Gerhard Fercho im Gespräch

CSC -Abkehr von der Plönzke-Ära

06.06.2008 von Joachim Hackmann
Gerhard Fercho ist seit gut 18 Monaten Chef der hiesigen CSC-Niederlassung. Seine Bilanz: Er hat einen Kulturwandel angestoßen und den Turnaround geschafft.

Wenige Wochen nach seinem Wechsel von Atos Origin an die Spitze von CSC Deutschland im November 2006 kündigte Gerhard Fercho in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE den Turnaround des damals kriselnden IT-Dienstleisters an. Der Vergleich seiner damaligen Aussagen mit denen von heute zeigt: Fercho war erfolgreich, auch wenn nicht alles so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.

"Ich stehe für den Kulturwandel" - Fercho, Dezember 2006

Gerhard Fercho, Juni 2008: Als Verantwortlicher der deutschen CSC-Organisation muss ich den Mut dazu haben, alte Zöpfe abzuschneiden und die Gelegenheit zum Neuanfang zu nutzen.

Vor seinem Amtsantritt hatte sich Fercho dreimal mit Klaus Plönzke getroffen. Plönzke hatte den gleichnamige IT-Dienstleister bereits 1969 gegründet und im Jahr 2000 vollständig an CSC verkauft. Seine unter Mitarbeitern geschätzte Führungskultur überdauerte auch sein Ausscheiden aus dem Unternehmen. "Ich glaube, dass ich ein Bindeglied zwischen der Ploenzke- und der CSC-Kultur sein kann", hatte Fercho 2006 gegenüber der COMPUTERWOCHE gesagt und Hoffnungen unter den CSC-Angestellten auf eine Wiederbelebung des Ploenzke-Geistes geweckt. Das Betriebsklima hatte unter dem Intermezzo eines britischen Führungsduos an der Spitze von CSC Deutschland arg gelitten. Ferchos Signale entpuppten sich nun als Missverständnis. Der neue Chef wollte zum Start vor allem verstehen, wie das Unternehmen tickt. "Das Ergebnis dieses Prozesses war der Entschluss, die Organisation nachhaltig zu verändern, um das früher eher kleinteilige und breite Geschäft durch eine Unternehmenskultur abzulösen, die Werte für den Kunden schafft und seine Erwartungen mehr als erfüllt", klärt er nun auf. Nicht alle wollten oder konnten diesen Wandel mittragen. Viele Mitarbeiter kehrten dem Unternehmen den Rücken.

Insbesondere die Führungsetage verzeichnete eine beeindruckende Fluktuationsrate von 80 Prozent. "Als Verantwortlicher der deutschen CSC-Organisation muss ich den Mut dazu haben, alte Zöpfe abzuschneiden und die Gelegenheit zum Neuanfang zu nutzen", begründet er den Bruch mit altgedienten Managern. Auch dem Unternehmen nahestehende Quellen berichten von einer enormen Abwanderungswelle. Die offiziellen Daten sprechen indes eine andere Sprache. Die Fluktuation in Deutschland sei von gut 20 auf unter zehn Prozent gesunken, berichtet Fercho. Das ist im IT-Servicegeschäft ein guter Wert. Erchos Anliegen ist es, dass sich die Mitarbeiter stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Dazu hat er ein internes Verbesserungsprogramm gestartet. Betriebsbedingte Kündigungen gab es unter Fercho wie versprochen nicht. Allerdings klagt die Branche derzeit eher über Fachkräftemangel als über zu große Belegschaften.

"Ich strebe profitables Wachstum an" - Fercho, Dezember 2006

Gerhard Fercho, Juni 2008: Der Turnaround ist geschafft.

Der Turnaround ist geschafft. Schneller als angekündigt hat Fercho CSC in Deutschland auf den Erfolgspfad zurückgeführt. Begünstigt wurde die Entwicklung sicher durch die starke Nachfrage im Projektgeschäft, doch auch im schwierigen Outsourcing-Markt haben sich dem Deutschland-Chef zufolge Erfolge eingestellt, obwohl die angekündigten großen Deals auf sich warten lassen. "Meine persönliche Erwartung ist, dass sich im Lauf der kommenden 18 Monate hochvolumige Aufträge sowohl im Betriebs- als auch im Projektgeschäft einstellen werden", sagte Fercho vor rund anderthalb Jahren. Sehr wohl gab es mittelgroße Abschlüsse im Projekt- und Outsourcing-Geschäft. "Auch bei Atos Origin sind damals zwei Jahre bis zum ersten großen Abschluss vergangen", betont Fercho heute. Zudem bestehe bei CSC "nicht die Notwendigkeit, mit großen Betreiberverträgen einen Markt zu öffnen". Auf der Habenseite kann er ein überdurchschnittliches Wachstum verbuchen. Das laufende Jahr soll noch besser werden, so Fercho. Auch hinsichtlich des Gewinns hat CSC in die Erfolgsspur zurückgefunden und mehr als die zu Anfang des Fiskaljahres in Aussicht gestellten Überschüsse eingefahren.

"Ich möchte CSC nicht als Commodity-Anbieter positionieren" - Fercho, 2006

Gerhard Fercho, Juni 2008: Dank der großen Volumina sind wir sehr wettbewerbsfähig.

Einfachen Netz- und Desktop-Betriebsdiensten erteilte Fercho im Jahr 2006 eine Absage. Allenfalls als Mitnahmegeschäft in strategischen Kundenprojekten werde man Commodity-Aufgaben übernehmen. "Ich möchte CSC im höherwertigen Segment positionieren und nicht mit reinen Commodity-Anbietern um den günstigsten Preis konkurrieren", stellte Fercho damals klar. Zumindest die Abkehr von einfachen Vor-Ort-Betriebsdiensten war offensichtlich ein Missverständnis, zumal er im ersten Gespräch später auch einräumte: "Es werden sich auch große Outsourcing-Projekte im Bereich Applikations- und Infrastruktur-Management ergeben."

Trotz dieser unklaren Positionierung haben sich Erfolge eingestellt. Das im April 2008 bekannt gegebene und beworbene Abkommen mit Zurich Financial Services sieht den Desktop-Betrieb für die kommenden sechs Jahre für den schweizerischen Großkunden vor und sichert CSC Einnahmen von knapp 400 Millionen Dollar. Der Auftrag wurde allerdings nicht von der deutschen, sondern von der internationalen Organisation gewonnen. "CSC ist stark im Commodity-Geschäft aufgestellt. Dank der großen Volumina sind wir in diesem Segment sehr wettbewerbsfähig", sagt Fercho heute. Parallel dazu stärkt CSC das in Deutschland wichtige Projektgeschäft. Ziel einer neuen Organisationsstruktur ist, die Ausrichtung an Branchen zu verbessern und Kunden aus verschiedenen Industriezweigen Management-Beratung, Systemintegration sowie Applikationsbetreuung und Betriebsdienste aus einer Hand zu liefern. "In der höherwertigen Beratung hinkt CSC noch Konkurrenten wie IBM, Accenture und Capgemini hinterher", urteilt Hartmut Lüerßen, Partner der Lünendonk GmbH, ein.

"Wichtig ist, Vertrieb und Business zu verschmelzen" - Fercho, 2006

Gerhard Fercho, Juni 2008: Bei der Trennung von Verkauf und Lieferorganisation war häufig zu beobachten, dass beide Einheiten gegeneinander gearbeitet haben.

Mit großem Elan hat Fercho die Ausrichtung an Branchen vorangetrieben. Auch die weltweite CSC-Zentrale schwenkte inzwischen auf eine an vertikalen Märkten angelehnte Organisation um. "In organisatorischer Hinsicht habe ich Veränderungen gewissermaßen antizipiert und das Modell eingeführt, das später im Rahmen des weltweiten ´Accelerate´-Projekts gewählt wurde", freut sich Fercho nun. "Wir sind eine Musterorganisation." Branchenerfahrene Berater wurden eingestellt und das Account-Management wie angekündigt ausgebaut. Zudem gibt es nun ein Ressourcen-Management, das dafür sorgt, Experten aus verschiedenen Bereichen in wichtigen Projekten zusammenzuführen. Gescheitert ist der Versuch, die verschiedenen GmbHs unter einem gesellschaftsrechtlichen Dach zu verschmelzen. Voller Hoffnung hatte Fercho im Dezember 2006 mit dem Start der einheitlichen Gesellschaft zum 1. April 2007 geliebäugelt. Die gibt es bis heute nicht. "Wir haben in Deutschland die Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmerseite. Gewisse Vorhaben waren nicht ohne weiteres umzusetzen", begründet er das Scheitern.

Zum angestrebten Zeitpunkt gingen jedoch die so genannten Verticals, also die branchenorientierten Serviceeinheiten, an den Start. Den zuständigen Leitern obliegt die gesamte Gewinn- und Verlust-Verantwortung, durchgehend sowohl von der Beratung bis zum Betrieb als auch vom Vertrieb bis zur Serviceerbringung. "Bei der Trennung von Verkauf und Lieferorganisation war häufig zu beobachten, dass beide Einheiten gegeneinander gearbeitet haben", schildert Fercho seinen Eindruck. Trotzdem arbeiten bei CSC die Lieferorganisationen wie Fabriken mit eigener Gewinn- und Verlustverantwortung, um branchenübergreifende Skaleneffekte zu erzielen. Dieses schwer verständliche Konstrukt muss die Anwender nicht interessieren, solange die Qualität der Services stimmt, ist aber in der IT-Servicebranche unüblich. "Den vertikalen Einheiten die unternehmerische Verantwortung zu übertragen ist zweifelsohne sinnvoll ", sagt Branchenkenner Peter Kreutter von der WHU in Vallendar. Gegen die starke organisatorische Intergration der Fabriken in die Vertikals sowie Zusammenführung auf lokaler Ebene hat er allerdings große Vorbehalte. "Bei zunehmend global aufgestellten Wertschöpfungsstrukturen können große Spieler nur dann erfolgreich agieren, wenn sie - vom Grundsatz her - Vertrieb und Fertigung organisatorisch eher trennen."

Fazit: Hauptsache Erfolg

Gerhard Fercho: Wir werden weiterhin stärker als der Markt wachsen.

CSC Deutschland wächst profitabel, die Fluktuation wurde gebremst, die Neuausrichtung auf den Weg gebracht. Das sind die Erfolge von Fercho nach gut 18 Monaten. Die gesellschaftsrechtliche Zusammenführung verschiedener Einheiten ist dagegen gescheitert. Zudem blieben einige verdiente Mitarbeiter auf der Strecke, und die interne Verantwortungsprozesse sind offenbar zu komplex, um sie einfach und transparent darzustellen. Solange die in die US-Zentrale gemeldeten Zahlen stimmen, wird es dennoch keinen Zweifel an der Richtigkeit von Ferchos Entscheidungen geben. Doch ist die bislang gezeigte Leistung nur eine Momentaufnahme. Auch in der Vergangenheit gab es gute CSC-Jahre in Deutschland, und der hiesige Erfolg wird nach wie vor stark vom Projektgeschäft getragen. Wichtig für CSC Deutschland ist nachhaltiger Erfolg.

CSC auf Erfolgsspur

Foto: Lünendonk

Der US-amerikanische IT-Dienstleister hat sein Geschäftsjahr am 31. März 2008 mit einem Gesamtumsatz von 16,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Das bedeutet eine deutliche Steigerung von elf Prozent. Der Gewinn summierte sich auf 544 Millionen Euro. Die Gewinnspanne schrumpfte infolge von Restrukturierungskosten von 9,5 auf 9,2 Prozent. Sorge bereitet dem Unternehmen der Rückgang im bei den neuen Aufträgen. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen Projekte im Wert von 13,3 Milliarden Dollar gewinnen, das sind rund 3,6 Milliarden Dollar weniger als im Jahr zuvor. Bedenklicher als diese Abnahme ist die starke Abhängigkeit von Behörden. Allein die öffentlichen Auftraggeber haben im vergangenen Jahr Services im Wert von 11,2 Milliarden Dollar bestellt, auf die restlichen Industriezweigen entfallen somit lediglich 2,1 Milliarden Dollar, "ohne Zweifel eine Schwäche von CSC", monieren die Analysten von Ovum.

In Europa nahm der Konzern im Gesamtjahr gut 4,8 Milliarden Dollar ein. Das deutliche Plus von zwölf Prozent wurde durch Wechselkursschwankungen begünstigt. Die Leistungen der einzelnen Länderorganisationen veröffentlicht CSC nicht. Analystenerhebungen zufolge steigerte die deutsche Niederlassung ihre Einnahmen binnen Jahresfrist von 365 Millionen Euro auf 391 Millionen Euro. Das ist ein Zuwachs von mehr als sieben Prozent. Den weltweiten internen Erneuerungsprozess heißen die Analysten gut. "Nun ist es Zeit zu beweisen, dass CSC beschleunigen kann", fordert Ovum in Anspielung auf das interne Reorganisationsprojekt "Accelerate".