Oracle dominiert

Datenbankeinsatz im SAP-Umfeld

13.04.2011 von RAAD Research
Oracle stellt bei 67 Prozent der SAP-Kunden die Datenbanktechnologie für die SAP-Systeme. Damit scheint Oracle den Datenbankmarkt für SAP-Kunden fest im Griff zu haben. Nur etwa jeder dritte SAP-Kunde hat für sein produktives SAP-System keine Datenbank vom ERP-Konkurrenten Oracle im Einsatz.
Datenbanken von SAP-Plattformen.
Foto: RAAD Research

Dies zeigt die aktuelle Umfrage von RAAD bei 1.388 IT-Leitern. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Oracle bei deutschen SAP-Kunden unangefochten der am meisten verwendete Datenbanklieferant und hat dadurch erheblich mit vom SAP-Erfolg profitiert. Zwar haben alle relevanten Datenbankhersteller in den letzten Jahren weltweit positive Umsatzzuwächse verzeichnet. Zu wesentlichen Verschiebungen in der Marktaufteilung bei SAP-Bestandskunden hat dies aber bisher nicht geführt. Die Umsatzzuwächse sind vor allem dem exponentiell wachsendem Datenaufkommen in den Unternehmen geschuldet. Durch die Akquisition von Sybase hat SAP seine Strategie stark in Richtung mobiler Lösungen vorgegeben und wird in Zukunft auch verstärkt mobile Endgeräte an die SAP-ERP-Systeme anschließen. Das zu bewegende und zu speichernde Datenvolumen wird hierdurch noch einmal um ein vielfaches gesteigert, was ein weiteres Wachstum im Datenbankumfeld befeuern könnte. Sicherlich hat auch SAP in der Vergangenheit von Oracles Datenbankrenommee profitiert, da sich die Systemkombination zweier Weltmarktführer gut verkaufen ließ.

Auf der anderen Seite ist es der SAP natürlich ein Dorn im Auge, wenn der Hauptwettbewerber im ERP-Markt bei zwei von drei deutschen SAP-Kunden mitverdient. Dies kulminiert in den nicht enden wollenden über Presse und Internet ausgetragenen Streitereien zwischen Larry Ellison und Hasso Plattner. SAP hat in der Vergangenheit nichts unversucht gelassen, um die SAP-Systeme von Oracles Datenbanken zu befreien. Weder durch Open-Source-Datenbanken noch durch strategische Partnerschaften mit IBM und Microsoft ist es gelungen, Oracle als führendes Datenbanksystem abzulösen. Dies ist nach dem aktuellen Stand sicherlich auch noch ein langer Weg. Allerdings stellt RAAD seit 2006 einen kontinuierlichen Rückgang von Oracle-Datenbankkunden in der SAP-Bestandskundschaft fest und Ende 2010 wurde mit 67 Prozent der bisherige Tiefststand erreicht. Das erste Mal unterschritt Oracle damit die Marke von 70 Prozent. Gleichzeitig hat SAP mit der MaxDB seit 2006 gute Zuwächse bei der Kundenzahl verzeichnet. Knapp vier Prozentpunkte konnte die MaxDB in dieser Zeit an der SAP-Bestandskundschaft hinzugewinnen, wodurch die MaxDB aktuell auf einen Anteil von elf Prozent kommt. Mittlerweile gehört die Datenbank SAP, aber man kann sie kostenfrei im non-SAP Segment einsetzen. Kontinuierlich nach oben ging es auch für den MSSQLServer von Microsoft, der aktuell auf 13 Prozent der SAP-Bestandskunden kommt. Beide Produkte kommen verstärkt bei mittelständischen Kunden zum Einsatz. Beide Parteien profitieren hier davon, dass SAP in den letzten Jahren kontinuierlich Marktanteile im mittelständischen ERP-Markt gewonnen hat, wie Marktuntersuchungen von RAAD zeigen. Bei Neuimplementierungen von SAP-Systemen im deutschen Mittelstand spielt Oracle kaum eine Rolle.

Zeitlicher Verlauf der Nutzung verschiedener Datenbanken.
Foto: RAAD Research

Im Bestandskundenmarkt sind Migrationen von Oracle-Datenbanken zu anderen Herstellern eher selten. Zum einen ist der Aufwand sehr groß. Meist sind DBMS-Systeme ein Eckpfeiler in der IT, um die herum sich die restliche Landschaft aufbaut. Deshalb wird zum anderen auch das Risiko bei einer Migration als hoch erachtet, da mit SAP häufig geschäftskritische Geschäftsprozesse abgedeckt werden. Eine Migration kommt daher häufig nur im Zuge eines größeren SAP-Releasewechsels in Frage. Will der Wettbewerb Oracle Kunden abtrotzen, muss er den Anwendern die Ablösung von Oracle Datenbanksystemen dramatisch erleichtern und gleichzeitig niedrigere TCOs bieten. IBM schlägt diesen Weg ein und hat mit der Version 9.7 der DB2 Kompatibilität mit Oracle-Datenbanken hergestellt, sodass proprietäre Oracle-DB-Funktionen übernommen werden könnten. Dies erleichtert den Wechsel von Oracle zu DB2 wesentlich. Von Vorteil für IBM ist sicherlich auch, dass die DB2 in der Version 9 über eine Komprimierungsfunktion verfügt, was zu erheblichen Einsparungen an Festplattenkapazitäten führen kann. Hierdurch ist es IBM gelungen, einige große SAP-Kunden zu einer Migration auf DB2 zu bewegen. So gaben in der aktuellen RAAD-Befragung der SAP-Bestandskundschaft ein Prozent der Unternehmen an, das aktuelle Datenbankprodukt gegen Produkte eines Wettbewerbers auszutauschen. Bei der Hälfte der Projekte handelt es sich um Migrationen von Oracle-Datenbanken hin zu DB2 von IBM. Die Quote lag damit zehnmal höher als bei Migrationen von IBM DB2 in Richtung Oracle. Umgerechnet auf die gesamte Bestandskundschaft ist die Quote allerdings zu gering, als dass IBM sich schnell in Richtung des Oracle-Anteils an der Installed Base bewegen könnte. Aktuell setzen 12 Prozent der SAP-Kunden auf die DB2-Technologie.

In-Memory soll zum Game Changer werden

Mit der In-Memory-Datenbank-Technologie hat die SAP im Laufe der letzten zwei Jahre ein Thema in den ERP-Softwaremarkt getrieben, das zwar technologisch nicht neu ist, wofür aber nach Auffassung der SAP jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, dass In-Memory zum sogenannten Game Changer im Markt werden kann. Eine Technologie also, die die bisherige Art und Weise wie ERP-Software betrieben und genutzt wird, dramatisch ändern soll. Hasso Plattner, der Immer-Noch-Vordenker von SAP, hat der Thematik unlängst ein neues Buch gewidmet, das auf der Cebit 2011 vorgestellt wurde: "In-Memory Data Management – An Inflection Point for Enterprise Applications". Sollte diese Entwicklung tatsächlich einen Wendepunkt einleiten, würden sich damit einhergehend die gegebenen Marktverhältnisse für Datenbanken im Umfeld von ERP-Software dramatisch ändern. Die Vorteile von In-Memory-Technologie sollen nicht nur im Hinblick auf Performance und TCO bestehen. Vielmehr verspricht sich SAP durch diese Datenbankarchitektur neuartige, bisher nicht mögliche Business-Applikationen. Bestenfalls würden aus Sicht der SAP traditionelle relationale Datenbanksysteme sowohl für die operativen transaktionalen Systeme als auch für Datawarehouses obsolet werden, weil SAP-Systeme basierend auf In-Memory-Datenbanken beide Welten bedienen könnten.

Beispiele für den Einsatz bestehen schon seit längerem. So setzt SAP die In-Memory-Technik bereits seit Jahren im BI-Umfeld mit dem SAP Business Warehouse Accelerator ein, um Abfragen aus dem BW zu beschleunigen. Im SAP APO wird die Technologie schon seit 2006 zur Lieferkettenoptimierung genutzt. Welche Performance-Vorteile und vor allem welche Möglichkeiten die In-Memory-Technik bietet, wird auch am Mittelstandsprodukt SAP Business ByDesign deutlich. Die viel gescholtenen langsamen Antwortzeiten der Anfangsversionen sind im Business Intelligence-Bereich Dank In-Memory-Datenbank nicht gegeben. Vielmehr zeigt sich hier, welche Geschwindigkeiten und Möglichkeiten sich auch im OnDemand-Bereich durch Hauptspeicher-Datenbanken ergeben könnten.

SAP ist jetzt in der Pflicht, den Worten in Sachen In-Memory auch Taten in Form von Produkten folgen zu lassen. Nachdem SAP, in Person von Hasso Plattner, auf der Sapphire Now 2010 demonstrierte, wie traditionelle relationale Datenbanksysteme für SAP-ERP-Systeme durch spaltenorientierte In-Memory-Datenbanken ersetzt werden können, hat SAP im Dezember 2010 mit Hana und dem Workforce Optimization Planner weitere Tools auf den Markt gebracht. Erste Umfragen von RAAD zeigen, dass zumindest der Bedarf an Realtime-Informationen deutlich gewachsen ist. Auch das Zutrauen, dass In-Memory-Technik hierfür Potenzial bietet, hat in den letzten Monaten zugenommen, wie eine Untersuchung von RAAD in der Schweiz ergeben hat. Naturgemäß hat sich Oracle in Person von Larry Ellison öffentlich vor allem abwertend gegenüber der In-Memory-Technologie geäußert. Aber auch Oracle hat sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausgeruht und in der neuen Version 11 g eine In-Memory Database Cache-Lösung hinzugefügt, um Business Usern eine deutlich höhere Performance bei Analysen zur Verfügung stellen zu können. (ph)

Über RAAD Research

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