Digitale Infrastruktur

Das Always-on-Prinzip und seine Grundlagen

07.02.2011 von Peter Knapp
Digitale Inhalte zu jeder Zeit und an jedem Ort abrufen zu können, ist ein Gesellschaftstrend der heutigen Zeit. Hinter dieser Entwicklung steht eine leistungsfähige digitale Infrastruktur als Grundvoraussetzung.
Mehr oder weniger ununterbrochen werden Daten aus dem Netz auf Smartphones und Tablets geladen, beziehungsweise ausgetauscht.
Foto: Interxion

Die Fußball Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika war so etwas wie ein Initial: Millionen von Fußballfans verfolgten Spiele ihrer Lieblingsmannschaft aufgrund der Anstoßzeiten an ihrem Arbeitsplatz. Genauer gesagt: Vor ihrem Computer. Innovationen in der Übertragungs- und Streaming-Technologie haben aus den Fanmeilen des Jahres 2006 und den Zusammenkünften vor den heimischen Fernsehgeräten der vergangenen Jahrzehnte neue Konsumformen für digitale Inhalte generiert. Gleichzeitig wird das Kneipengespräch zu strittigen Spielsituationen durch die Nutzung von Kommunikationsplattformen im Social Web wie Twitter und Facebook auf eine globale Ebene gehoben. So verwundert es nicht, dass beispielsweise beim Spiel Japan gegen Dänemark auf Twitter mit 3.283 Tweets pro Sekunde (TPS) ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Der Durchschnitt weltweit liegt bei 750 TPS.

Sowohl dem Dialog als auch der eigentlichen Rezeption von Video-Inhalten im Netz liegt eine leistungsfähige Infrastruktur bestehend aus Rechenzentrumskapazitäten und Breitbandverbindungen zugrunde. Deren Aus- und Aufbau sowie Instandhaltung werden große Aufgaben der Zukunft darstellen.

Führend bei der Forderung zur Rezeption von digitalen Inhalten - also Videos, Musik, Bilder, Kommunikation und Ähnliches - zu jeder Zeit, an jedem Ort von jedermann ist das Unternehmen Apple. Mit der Etablierung von iPhone und iPad wird dem Anwender das Always-on-Prinzip als neue Lebens-Maxime nahe gebracht. Immer verbunden und immer dabei zu sein bedeutet, den Kontakt zur Außenwelt durch die Nutzung moderner ITK niemals abreißen zu lassen. Auf Endgeräten wie dem iPad sorgen dafür installierte Applikationen (Apps), die unter anderem ständig aktualisierte Nachrichten vorhalten; mehr oder weniger ununterbrochen werden Daten aus dem Netz auf das Gerät geladen, beziehungsweise ausgetauscht.

In dem Maße, wie künftig digitale Inhalte mobil, beispielsweise auf Smartphones, oder auf anderen Geräten als dem klassischen Radio und TV verfügbar gemacht werden sollen, steigt auch die Notwendigkeit, die zugrunde liegende Infrastruktur so leistungsfähig wie möglich zu gestalten.

Videos im Internet lösen das Fernsehen ab

Ein großer Teil der Bewegtbildnutzung verlagert sich vom Fernsehen in die Online-Welt.
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Die aktuelle Auflage der Onlinestudie von ARD und ZDF zeigt einen klaren Trend: Dadurch dass 76 Prozent der deutschen Onliner täglich im Netz sind, ist die Reichweite des Internets mittlerweile vergleichbar mit der des Fernsehens. Dabei verlagert sich ein großer Teil der Bewegtbildnutzung vom Fernsehen in die Online-Welt, ohne dass jedoch insgesamt weniger TV geschaut wird. 65 Prozent der Onliner schauen Videos im Netz und 40 Prozent wiederum nutzen Communities. Die Bewegtbildnutzung erfolgt in diesem Zusammenhang unter anderem über die Mediatheken der Fernsehanstalten, die 24 Prozent der Onliner - zwölf Millionen Menschen in Deutschland - mehr oder weniger regelmäßig aufrufen. Damit einher geht ein starker Anstieg des weltweiten IP-Traffic - also des Volumens der übertragenen Datenmengen im Internet.

72 Millionen Jahre: Die Spielzeit aller 2014 übertragenen Videos

Laut der Prognose des aktuellen Visual Networking Index von Cisco wird sich der weltweite IP-Traffic bis 2014 um den Faktor vier auf 64 Exabytes pro Monat erhöhen. Der Traffic pro Jahr wird sich auf etwa 750 Exabytes belaufen. Somit werden im Jahr 2014 die verschiedenen Formen von Video über IP (TV, VoD, Internet Video, P2P) über 91 Prozent des Gesamt-Traffics ausmachen. Darüber hinaus werden 57 Prozent des gesamten Internet Traffic im Consumer-Bereich auf Videoanwendungen zurückzuführen sein. Die Gesamtspielzeit aller 2014 übertragenen Videos beträgt dann etwa 72 Millionen Jahre. In diesem Kontext wird deutlich, dass Videoproduktion und -konsum die Haupttreiber für die stärkere Belastung des Internets und der dahinterstehenden Infrastruktur darstellen. Besonders die starke Nachfrage nach On-Demand-Inhalten sowie Live- und Echtzeit-Content stellt die Produzenten, Publisher und Distributoren wie Internet Service Provider (ISPs), Content Distribution Networks (CDN) und Broadcaster vor Herausforderungen.

Digital Content - ein Markt mit Zukunft

Eine kurze Latenzzeit stellt sicher, dass Bewegtinhalte ohne Ruckeln bereitgestellt werden.
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Wie lukrativ es jedoch ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen, zeigt die Studie der Analysten-Firma GigaOM Pro unter dem Titel "Monetizing Digital Content" . Demnach soll sich das weltweite Marktvolumen für digitale Inhalte von 16,7 Milliarden Dollar im Jahr 2009 auf 36 Milliarden Dollar im Jahr 2014 steigern. Voraussetzung dafür ist die Investition in eine Rechenzentrumsinfrastruktur, die sowohl leistungsfähig als auch skalierbar und hochverfügbar ist, bildet sie doch die Basis für die dauerhafte Verfügbarkeit der Inhalte im Netz. Vor allem die CDNs sind darauf angewiesen, den von den Ownern und Publishern zur Verteilung zugewiesenen Content effektiv, das heißt, schnell, sicher und mit einem Maximum an Verfügbarkeit bereitzustellen. Unternehmen wie Limelight und Akamai unterhalten zahlreiche weltweit verteilte CDN-Knoten, die zusammenarbeiten, um Anfragen von Endnutzern nach Inhalten schnell und ökonomisch zu befriedigen.

Das bedeutet, dass der Content in der Nähe des abrufenden Nutzers bereitgestellt wird. Dabei werden die Daten im Netz so vorgehalten und gecached, dass die jeweilige Auslieferung entweder möglichst schnell geht, um die Performance zu optimieren, oder um möglichst wenig Bandbreite zu verbrauchen. Im Bezug auf Bewegtbildinhalte ist vor allem die Latenz ein kritischer Aspekt, damit die Inhalte ohne zu ruckeln bereitgestellt werden können. Dies ist vor allem bei Paid Content relevant, um Kunden nicht durch schlechte Übertragungsqualität zu verprellen.

Gleichzeitig sind die Unternehmen jedoch von der Prämisse angetrieben, den eigenen Kapitaleinsatz im IT-Bereich möglichst gering zu halten, jedoch die Effizienz des eigenen Geschäfts mit Hilfe von innovativen IT-Lösungen zu stärken. Dabei läuft alles darauf hinaus, sich mit starken Outsourcing-Partnern wie den Betreibern Carrier-neutraler Rechenzentren zusammenzuschließen.

Externe Infrastruktur als effektive Lösung

Carrier-neutrale Rechenzentren fungieren heutzutage als zentrale Digital-Media- und Content-Hubs.
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Carrier-neutrale Rechenzentren fungieren heutzutage als zentrale Digital-Media- und Content-Hubs. Das bedeutet, dass sich die unterschiedlichen Player der digitalen Verwertungskette - vom Produzenten über den Publisher bis hin zum Distributor - zu Communities zusammenschließen, um untereinander Geschäfte zu betreiben und Inhalte auf kürzestem Wege auszutauschen.

Diese Ökosysteme bilden ein ideales Umfeld zur Sammlung, zum Austausch, zur Speicherung und zum Management digitaler Inhalte, denn alle relevanten Dienstleister sind verfügbar. So besteht Zugang zu allen Tier1- und Tier2-ISPs, zu allen relevanten Internet-Austauschknoten sowie zu einer Vielzahl von Carriern und Netzen. Aufgrund der umfassenden Angebotssituation ergibt sich ein Käufermarkt, der nicht nur eine große Auswahl und hohe Skalierbarkeit, sondern auch ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis verspricht

Die Datenübertragung erfolgt durch eine direkte Anbindung an die Glasfasertrassen mit optimalen Latenzzeiten, um Daten schnell und effizient zu verbreiten. Vor allem die Anbieter von Bewegtbildinhalten - ob frei Zugänglich oder als Paid Content - benötigen zur Optimierung ihrer Wertschöpfung Zugang zu CDNs, ISPs, Content Management Plattformen (CMP) und Anbietern anderer Inhalte. Unternehmen nutzen in Colocation-Rechenzentren zudem redundante Versorgung mit vorgefiltertem Strom, ausfallsichere Klimatisierung und Brandschutzanlagen gemeinsam mit anderen Kunden, woraus sich Kostenvorteile ergeben.

Gesellschaftliche Transformation verleiht Flügel

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In dem Maße, wie sich die vor allem durch Video getriebene digitale Revolution fortsetzt, steigt auch die Nachfrage nach Hochleistungsinfrastruktur. Bereits Ende 2009 hat eine Studie von IDC in Kooperation mit Interxion aufgezeigt, dass die Nachfrage nach ausgelagerten Rechenzentrumsdienstleistungen in den kommenden vier Jahren in den europäischen Kernmärkten Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich jährlich um durchschnittlich 22 Prozent steigen wird. Insofern tragen vor allem gesellschaftliche Transformationsprozesse wie das Always-on-Prinzip und die damit einhergehende Veränderung im Mediennutzungsverhalten dazu bei, IT im allgemeinen und IT-Infrastruktur im Speziellen einen großen Auftrieb zu verleihen. (mb)