Portal-Software

Das Beste von SAP und Microsoft

30.07.2012 von Oliver Wucher
Microsoft und SAP bieten Kunden die Portale SharePoint und Netweaver. Anwender beider Produkte fragen sich oft, ob die aktuellen Versionen leichter als die Vorgänger zu integrieren sind.
Wie gut klappt es mit SharePoint und Netweaver im Verbund?
Foto: fotolia.com/Cengiz Oers

Wie gut eine Software ist, kommt auf das Umfeld an, in dem sie bestehen muss - das gilt auch für Portale. Da sich SAP in erster Linie auf die Verwaltung strukturierter Daten versteht und der Fokus auf Business-Anwendungen wie ERP oder CRM liegt, wurde bei Netweaver in früheren Versionen nicht so viel Wert auf die Collaboration-Fähigkeiten der Software gelegt. Man setzte vor allem auf die Integration von Business-Applikationen und auf eine Prozessunterstützung. Ganz anders bei SharePoint: Da Microsoft-Produkte eher unstrukturierte Daten erzeugen und ihr Spezialgebiet im Office-Bereich liegt, zeichnete sich SharePoint durch gute Collaboration-Ansätze und Dokumenten-Management-Fähigkeiten aus.

Bislang keine leichte Integration

Doch im Bereich Prozess- und Anwendungsintegration, besonders im Umfeld von SAP-Backend-Systemen, tat sich die Microsoft-Plattform schwer. Als Folge brauchten Anwenderunternehmen nicht selten beide Lösungen - die eine als zentralen Einstiegspunkt in die SAP-Welt, die andere als Drehscheibe für unstrukturierte Office-Dokumente. Unternehmen, die beide Produkte miteinander integrieren wollten, machten es die Hersteller mit den früheren Versionen nicht leicht.

Jeweiliger Fokus bleibt erhalten

Das Microsoft-Eingangstor liegt inzwischen als SharePoint Server 2010 vor, das SAP-Portal Netweaver Portal in Version 7.3. Es stellt sich die Frage, ob die Hersteller die jeweiligen Schwächen ihrer Produkte abgestellt und die Integrationshürden abgebaut haben. Um es kurz vorwegzunehmen: Beide Portale bleiben ihren jeweiligen Umfeldern verpflichtet. Zwar hat SAP sein Portal in Sachen Collaboration und Web 2.0 mit Basisfunktionen ausgestattet, während Microsoft kleinere Schritte in Richtung Prozessintegration unternommen hat, aber im Prinzip haben beide Unternehmen die Stärken ihrer Produkte weiter ausgebaut und die Schwächen eher überdeckt als beseitigt.

Da Microsoft und SAP trotz Produkten wie Duet Enterprise nach wie vor keine wirklich zufriedenstellenden Ansätze liefern, wie sich die beiden Portale verbinden lassen, zeigen wir im Folgenden einige Möglichkeiten auf, wo die Portale zusammenarbeiten können.

Durchgängige Prozesse

Durch die Vernetzung im Unternehmen und über Unternehmensgrenzen hinaus müssen Nutzer immer häufiger gleichzeitig mit strukturierten und unstrukturierten Daten arbeiten. Ein typisches Beispiel für eine solche Tätigkeit ist die Aufbereitung von Kundensegmentierungen. Hierfür kommen die Quelldaten über Kunden und Umsätze zunächst aus dem SAP-System. Im zweiten Schritt werden die Informationen aufbereitet und von Fachleuten diskutiert beziehungsweise analysiert. Dies geschieht in der Regel in Form von Office-Dokumenten. Gerade der zweite Schritt beinhaltet im Wesentlichen die Zusammenarbeit mit anderen Personen, wobei das Thema Collaboration noch weiter greift: Immer öfter sind Unternehmen gezwungen, mehrere Nutzergruppen im Zuge einer durchgängigen Prozessunterstützung zu integrieren. Sowohl aus den eigenen Reihen als auch aus denen der Partner, Lieferanten oder Kunden verlangen Anwender verstärkt nach einer von virtuellen Projekträumen, Foren, Wikis oder Portalen unterstützten Zusammenarbeit.

Deshalb versuchen Unternehmen, gut integrierte, fachlich handhabbare und technisch zusammenwirkende Systeme bereitzustellen. Da es sich sowohl bei SAP als auch bei Microsoft um Standardprodukte mit regelmäßigen Updates handelt, ist es wichtig, die Integration der Systeme mit möglichst wenig Eigenentwicklungen zu realisieren.

Lose Kopplung überwiegt

Derzeit sind in vielen Unternehmen das SAP-Portal und SharePoint parallel im Einsatz, wobei die Systeme nur relativ lose gekoppelt sind und zum Teil überdeckende Funktionen bieten, was aus Anwendersicht noch schlimmer ist. Damit kommt es zwangsläufig zu Unsicherheiten bezüglich der Frage, welche Informationen und Anwendungen im SAP-Portal und welche in SharePoint zu finden sind.

Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte von SharePoint und Netweaver Portal ergänzen sich die beiden Produkte gegenseitig sehr gut. Die entscheidende Frage lautet also, wie sie am besten zusammenspielen. Bevor man sich jedoch für eines der vier dafür möglichen Szenarien entscheidet, gilt es, einige wesentliche Aspekte der Portalintegration zu beachten.

Was SharePoint 2010 auszeichnet

  • Verteiltes Arbeiten mit unstrukturierten Inhalten;

  • Collaboration und Communities;

  • mySite, Tagging und weitere Web-2.0-Features;

  • Teamsite (Kalender, Aufgaben, News, FAQ, Links);

  • enge Office- und Outlook-Integration;

  • verteilter (dezentraler) Ansatz für Teams oder Abteilungen;

  • Integration von .NET-Applikationen;

  • Integration von Fremdanwendungen über Business Connectivity Service;

  • umfangreiches Content-ManagementSystem;

  • Offline-Fähigkeit.

Übergreifende Rechteprüfung

Die Herausforderungen bei allen Optionen sind die integrierte Rechteprüfung und ein übergreifendes Ranking der Suchergebnisse. Das Ziel sollte sein, nur die Dokumente anzuzeigen, die der jeweilige Nutzer im Zugriff hat, und die Suchergebnisse einheitlich darzustellen. Bei der Verwendung der WebDAV-Integration ist zum Beispiel keine Rechteprüfung möglich. Bei allen anderen Verfahren muss sichergestellt werden, dass der Nutzerkontext in der Suchanfrage übergeben und ausgewertet wird.

Das übergreifende Ranking der Suchergebnisse erfordert entweder die Verwendung eines übergreifenden Index oder die Synchronisation der unterschiedlichen Suchindizes bezüglich Trefferrelevanz.

Für den Aufbau einer Plattform für Social Business Collaboration bietet SAP keine eigene Funktion an. SharePoint 2010 lässt sich dagegen für diese Zwecke verwenden. Hier stehen allerdings auch noch andere ernst zu nehmende Produkte zur Wahl.

Wenn zwei Portale parallel verwendet werden, ist außerdem auf die zentrale Verwaltung und Übergabe von Personalisierungsinformationen wie die eingestellte Sprachauswahl zu achten. Das lässt sich über die Freischaltung der Personalisierungsfunktion in nur einem Portal realisieren. Das jeweils andere Portal wird dann mit den entsprechenden Informationen versorgt.

Was Netweaver Portal 7.3 auszeichnet

  • Arbeiten mit strukturierten Daten im Rahmen von Business-Anwendungen;

  • transaktionsorientierte Integration von Business-Anwendungen vor allem mittels SAP Business Packages wie den Employee Self Services;

  • Verwendung von SAP-Frontend-Techniken wie WebDynpro;

  • Interaktion zwischen den verschiedenen SAP-Backend-Systemen;

  • Prozessunterstützung zum Beispiel durch die Universal Work List (UWL);

  • zentraler Ansatz für den Gesamtkonzern;

  • Integration von J2EE-Applikationen;

  • einfache Website-Pflege mit dem Web Page Composer.

Integrationsszenarien

Auf Basis der genannten Integrationsaspekte lassen sich nun verschiedene Szenarien der Portalkopplung betrachten.

  1. Keine Integration: Wenn SharePoint und das Netweaver Portal völlig unabhängig voneinander betrieben werden, schafft man es nicht, einen übergreifenden Informationskontext herzustellen. Die oben beschriebenen Integrationsaspekte werden dabei nicht erfüllt.

  2. Single-Master-SAP: Hier wird SharePoint wie eine zu integrierende Applikation behandelt und in das Netweaver Portal eingebunden. Das hat den Vorteil, dass alle Funktionen durch das SAP-Portal kontrolliert werden. Der Nachteil dieser Variante ist die erheblich eingeschränkte SharePoint-Funktionalität. Darüber hinaus können Navigationsprobleme auftreten, zum Beispiel eine zusätzlich zur SAP-Navigation im Content-Bereich auftauchende SharePoint-Navigation. Produkte von Drittanbietern wie der "Netweaver Portal Business Packages SharePoint Integrator" der Firma btexx unterstützen die SAP-Master-Variante. Darüber hinaus lassen sich natürlich Teamsites, Dokumente, Navigationsstrukturen etc. von SharePoint in das Netweaver-Portal integrieren.

  3. Single-Master SharePoint: In dieser Alternative fungiert SharePoint als das zentrale Portal und integriert die benötigten Netweaver-Portal-Funktionen in seine Oberfläche. Dazu stehen in SharePoint zum Beispiel die SAP Webparts oder der Business Connectivity Service zur Verfügung, mit dem auf externe Datenquellen zugegriffen werden kann. In dieser Variante kann das Netweaver-Portal leider seine Stärken bezüglich Applikationsintegration nicht im vollen Maß ausspielen. Dies bedeutet entweder einen erhöhten Integrationsaufwand für SAP-Applikationen oder eine eingeschränkte Funktionalität.

  4. Die integrierte Lösung (Multi Master): Mit einer integrierten Lösung können Unternehmen sowohl Anwendungen wie auch zentrale Services nutzen, und beide Portale erhalten ein ähnliches Look and Feel. Im Idealfall merken die Nutzer nicht einmal, in welchem Portal sie sich gerade befinden. Dies steigert die Nutzerfreundlichkeit erheblich. Über diesen Ansatz lassen sich alle Funktionen beider Portallösungen nutzen: Collaboration, Integration von Business-Anwendungen und Prozessunterstützung. Die verschiedenen Produkte können ihre jeweiligen Stärken voll ausspielen.

  5. Weitere Ansätze: Neben der Portalkopplung gibt es in Gestalt von Duet seit Jahren eine Integrationsinitiative von Microsoft und SAP, die bei Anwendern bislang aber kaum zum Tragen kam. Das grundsätzlich neue Konzept des kürzlich vorgestellten Duet Enterprise könnte das ändern. SAP-Anwendungen lassen sich damit schnell und einfach aus der gewohnten Office- und Outlook-Umgebung heraus bedienen. Im Gegensatz zur Portalintegration bilden hier die Office-Desktop-Anwendungen die Integrationsbasis.

Aspekte der Integration

  • Einheitliches User Interface und Layout;

  • Navigation;

  • Single-Sign-on und Identity-Management;

  • Suche;

  • Personalisierung und Mehrsprachigkeit;

  • Release-Fähigkeit.

Fazit

Betreibt ein Unternehmen Netweaver Portal 7.3 und SharePoint Server 2010, ist es aus Sicht der Endanwender wichtig, die jeweiligen Einsatzgebiete klar abzugrenzen. Ein anderer wesentlicher Punkt ist die Bereitstellung einer übergreifenden Suche für die verschiedenen Systeme. Mittels einer Enterprise-Search-Lösung lässt sich hier mit relativ wenig Aufwand sehr viel Nutzen erzeugen. (ph)

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