Rakete statt China-Böller?

Das Huawei Mediapad im Test

10.11.2011 von Manfred Bremmer
Der chinesische Hersteller Huawei bringt mit dem "Mediapad" ein preisgünstiges Tablet mit anspruchsvoller Hardware auf den Markt. Die COMPUTERWOCHE hat dem Gerät auf den Zahn gefühlt.
Auch Huawei hat erkannt, dass billig allein nicht mehr genügt.
Foto: Huawei

Als der vom Apple iPad initierte Tablet-Boom zum Jahreswechsel 2010/2011 so richtig in Fahrt kam, waren es vor allem chinesische Hersteller, die schnell reagierten und sehr günstige Geräte mit so skurrilen Bezeichnungen wie APAD, epad oder hipad auf den Markt brachten. Charakteristisch für die Devices war eine veraltete Android-Version (für Smartphones), ein schwacher Prozessor, ein resistiver Touchscreen und andere billige Hardwareelemente, die besser zu einem digitalen Bilderrahmen als einem Tablet-PC gepasst hätten.

Dass es auch anders gehen könnte, zeigt nun Huawei Technologies. Lange Zeit eher als Lieferant von No-Name-Produkten für Carrier bekannt (beziehungsweise unbekannt), versucht sich der chinesische Großkonzern allmählich auch als Hersteller von eigenen Smartphones und Tablets zu positionieren. Zu den ersten Vorstöße zählt neben dem günstigen Einsteiger-Handy "Ideos X3" und dem Mittelklasse-Smartphone "Vision" auch das preiswerte Mediapad. Die COMPUTERWOCHE hat sich das 7-Zoll-Tablet, das Ende November für knapp 400 Euro auf den Markt kommen soll, genauer angeschaut:

Der erste Eindruck

Skeptiker müssen sich allmählich von der pauschalen Vorstellung verabschieden, dass bei chinesischen Hightech-Geräten billiges Plastik vorherrscht. Dem Mediapad zumindest sieht man weder Preis noch Herkunft an, wenngleich das Tablet entfernt an das aus dem Nachbarland Taiwan stammende HTC Flyer erinnert.

Huawei Mediapad
Huawei Mediapad
Mit Abmessungen von 19 x 12 x 0,8 Zentimeter passt das Mediapad noch gut in die Jackentasche.
Huawei Mediapad
Der kleine Unterschied: Das Mediapad mit 1200x800 Pixeln...
Huawei Mediapad
...und 1080x600 Pixeln Auflösung.
Huawei Mediapad
Hier zum Vergleich auf dem Apps-Screen: hoch-
Huawei Mediapad
und weniger hoch auflösend.
Huawei Mediapad
Die Rückseite besteht aus lackiertem Aluminium..
Huawei Mediapad
Lediglich an den beiden Enden sind griffige Kunststoffflächen angebracht. Hier sitzen die 5-MP-Kamera...
Huawei Mediapad
...sowie auf der anderen Seite unter dem Deckel die Einschübe für SD- und SIM-Karte.

Das Gerät macht einen hochwertigen Eindruck, nichts knarrt oder ächzt, die Spaltmaße sind kaum zu erkennen und auch die Materialen wirken edel: So ist die Vorderseite fast vollständig mit Glas bedeckt, der Touchscreen selbst ist 14,2 mal 9,5 Zentimeter groß. Auf der Rückseite hat Huawei die Technik in ein Aluminiumvollgehäuse gepackt, Kunststoffflächen zum Greifen und für einen besseren Empfang gibt es lediglich an den beiden Enden - rund um die Rückkamera und als Abdeckung für SIM- und microSD-Karten-Slot.

Um den eckigen Rand - die Ähnlichkeit mit dem iPhone 4 (S) ist sicher nur zufällig, sitzen die ebenfalls in Metall gehaltenen Bedienelemente: der Ein/Ausschaltknopf und eine Wippe zur Lautstärkeregelung -, zwei Lautsprecher, Anschlüsse für Kopfhörer sowie Slots für einen proprietären Ladestecker, Micro-USB (2.0) und - als erstes Extra - microHDMI.

Anspruchsvolle Hardware

Die superscharfe Auflösung ist eine der Besonderheiten des Mediapads.

Doch auch auf den zweiten Blick weiß das Mediapad zu überraschen: So unterstützt das - natürlich kapazitive und nicht resistive - Display eine superscharfe Auflösung von 1280 mal 800 Pixel, optional kann der 7-Zoll-Bildschirm aber auch mit 1076 mal 600 Pixel Auflösung betrieben werden, der Wechsel ist jedes Mal mit einem Neustart des Geräts verbunden. Anstelle eines AMOLED- oder gar SuperAMOLED-Display setzt Huawei beim Mediapad auf die IPS-Technik, die eine gute Farbdarstellung bietet.

Auch die restliche Hardware befindet sich auf gehobenen Niveau: Im Inneren des knapp 400 Gramm schweren Geräts werkelt ein mit 1,2 Gigahertz getakteter Dual-Core-Prozessor von Qualcomm, dem 1 Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite gestellt sind. Weitere Features sind zwei Kameras (5 Megapixel/1,3 Megapixel), 8GB interner Speicher (erweiterbar um microSD-Card), GPS, WLAN (802.11 n) und eine UMTS-Schnittstelle, welche HPDPA+ mit bis zu 14,4 Mbit/s Bandbreite ermöglichen soll.

Der Mobilfunkempfang konnte leider nicht überprüft werden, da es sich beim Testgerät der COMPUTERWOCHE um ein Vorserienmodell ohne Mobilfunkmodul handelte. Damit verbunden waren möglicherweise auch die Schwierigkeiten, sich mit dem Tablet bei Google zu registrieren, um Apps aus dem Android Market zu laden. Obwohl in verschiedenen Netzen getestet, erschien immer die Fehlermeldung, dass das Gerät keine stabile WLAN-Verbindung aufbauen konnte.

Huawei Mediapad Praxis
Huawei Mediapad
Eine Besonderheit des Medipads ist die Möglichkeit, Inhalte per HDMI auf einem HD-Fernseher wiederzugeben.
Huawei Mediapad
Die Funktion lässt sich auch für Präsentationen oder die Arbeit an einem großen Bildschirm nutzen.
Huawei Mediapad
Leider verdeckt die virtuelle Tastatur einen Teil des Screens.
Huawei Mediapad
Beim Versuch mit einer Bluetooth-Keyboard wurde leider nicht das deutsche Tastatur-Layout unterstützt - eine typische Android-Schwäche.
Huawei Mediapad
Umsonst: Das vorinstallierte Huawei Office ist leider keine große Hilfe.
Huawei Mediapad
Die Vorlagen für Geschäftsbriefe und Rechnungen sind bislang nur in Englisch...
Huawei Mediapad
... und auch sonst wenig brauchbar.

Medienwiedergabe per HDMI

Erfolgreicher war der Test der HDMI-Schnittstelle: Problemlos ließen sich über die Verbindung hochauflösende Videos praktisch ruckelfrei in Full-HD-Qualität auf einen großen TV-Bildschirm übertragen. Doch nicht nur die Nutzung des Huawei als Mediencenter - etwa auf Reisen - ist möglich. Da über das HDMI-Kabel der komplette Bildschirminhalt übertragen wird, kann man auch wunderbar Präsentationen abhalten, Videospiele auf einem großen Screen spielen, oder - in Verbindung mit einer Bluetooth-Tastatur - Texte bearbeiten.

Soweit zumindest in der Theorie - in der Praxis ließ sich ein Wireless-Keyboard zwar problemlos anbinden, unterstützte danach allerdings nur ein englisches Tastatur-Layout. Wie man in zahlreichen Internet-Foren nachlesen kann, handelt es sich dabei allerdings um ein klassisches Android-Problem. Spezielle Bluetooth-Apps, die Abhilfe schaffen sollten, ließen sich mangels Google-Anmeldung nicht installieren.

Ansonsten gibt es über das Mediapad nur Positives zu berichten. Der Bildschirminhalt dreht relativ flink von der Horizontalen in die Vertikale und umgekehrt, Anwendungen lassen sich schnell schließen und wieder öffnen. Dank der hohen Auflösung ist das Surfen auf nicht mobile-optimierten Websites kein Problem, im Gegenteil wirkt es fast schon störend, wenn nicht die Desktop-Version einer Seite geladen wird.

Auch die teilweise zu Recht kritisierte Menüführung von Android Honeycomb, insbesondere die Anordnung wichtiger Steuerelemente an den vier Ecken des Geräts, macht mit dem handlichen 7-Zoll-Format Sinn. Anders als bei Zehn-Zöllern reichen die Daumen gut aus, um bequem überall hinzuklicken. Auch auf der virtuellen Tastatur sind alle Felder einfach erreichbar. Für Benutzer mit dickeren Fingern stellt Huawei dabei zusätzlich zur Standardausstattung sogar eine weitere Tastatur mit größeren Tasten zur Verfügung.

Mittelmäßige Software

Wie bereits angedeutet, ist auf dem Mediapad das noch aktuelle Android 3.2 (Honeycomb) installiert - ob und wann das neue Android 4.0 bereitgestellt wird, ist nicht bekannt. Offiziell wurden dazu noch keine Aussagen gemacht. Für eine schnelle Lieferung dürfte allerdings der Umstand sprechen, dass dem Mediapad keine Benutzeroberfläche aufgestülpt wurde.

Die restliche Software ist schnell abgehakt: Zusätzlich zur Standardausstattung sind Apps für Facebook und Twitter, der E-Book-Reader Aldiko sowie einige Spiele (Lets Golf 2, Asphalt 6 und Angry Birds) vorinstalliert. Das kostenlos mitgelieferte "Huawei Office" soll etwas Business-Flair schaffen, kann aber den klassischen Textverarbeitungs-Suiten keinesfalls das Wasser reichen. Angesichts des günstigen Hardware-Preises dürfte der Käufer aber die knapp 14 Euro für das Tablet-taugliche "Quickoffice Pro HD" oder eine andere Office-Software verschmerzen können.

Honeycomb-Apps
Touchdown for Tablets
Die App (kostenlose Testversion) von Nitrodesk synchronisiert E-Mails, Kontakte, Kalendereinträge und Aufgaben mit Ihrem Exchange-Server und stellt sie in einer übersichtlichen Form dar. Dank Anhangs-Verschlüsselung, Diebstahlschutz und SSH wird ein größtmöglicher Schutz geboten.
Touchdown for Tablets
Die moderne Benutzeroberfläche erlaubt ein schnelles und effektives Arbeiten mit der Anwendung und ist für Tablets optimiert. Filter, Kategorien und verschiedene visuelle Darstellungen vereinfachen den Umgang mit wichtigen Informationen.
Fuze Meeting
Die kostenlose Anwendung von FuzeBox erlaubt hochauflösende Videokonferenzen und Collaboration-Szenarien aus der Cloud.
Fuze Meeting
In der Tablet-optimierten Version wurde die Bildschirmansicht in mehrere Fenster unterteilt und erlaubt so, Gesprächspartner und gemeinsam bearbeitete Dokumente im Auge zu behalten.
Due Today
Die 2,13 Euro teure App von Lakeridge Software unterstützt den Tablet-Besitzer dabei, sein Leben besser zu organisieren – streng nach der Methode Getting Things Done (GTD). Zu diesem Zweck kann man Erinnerungen einstellen und Aufgaben filtern. Außerdem synchronisiert die App mit dem Dienst ToodleDo.
Teamviewer
Mit der kostenlosen App TeamViewer kann man vom Tablet aus Freunden oder Familienmitgliedern bei PC-Problemen helfen. Daneben ist das Programm aber auch dafür geeignet, wenn Sie von unterwegs aus auf Ihren eigenen Computer oder Mac zugreifen möchten, etwa um Dokumente zu bearbeiten oder Programme zu nutzen.
Flighttrack
Die 3,55 Euro teure App von Mobilata gibt Auskunft über die aktuellen Flüge von über 14.000 Fluglinien. Zu den über 4000 Flughäfen stehen außerdem noch wichtige Informationen zur Verfügung. Auf einer Karte wird neben der Flugroute auch noch die Wettervorhersage dargestellt.
Flighttrack Widget
Ein dazugehöriges Widget hält Nutzer auf dem Homescreen auf dem Laufenden und informiert etwa über Verspätungen.
Datei Manager HD
Im Gegensatz zum iPad (und iOS generell) kann der Nutzer eines Android-Tablets wie auf einem PC auf sein Dateisystem zugreifen. Dies ermöglicht es ihm, die Daten an speziellen Orten abzulegen, zu sortieren oder gezielt zu löschen. Mit dem kostenlosen Datei Manager HD kann man dabei nicht nur den kompletten Bildschirm ausnutzen, die App greift sogar auf angeschlossene externe Speicher zu.
Citrix Receiver
Citrix Receiver ermöglicht den mobilen Zugriff auf Citrix-basierende Anwendungen - was angesichts der relativ großen Tablet-Bildschirme durchaus praktikabel ist.
Accuweather
Die kostenlose App präsentiert auf Basis der GPS-Position des Tablets oder einen eingetragenen Ort die aktuelle Wetterlage mit zahlreichen Details (UV-Werte, Windstärke, Niederschlag etc.) sowie eine Vorhersage für die nächsten Tage - auf Wunsch mit originellen Animationen.
Accuweather Widget
Passend zur App gibt es noch das dazugehörige Widget mit komprimierten Informationen für den Homescreen.
Tasks To Do
Die 1,89 Euro teure App von Dr. Achim Leubner hilft Tablet-Nutzern bei der Verwaltung ihrer Aufgaben, etwa durch Erinnerungen, die Möglichkeit der Kategorisierung, wiederholende Aufgaben, Spracherkennung, Widgets für den Homescreen und vieles mehr.
Evernote
Die kostenlose Anwendung erlaubt es dem Nutzer, seine Einfälle in Form von kurzen Texten, Sprachmemos oder Bildern auf dem Tablet festzuhalten...
Evernote
Die Daten werden nicht nur in der Cloud gespeichert und stehen anschließend auch auf dem Smartphone, Desktop-PC oder Mac zur Verfügung - unter anderem in einer kalendarischen Übersicht.
Catch Notes
Mit Catch Notes kann man nicht nur einfach Notizen auf dem Android-Tablet festhalten, die kostenlose Anwendung hält auch geschossene Fotos (mit Ortsdaten), Bilder etc. fest und synchronisiert sie kostenlos zu Catch.com (Anmeldung erforderlich).
Quickoffice Pro HD
Die 14,14 Euro teuere Büro-Suite ermöglicht die Nutzung Microsoft-Office-kompatibler Anwendungen auf dem Android-Tablet. Man kann mit Quickoffice HD etwa Word-Dokumente ansehen, bearbeiten und erstellen...
Quickoffice Pro HD
Ähnliches gilt für Excel-Tabellen...
Quickoffice Pro HD
und Powerpoint-Folien.
Wyse PocketCloud
Die kostenlose Anwendung von Wyse Technology erlaubt es Nutzern, über ein Android-Tablet ihren Desktop-PC zu steuern...
Wyse PocketCloud
Wie es sich für eine Business-taugliche Lösung gehört, ist die Verbindung natürlich verschlüsselt. Die Identifikation erfolgt bequem über Google-Mail-Adresse und -Passwort.
Thumb Keyboard
Die 1,75 Euro teure App bietet mehrere alternative Tastatur-Layouts für Android-Tablets. Auf diese Weise kann man etwa direkt auf Zahlen oder häufig genutzte Sonderzeichen zugreifen. Die zweigeteilte Tastatur ist besonders Daumenschreibern wärmstens zu empfehlen!

Fazit: Der Preis ist heiß

Wie das Huawei Mediapad demonstriert, sind die Zeiten allmählich vorbei, in denen aus China nur billige Plastikgeräte mit zweifelhaftem Innenleben und veralteter Software kamen. Sind Unklarheiten wie die Update-Möglichkeit auf Android 4.0 beseitigt und verschwinden die im Test beobachteten ominösen Kinderkrankheiten, bietet das Mediapad ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Konkurrenten wie Acer, Dell, Samsung oder auch RIM mit seinem Playbook müssen sich warm anziehen.

Android 4.0 - ICS
Android 4.0 - Ice Cream Sandwich
Android 4.0 aka Ice Cream Sandwich führt die OS-Versionen für Smartphones und Tablets wieder zusammen.
Lockscreen
Der neue Lockscreen..
Lockscreen mit Kamera und Notifications
iOS lässt grüßen: Über den Lockscreen können Nutzer nun direkt auf die Kamera springen oder die Benachrichtungsleiste herunterziehen.
Face Unlock
Alternativ zur PIN-Abfrage kann die Entsprerrung auch über eine Gesichtserkennung erfolgen.
Homescreen
Neue Homescreen-Ordner erlauben es dem Nutzer, Apps und Verknüpfungen logisch zu sortieren.
Zuletzt benutzt
Die Liste der zuletzt benutzten Anwendungen macht Multitasking einfacher
All Apps
Ebenfalls neu: Der All Apps Launcher...
Kalender-Widget
und in der Größe veränderbare Widgets (hier die Terminansicht).
Eingehenes Telefonat
Auf eingehende Telefonate kann man nun auch via Text (SMS) antworten.
Verbrauchsanzeige
Neue Tools erlauben eine bessere Kontrolle der Datennutzung.
Kontakte
Kontakte und Profile sind in Apps...
Google Mail
.. E-Mail und sozialen Netzen integriert.
Browser
Der überarbeitete WebKit-Browser speichert Seiten offline und zeigt optional die Desktop-Version von Webseiten an.
Tabbed Browsing
Außerdem wird das Surfen mit bis zu 16 offenen Tabs unterstützt.
Rechtschreibprüfung
Die neue Texteingabefunktion beinhaltet nun eine Rechtschreibprüfung.
Text to Speech
Android 4.0 bringt auch eine verbesserte Spracheingabe für Diktate etc..
Screenshots
Mit Android 4.0 kommen On-Device-Screenshots nun endlich auch auf Smartphones.
Kamera
Die Kamera-App wurde um eine Reihe neuer Features erweitert, darunter schnelle Auslösung, Panorama-Aufnahmen, Bildstabilisator und Gesichtserkennung.
Bilder bearbeiten
Bilder können in der App bearbeitetet ...
Bilder teilen
...und mit anderen geteilt oder in sozialen Netzen veröffentlicht werden.
Android Beam
Nutzer entsprechender Android-Geräte mit NFC können Inhalte durch Berühren austauschen.