Storage as a Service

Datenspeicher in der Wolke

23.02.2010 von Ulrike Rieß
Zu den wenigen schon etablierten Cloud-Services zählen Dienste für Online-Speicher. Das Angebot für Geschäftskunden wächst.
Quelle: R.Grothues/Fotolia
Foto: R.Grothues/Fotolia

Spätestens mit Amazons "S3"-Dienst ist das Speichern in der Cloud auch in der professionellen IT angekommen. Storage as a Service (SaaS) verspricht Zugriff auf unbegrenzte Speicherressourcen, Abrechnung nach Bedarf, mehr Flexibilität und weniger Kosten. Der Preis pro Gigabyte ist niedrig, der Zugang einfach und die Abhängigkeit von einem Anbieter gering.

Alle Anbieter in diesem Segment preisen Storage as a Service als kostengünstige Alternative zu lokalen Speicherinstallationen an. Ihre Argumente: Der Anwender muss Festplatten-Arrays nicht selbst einkaufen, betreiben oder warten, keine Backups organisieren oder ein Archiv einrichten. Er bestellt einfach eine bestimmte Kapazität bei einem Anbieter, vereinbart mit diesem Qualitätsmerkmale wie Verfügbarkeit, Wiederherstellungs- und Wiederanlaufzeiten und unterzeichnet einen Nutzungsvertrag, der den Anbieter zu Ausgleichszahlungen bei Nichteinhaltung der Vorgabe verpflichtet.

Der Kunde muss sich lediglich um ausreichend Bandbreite zum Anbieter kümmern. Falls er ein besseres Angebot bekommt oder der Anbieter seine Verpflichtungen nicht einhält, verlagert er seine Daten einfach in eine neue SaaS-Wolke und arbeitet dort weiter. So weit die Theorie. Aber was bieten die heute verfügbaren Dienste wirklich? Wir haben die Produktportfolios einiger Hersteller durchleuchtet.

Iron Mountain Digital: Virtual File Store

Der Service "Virtual File Store" (VFS) von Iron Mountain Digital wendet sich vor allem an Nutzer, die eine günstige Ablage für ihre selten oder gar nicht mehr verwendeten unstrukturierten Daten suchen. Mit VFS werden diese Daten aus der firmeneigenen IT-Umgebung in die Iron-Mountain-Cloud verlagert, ohne ihre Verfügbarkeit, Steuerbarkeit und Sicherheit zu gefährden. Der Anbieter schätzt, dass durchschnittlich ungefähr 65 Prozent aller Daten in den Rechenzentren der Anwender nicht genutzt werden. Deren Auslagerung nach VFS soll einen beträchtlichen Speicherplatzgewinn bringen und die speicherbezogenen Betriebskosten senken.

Für den VFS-Service wird im Netz des Kunden eine Appliance positioniert, die Zugang zu Dateien in den Formaten CIFS (Windows) oder NFS (Linux/Unix) zur Verfügung stellt. Die Appliance lässt sich in die bestehende Infrastruktur integrieren. Dateien können nach vom Kunden festgelegten Richtlinien manuell oder automatisch auf die Appliance verschoben werden. Diese überträgt sie über eine VPN-Verbindung verschlüsselt an ein Rechenzentrum von Iron Mountain. Alle Daten werden an einen zweiten, entfernten Iron- Mountain-Standort gespiegelt, um den schnellen, unterbrechungsfreien Zugriff im Fall einer Katastrophe sicherzustellen. Beim Kunden werden so Ressourcen in der Speicher- und Netzinfrastruktur frei.

Bei VFS handelt es sich um einen Hosted Service, damit entfallen Investitionen wie Anschaffung oder Einrichtung. Für den Dienst wird eine monatliche Gebühr in Rechnung gestellt. Der Betrag ist bedarfsabhängig und wird individuell ausgehandelt. Iron Mountain stellt jeweils so viel Speicherplatz bereit, wie der Kunde benötigt.

EMC: Atmos onLine

EMC splittet sein Cloud-Angebot in zwei Bereiche. Zum einen bieten die Amerikaner Lösungen an, die sich an die Storage-as-a-Service-Betreiber, also an Dienstleister, richten. Hier kommt vor allem das klassische Storage-Portfolio von EMC zum Einsatz, aber auch die Lösungen, die das Unternehmen neuerdings im Rahmen der Virtual-Computing-Environment- (VCE-)Koalition zusammen mit Cisco und VMware geschaffen hat. Alle Produkte zielen auf flexible IT-Infrastrukturen mit geringen Verwaltungs-, Energie- und Gebäudekosten.

Zum anderen offeriert EMC die Servicelinie "Atmos", die sowohl für SaaS-Betreiber als auch für Anwenderunternehmen gedacht ist. Die Provider, die Storage-Services an Kunden weiterverkaufen wollen, können mit der Atmos-Lösung Speicherdienste und -anwendungen entwickeln und ausrollen.

Für Geschäftskunden betreibt EMC hingegen selbst einen entsprechenden Dienst mit der Typenbezeichnung "Atmos onLine". Hier stellt der Anbieter sowohl Speicher- als auch Rechenleistung online bereit, die Kunden nach Bedarf nutzen können. Atmos onLine richtet sich an Unternehmen, die große Datenmengen bewegen und verwalten müssen, die zudem hohe Anforderungen an Service-Levels, Informationssicherheit und Zugriffsschutz stellen. Der Dienst kann ihnen als Puffer in Zeiten hoher Last dienen. EMC versichert, dass die Nutzer stets die Kontrolle über Daten behalten und selbst entscheiden, welche Informationen wo gespeichert werden.

Atmos onLine ist bereits verfügbar, so dass sich Daten sicher und nach Bedarf zwischen einer internen und einer externen Speicher-Cloud verschieben lassen. Die Kosten verhandelt EMC individuell je nach den genutzten Kapazitäten.

Fujitsu Technology Solutions: Infrastructure as a Service

Fujitsu geht einen Schritt weiter und spricht nicht nur von Storage as a Service, sondern gar von Infrastructure as a Service (IaaS). Dahinter verbirgt sich eine Kombination aus Hardware (Server, Storage, Clients, Networking), Betriebssystem und Systemsoftware (Virtualisierung, grundlegendes Ressourcen-Management, Automatisierung, Änderungssteuerung) sowie Middleware-Komponenten (etwa System-Management).

Zwar spricht Fujitsu momentan von Pilotprojekten, mit denen man grundlegende Erfahrungen mit dem Thema Cloud und IaaS gewinnen möchte. Doch gibt es bereits eine recht konkrete Preisliste, aus der sich die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb externer Umgebungen entnehmen lassen. Beim günstigsten Angebot handelt es sich um einen virtuellen Server ohne Betriebssystem. Dieser bietet reine Server-Kapazität, die von einem virtuellen System zur Verfügung gestellt wird. Ein virtueller Server mit Betriebssystem stellt ein Betriebssystem einschließlich der einschlägigen Lizenzen zur Verfügung. Der Anbieter übernimmt die Verwaltung dieses Betriebssystems, während zusätzliche Komponenten vom Kunden installiert und betreut werden können. Ein speziell zugewiesener Server schließlich stellt einen Rechner für die ausschließliche Nutzung durch einen Kunden zur Verfügung. Auf diesem kann er sein eigenes Betriebssystem oder seine eigenen virtuellen Maschinen konfigurieren und verwalten.

Für die Einrichtung einer Kundenumgebung fallen einmalig 640 Euro an, einen Server gibt es zwischen 195 und 780 Euro pro Monat zuzüglich Einrichtung und Betriebssystem-Lizenzen. Für den Speicher kommen 1,40 Euro pro 50 GB und Monat hinzu.

T-Systems: Dynamic Services

Die Telekom-Tochter T-Systems ist in den Augen des Branchenverbands Bitkom "Deutschlands einziger ernst zu nehmender Cloud-Computing-Anbieter". Eigenen Angaben zufolge betreibt T-Systems Speicherlösungen immer als Teil eines Kundenprojekts. Dies können verwaltete Dokumentensysteme, aber auch Daten für große Geschäftsanwendungen sein. Die erforderlichen Speicherressourcen stellt der Betreiber dynamisch bereit. In der Regel verwendet T-Systems virtualisierte Systeme. Auf Wunsch richtet der Dienstleister auch statische oder dedizierte Installationen ein. Genauso unscharf wie das SaaS-Angebot von T-Systems ist die Preisgestaltung. Konkrete Angaben hierzu bleibt das Unternehmen schuldig und verweist auf individuell zu vereinbarende Beträge.

Hewlett-Packard: Utility Sourcing

HPs "Utility Sourcing" (HP US) stellt IT-Ressourcen je nach Bedarf und zu nutzungsabhängigen Gebühren zur Verfügung. Gezahlt wird pro Arbeitsspeicher und CPU-Anteil, pro genutzten Speicherplatz sowie pro Anwender eines ERP-Systems. Unterliegt das Geschäftsmodell zum Beispiel saisonalen Schwankungen, kann der IT-Bezug entsprechend skaliert werden. Auch hier entfallen Fixkosten und Kapitalbindung. HP wirbt damit, dass Unternehmen mit Utility-Sourcing-Services Kosteneinsparungen zwischen 20 und 40 Prozent erzielen können. Das Portfolio besteht aus Anwendungs-, Infrastruktur- und Desktop-Modulen, aus denen sich die Anwender eigene, auf ihre Prozesse abgestimmte Lösungen zusammenstellen können. Derzeit nutzen laut HP mehrere hundert Kunden in 30 Ländern HP Utility Sourcing.

HP US sieht keine Mindestabnahmemengen vor. Kunden schließen mit HP einen Rahmenvertrag über ein Jahr. In diesem Zeitraum können sie ihren Bedarf frei wählen, sie könnten theoretisch auch gar keine Leistungen beziehen. Die zugesicherten Bereitstellungszeiten betragen in der Regel fünf Tage, in der Praxis stehen die Ressourcen aber meist bereits nach einem Tag zur Verfügung. Die Mindestnutzungsdauer der freigeschalteten Services beläuft sich auf drei Monate.

Für die Steuerung der Abnahmemengen und der benötigten Service-Level-Agreements (SLAs) hat HP ein Web-Portal entwickelt. Hier erfährt der Kunde den Bearbeitungsstatus, den aktuellen Bestand an zugewiesenen Services und die dafür anfallenden Kosten. Er kann auch Aufträge aufgeben.

Die Listenpreise von HP für Storage as a Services. Bei Mindestabnahmemengen gewährt HP Rabatte.
Foto: HP

HP verfolgt beim Vertrieb der Services zwei getrennte Strategien. An Großkunden ("Named Accounts") vertreibt HP selbst und versorgt diese auch mit zusätzlichen Dienstleistungen, zum Beispiel einer individuellen Parametrisierung von SAP-Anwendungen. Alle anderen Unternehmen, vor allem Mittelständler, adressiert HP dagegen über Partner. HP arbeitet hier im Hintergrund als Hosting-Provider. Die Kundenbetreuung obliegt dem Partner. Verpflichtet der sich sich zu einem bestimmten Mindestkontingent, räumt HP ihm Sonderrabatte ein. Auch Kunden können bei Mindestabnahmemengen Rabatte auf die Listenpreise bekommen.

Amazon: S3

Auch der Online-Händler Amazon wendet sich mit seinem Service an professionelle Nutzer. Amazon Simple Storage Service (S3) ermöglicht Softwareentwicklern und Firmen Datenspeicherung außerhalb ihrer eigenen Infrastruktur. S3 bietet einen Zugang zur selben skalierbaren Infrastruktur, die Amazon zum Betrieb seines globalen Netzes nutzt. S3 ist über eine einfache Web-Schnittstelle erreichbar. Hier können Daten zu jeder Zeit von jedem Punkt des Internets gespeichert und abgerufen werden. Amazon erhebt keine Grundgebühr, der Anwender zahlt je nach Nutzung. Die Kosten beginnen bei 15 US-Cent pro GB im Monat. Beim Datenaustausch sind die Kosten gestaffelt und ebenfalls nach GB zu bezahlen. Ein Online-Preisrechner listet die Kosten auf.

Microsoft: Azure

Auch Microsoft stellt mit Azure seit kurzem ein Framework für die Entwicklung von Cloud-Diensten zur Verfügung. Zu diesem Framework gehören unter anderem eine Datenbank, eine neue Version der .NET-Dienste und eine auf Sharepoint basierende Synchronisation von Dateien. Für die Abarbeitung der erwarteten Rechen-, Input- und Output-Leistung will Microsoft 20 neue Rechenzentren errichten. Microsofts Preismodell basiert auf der Nutzung der einzelnen Dienste. Die Basisdienste Windows Azure schlagen mit zwölf US-Cent pro Stunde für Rechenleistung und 15 US-Cent für jedes belegte GB im Monat zu Buche. Speichertransaktionen kosten einen zusätzlichen US-Cent pro 10 KB. Das Einspielen der Daten in die Cloud kostet zehn US-Cent pro GB, das Auslesen 15 US-Cent pro GB. Für die Nutzung einer SQL-Datenbank unter 1 GB Größe lässt sich Microsoft 9,99 Dollar im Monat überweisen. Auch hier kosten Datentransfers zusätzlich zehn und 15 Cent.

Fazit: Stochern in der Wolke

Der Markt für Cloud Computing ist in Bewegung. Oft sind die Angebote noch etwas nebulös. Besonders die Provider, die sich ausschließlich an Geschäftskunden wenden, machen selten konkrete Angaben zu den Preisen. Zudem unterscheiden sich die Servicemodelle deutlich. Einige Betreiber stellen konkret nutzbare Ressourcen zur Verfügung, andere liefern Frameworks für Cloud-Provider, wieder andere werben mit Diensten, ohne genaue Angaben zu deren Ausgestaltung zu machen.

Ein Blick auf die verfügbaren Preismodelle zeigt zudem, dass die Angebote selten die versprochenen Einsparungen bringen. Zwar sind die Pauschalen für den Online-Speicher tatsächlich günstig, rechnet man allerdings die Zusatzkosten für Datentransfers in und aus der Wolke sowie für Computing- und Transaktionsdienste hinzu, kommt man schnell in Regionen, in denen sich die Anschaffung und der Betrieb einer eigenen Infrastruktur schon wieder lohnt.

Auch in technischer Hinsicht gibt es noch Verbesserungsbedarf. Das Jahr 2010 soll allerdings sichtbare Fortschritte bringen. Die Anbieter haben sich noch nicht auf einheitliche Dienste und Abrechnungsmuster geeinigt, jeder sucht nach einer eigenständigen Lösung, um sich von den Konkurrenten abzusetzen. Von dem zunehmenden Wettbewerb können Anwender unterm Strich profitieren. Denn eins ist sicher: Die Dienste können nur billiger werden. (jha)