US-Anbieter will Schlappen der Vergangenheit ausgleichen:

Cullinet setzt voll auf die SQL-Schiene

16.10.1987

ANAHEIM (CWN) - Auf eine neue strategische Linie will jetzt die Cullinet Software Inc. einschwenken. Ziel ist es, die unternehmenseigene Produktlinie über den DBMS-Markt im Mainframe-Bereich hinaus zu erweitern. Außerdem verspricht der Anbieter volle Unterstützung der IBM-Abfragesprache SQL.

Ferner sollen den Kunden in Zukunft Entwicklungstools für verschiedene Hardwareumgebungen, beispielsweise IBM und Digital Equipment, zur Verfügung stehen. Darüber hinaus will der US-Anbieter auch andere Standards und Protokolle, wie beispielsweise LU6.2, berücksichtigen, um so auch eine verteilte Datenverarbeitung im Anwenderbetrieb unterstützen zu können.

Einen Schwerpunkt seiner Aktivitäten sieht Cullinet künftig im Bereich Anwendungssoftware. Im Mittelpunkt stehen dabei die Einsatzfelder Personalplanung, Bank- und Finanzwesen, Produktion und Computer Integrated Manufacturing (CIM). Alle künftigen Applikationen des US-Anbieters werden laut offizieller Ankündigung auf SQL ausgelegt sein, als nächster Schritt sollen innerhalb von 12 bis 18 Monaten Anwendungen auf KI-Basis folgen.

Auch im Stammgeschäft von Cullinet, also im Mainframe-Datenbankgeschäft, soll sich einiges ändern. Dazu Chairman David Chapman: "Das nächste Release von IDMS/R wird ein völlig neues Produkt sein, das neben DB2 und IDMS/SQL bestehen kann."

Der Gedanke an eine Koexistenz mit dem DBMS-Paradepferd der IBM ist für den US-Anbieter ein Novum. Denn lange Zeit konnte sich Cullinet im Datenbank-Geschäft als ein ernstzunehmender Konkurrent von Big Blue behaupten. Seit dem DB2-Announcement stagnierten jedoch die Zuwachsraten bei den Produkten; die Abhängigkeit vom Erfolg im Mainframe-Geschäft brachte den Anbieter schließlich in die roten Zahlen und zwang das Unternehmen zu dem jetzt angekündigten Kurswechsel.

In amerikanischen Fachkreisen wird diese neue strategische Ausrichtung mit gemischten Gefühlen betrachtet. Viele Branchenkenner sprechen von einem Pokerspiel mit einem risikoreichen Einsatz: Der Plan, so heißt es, sei zu ehrgeizig angelegt; außerdem würden viele der jetzt angekündigten Produkte frühestens in einem Jahr kommerziell verfügbar sein. So meint denn auch Frank Hall, DV-Direktor bei dem Anwenderunternehmen Wrangler: "Viele Unternehmen bekommen Probleme, wenn sie plötzlich zu groß werden, und ich glaube, Cullinet hat jetzt diesen Punkt erreicht."