geschäftsprozesse an. Branchenschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Gesundheitswesen und der öffentlichen Hand. Etwa die Hälfte des Jahresumsatzes in Höhe von zirka 2,8 Milliarden Dollar stammt aus dem Healthcare-Segment. Zudem hat die US-Company wie andere Servicegrößen wie beispielsweise IBM zuletzt seine Offshore-Kapazitäten in Indien massiv aufgestockt.

Die Übernahme verschaffe Dell die Gelegenheit, seine Produkte in die Perot-Klientel zu verkaufen und umgekehrt, kommentiert Gartner-Analyst Anderson. Die Chancen für eine erfolgreiche Integration beider Geschäftsfelder lägen gut. Das Perot-Angebot ergänze Dells Produktpalette. Zugleich sei der Dienstleister "gut verdaulich und integrierbar".

Dells Serviceangebote waren zumeist auf die bestehende Klientel und das eigene Produktportfolio fokussiert. Darüber hinausgehende Beratungs- und Integrationsleistungen mussten sich Dell-Kunden von anderen Anbietern einkaufen. An dieser Situation wird sich jedoch kurzfristig nichts ändern, warnt Anderson vor zu hohen Erwartungen. Von dem erweiterten Serviceportfolio würden zunächst vor allem die Bestandskunden profitieren. Neue umfangreiche Service-Deals seien nicht schnell an Land zu ziehen. Unternehmen würden bestehende Verträge nicht von heute auf morgen kündigen.

Karten im Servicegeschäft werden neu gemischt

Dell plant offenbar, sein gesamtes künftiges Servicegeschäft unter dem Dach von Perot zusammenzufassen. Die Sparte soll vom derzeitigen Perot-CEO Peter Altabef geleitet werden. Chairman Ross Perot Jr. soll einen Sitz im Dell-Aufsichtsrat erhalten. Welche Folgen der Deal für die Servicemitarbeiter beider Unternehmen hat, ist noch nicht abzusehen. Die Dell-Verantwortlichen bezifferten das Einsparpotenzial im Zuge der Akquisition auf rund 300 Millionen Dollar in den beiden kommenden Jahren. Ob und wie viele der 23.000 Perot-Mitarbeiter ihren Hut nehmen müssen, wenn im Zuge der Integration beider Firmen Überschneidungen beseitigt werden, wollten die verantwortlichen Manager nicht sagen.

Peter Altabef, CEO von Perot Systems, soll künftig das gesamte Service-Geschäft von Dell leiten.
Foto: Perot Systems

Mit der Übernahme will Dell sein Servicegeschäft gegen die großen Konkurrenten Hewlett-Packard und IBM in Stellung bringen. Für die großen IT-Anbieter wird die Dienstleistungssparte immer wichtiger, da in den vergangenen Jahren die Margen im Produktgeschäft immer stärker unter Druck geraten sind. Vor diesem Hintergrund hatten die Konkurrenten ihre Servicesparten zuletzt kontinuierlich ausgebaut, beispielsweise Hewlett-Packard durch den Kauf von EDS.

Beide Dell-Wettbewerber sind in der Lage, ihr Produktgeschäft durch eine breite Dienstleistungspalette zu flankieren und einen kompletten IT-Stack anzubieten. Hardwarespezialist Dell hatte dagegen in der Vergangenheit mit anderen IT-Anbietern kooperiert, um Software- und Servicelücken in seinem Portfolio zu schließen. In dieser Konstellation seien die Texaner jedoch nicht in der Lage gewesen, IT-Riesen wie HP oder IBM das Wasser zu reichen. Dell lief Gefahr, als reiner Hardwareanbieter den Anschluss zu verlieren, urteilte Andi Mann, Vice President von Enterprise Management Associates. Mit der Übernahme von Perot sei Dell nun in der Lage, gegen die Konkurrenten im Servicering anzutreten. Von gleicher Augenhöhe könne jedoch noch keine Rede sein, warnt der Analyst. Dazu fehle Dell ein eigener Software-Stack.

Die Analysten gehen indes davon aus, dass Dell seine Reichweite durch zusätzliche Zukäufe erhöhen wird. Firmenchef Dell hat bereits angekündigt, seine Wachstums- und Expansionsstrategie auch mit Akquisitionen zu stützen. Ziel sei vor allem, die eigene Produktpalette auszubauen, um mehr Kunden zu gewinnen.