Kunden-Management

CRM-Systeme: Wie der Mittelstand Umsatz und Produktivität steigern kann

07.05.2008 von Heide Witte
Kundenbeziehungen beginnen im Kopf. Mit Hilfe von Software lassen sich Käufer gezielter ansprechen, Kontakte besser pflegen und die Kommunikation effizienter gestalten. CRM-Lösungen können viel Nutzen stiften, wenn Firmen die Produkte planvoll einführen.

Wie wichtig das Management von Kundenbeziehungen ist, hat auch der Mittelstand erkannt. Doch unterschätzen viele Firmen die Risiken der Auswahl und entdecken dann nach Vertragsabschluss, dass sie die Katze im Sack gekauft haben. Zu den häufigsten Fehlern bei der Softwaresuche zählen Marktbeobachter nicht klar formulierte Ziele und Anforderungen sowie das Fehlen von Geschäftsprozess-Anpassung, systematischer Auswahl und einer Testinstallation, Referenzkundenbesuchen in der Endauswahlphase und einer Einführungsstrategie, die auch auf die Benutzerakzeptanz Rücksicht nimmt."Customer Relationship Management (CRM) ist ein integrierter Geschäftsansatz, der Unternehmen unterstützt, Kunden auf effektive Weise zu gewinnen und daraus eine langjährige und profitable Kundenbeziehung zu entwickeln. Damit beschreibt diese CRM-Definition aus dem Jahr 2002, was entsprechende Systeme zu leisten haben: Sie müssen Unternehmen in Sachen Kundenorientierung und Kundenbeziehungen helfen, indem sie Anwendungen und Funktionen aus Vertrieb, Marketing und Kundenservice integrieren.

CRM ist Wettbewerbskriterium

Ohne CRM geht heute nichts mehr, denn Beziehungs-Management ist ein Wettbewerbskriterium - damit hat auch das Beispiel des Tante-Emma-Ladens ausgedient. Denn sicher funktionierte Kundenorientierung bei Tante Emma ohne Software - allerdings hatte sie auch wenig Konkurrenz, und die Zahl der Kunden war überschaubar. Bei einer großen Anzahl von Kundenkontakten und parallelen Prozessen in unterschiedlichen Kommunikations- und Verkaufskanälen ist ein kundenorientiertes Vorgehen ohne IT-gestütztes CRM heute kaum mehr möglich.

Die Implementierung einer CRM-Lösung auf IT-Basis ist jedoch nur die halbe Miete, warnt der CRM-Expertenrat in seinem Jahresgutachten. Der Expertenrat besteht aus vier CRM-Fachleuten, die sich zu grundsätzlichen Fragen des Kundenbeziehungs-Managements und dessen praktischer Umsetzung regelmäßig äußern. Dr. Christian Huldi, Senior Consultant bei der RBC Consulting AG, Dr. Wolfgang Martin, unabhängiger Analyst, Wolfgang Schwetz und Professor Dr. Peter Winkelmann, Leiter des Studienschwerpunktes Marketing und Vertrieb der Fachhochschule Landshut.

Firmenkultur muss stimmen

Die Spezialisten betonen: "Der entscheidende Erfolgstreiber für den CRM-Erfolg ist die Firmenkultur." Hier hapert es noch erheblich - nicht nur in mittelständischen Unternehmen. Denn das "gefühlte" Kundenbeziehungs-Management vermittelt oft den Eindruck, dass es auch in großen Unternehmen mit CRM nicht allzu weit her sein kann. Jeder kennt aus eigener Erfahrung die zahlreichen, endlosen Telefonate mit Serviceabteilungen, das wiederholte Vortragen des Anliegens und den Eindruck, dass in so manchem Unternehmen die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. "Wenn CRM nicht funktioniert, liegt das meist daran, dass es an der CRM-Vision in der Chefetage mangelt. Der Fisch stinkt immer am Kopf zuerst", konstatiert der CRM-Expertenrat in seinem aktuellen Gutachten.

CRM-Anbieter Sage formuliert es so: "Es ist davor zu warnen, den eigenen Stand der Kundenorientierung zu überschätzen. Auch in neueren Umfragen zur Qualität der Kundenbetreuung klaffen erhebliche Lücken zwischen der Selbsteinschätzung der Unternehmen und der Einschätzung durch ihre Kunden."

Ein weites Feld für Verbesserungen. Denn erfolgreiche Kundenbindung erschließt neue Potenziale. Falls es gelingt, eine entsprechende Lösung im Unternehmen zu etablieren, profitieren die Firmen deutlich. Nach Angaben eines Softwarehauses erzielten dessen Kunden durch die Einführung von Kundenbetreuungssystemen im Durchschnitt 16 Prozent Umsatzsteigerung, 21 Prozent Produktivitätssteigerung, 20 Prozent Steigerung der Kundenzufriedenheit und eine Amortisation der Investition binnen zehn Monaten.

"Immer mehr Unternehmen, vor allem aus dem Mittelstand, erkennen die Bedeutung eines professionellen Kunden-Managements und des Wissens über Kunden und Interessenten für den Unternehmenserfolg", sagt Wolfgang Schwetz von Schwetz Consulting, einem herstellerneutralen CRM-Beratungsunternehmen. Marktforschungsunternehmen rechnen für 2008 mit einem Umsatzzuwachs von mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutsche CRM-Softwarehersteller bestätigen diesen Trend, "zumal erst rund 25 Prozent der mittelständischen Unternehmen professionelle CRM-Systeme einsetzen", sagt Schwetz.

Software für den Vertriebsinnendienst

Der Bedarf an CRM-Software bleibt auch in den nächsten Jahren hoch.
Foto: IDC

Derzeit finden sich Kundenbetreuungssysteme im Mittelstand nach wie vor hauptsächlich im Vertriebsinnendienst beziehungsweise in der Auftragsabwicklung. Nachholbedarf haben viele Unternehmen in Sachen Außendienststeuerung und Marketing. Auch wertvolle Informationen aus dem Servicebereich finden nur bei wenigen Firmen ihren Weg in die zentralen Kunden-Management-Systeme. Dabei könnten gerade sie wichtige Anregungen für Produkt- und Prozessverbesserungen sowie für Kundenzufriedenheitsmaßnahmen liefern.

Mittelständische Firmen haben meist deshalb solche Methoden noch nicht etabliert, weil sie den zeitlichen und finanziellen Aufwand für CRM-Implementierungen scheuen. Ganz aus der Luft gegriffen sind diese Bedenken nicht: "Bei einem komplexen CRM-System bewegt man sich schnell im sechsstelligen Bereich", sagt Valerie Bönström, Geschäftsführerin der Mrs.Sporty GmbH, zur Investitionssumme, die eine Softwareeinführung schon mal verschlingen kann. Ihr Unternehmen entschied sich jedoch nicht für ein Kaufprodukt, sondern für die On-Demand-Lösung von Salesforce.com. Derzeit fallen für die gemieteten Kunden-Management-Funktionen 1500 Euro pro Monat an.

Die Kundenflüsterer

Unternehmen verwalten ihre Kundeninformationen bereits elektronisch, greifen hierzu jedoch oft nicht auf spezielle CRM-Software zurück. In vielen mittelständischen Firmen werden Kunden- und Vertriebsdaten heute zum Beispiel auf PDAs (persönliche digitale Assistenten) und anderen Personal Information Managers (PIMs) sowie in den gewohnten Microsoft-Produkten wie Outlook gepflegt. Beide Varianten haben mit CRM jedoch nur wenig zu tun. Während PDAs als elektronisches Gedächtnis Adressen, Aufgaben und Termine beinhalten, bieten sie aufgrund ihrer Notizbuchfunktion kaum Möglichkeiten, Kontakte zu verfolgen sowie diese Informationen mit anderen Nutzern zu teilen. Outlook verfügt zwar über Merkmale, um im Team zu arbeiten, doch dies beschränkt sich in der Regel auf Termine und einfache Informationen.

Doch wer seine Kundenbeziehungen effizienter pflegen will, muss nicht immer gleich die ganz große Lösung ins Auge fassen. Den Anfang des Weges zu CRM markieren überschaubare Einstiegsfunktionen. Diese sollten sich bei Bedarf dann flexibel - im Baukastensystem oder per Miete - erweitern lassen. Für kleine Firmen, Freiberufler oder Existenzgründer eignen sich zunächst Kontakt-Management-Programme. Sie integrieren die Informationen, die ansonsten auf Papier, in Excel- oder Outlook-Dateien, auf PDAs oder in den Tiefen des Windows Explorers vor sich hindämmern.

Basisfunktion Kontakt-Management

Im einfachsten Fall verfügt das CRM-Produkt über ein Kontakt-Management. Solche Programme haben neben der Bereitstellung von Adressdaten vor allem zwei Aufgaben: Informationen über Kunden, Geschäftspartner oder Interessenten zu sammeln und die Kommunikation per Fax, E-Mail oder Telefon zu vereinfachen. Benutzerfreundlichkeit und kurze Einarbeitungszeiten sind hier wichtige Auswahlkriterien.

Ausgangspunkt dieser Lösungen ist eine Adressdatenbank, in der alle Kontaktdaten gespeichert sind. Effektiv sind dabei zweistufige Strukturen, bei denen Firmen und Personen getrennt gespeichert werden. Kommen neue Ansprechpartner hinzu, kann man sich die Neuerfassung der Firmenadresse sparen. Kategorien, Schlüsselwörter und Freifelder sorgen derweil für eine gezielte Aufbereitung der Kontakte, etwa für Serienbriefe oder Serien-E-Mails. Ein Augenmerk sollte man zudem auf die Suchfunktionen legen: Je genauer sich die Empfänger auswählen lassen, desto geringer fallen Streuverluste und Marketing-Kosten aus. Komplexe Abfragen nach mehreren Kriterien sind dabei eine große Hilfe.

Ebenso wichtig wie solide Strukturen ist der bequeme Zugriff auf die gespeicherten Informationen. Müssen Telefonnummern für eine Mailing-Aktion erst abgetippt, E-Mail-Adressen manuell kopiert oder Adresslisten über die Zwischenablage exportiert werden, bleibt vom Zeitgewinn nichts mehr übrig. Professionelle Lösungen sind deshalb mit einer Vielzahl von Schnittstellen ausgestattet. Ein Beispiel: Viele Unternehmen greifen bei Mailings auf kommerzielle Adress-

Sammlungen, beispielsweise Telefon-CDs, zurück. Ist die Kontakt-Management-Software mit einer entsprechenden Anbindung ausgestattet, lassen sich die selektierten Adressen per Knopfdruck übernehmen. Besteht zusätzlich ein heißer Draht zu Microsoft Office, werden die neuen Adressen auf direktem Weg an Word weitergereicht. Der Aufwand für die Mailing-Vorbereitung sinkt dadurch beträchtlich.

Mindestens ebenso nützlich ist eine integrierte Versandabfertigung. Die Kontakt-Management-Lösung "GS-Adressen" von Sage Software beispielsweise arbeitet in diesem Bereich mit der Frankiersoftware "Stampit" der Deutschen Post zusammen. Dadurch lassen sich dann elektronische Briefmarken bei Bedarf gleich mit abdrucken.

Da Adressen nicht immer korrekt und vollständig sind, bieten Softwarehäuser Zusatzdienste an, um die Qualität der Datenbestände zu steigern. Beispielsweise hat der in Karlsruhe beheimate Anbieter CAS Software AG für sein CRM-Produkt "Genesisworld" eine Schnittstelle zu externen Adressendienstleistern geschaffen.

Telefonintegration

Auch die Telefonintegration ist in aktuellen Anwendungen meist standardmäßig enthalten. Neben Rufnummernerkennung blenden die Programme elektronische Notizzettel ein, auf denen sich Inhalte des Telefonats protokollieren lassen. Ebenso wie Termine, Aufgaben und der ausgehende Schriftverkehr werden die Gesprächsnotizen in der Kontakthistorie gespeichert. Ruft ein Kunde an, um sich beispielsweise nach dem Status eines Vorgangs zu erkundigen, ist dieser in der Kundenakte per Knopfdruck abrufbar.

Die nächste Ausbaustufe ist die Anbindung an den kaufmännischen Bereich. Denn wer sich über aktuelle Rechnungen, den laufenden Auftragsbestand oder die Zahl der Gutschriften informieren will, muss in vielen Fällen parallel mit Auftragsbearbeitung oder Warenwirtschaft arbeiten. Entsprechende Schnittstellen erlauben hier den Überblick über Rechnungen, Aufträge oder Angebote.

Bei einer großen Anzahl von Kundenkontakten und parallelen Prozessen in den unterschiedlichen Kommunikations- und Verkaufskanälen werden komplexere CRM-Systeme nötig. Hierzu müssen Kundendaten erhoben, sinnvoll bewertet und in Workflows und Aktionen umgesetzt werden. Das zentrale Instrument, um das Wissen über die Kunden verfügbar zu machen, ist die Kundendatenbank. Im Idealfall sind darin die Informationen gesammelt, die sonst über das ganze Unternehmen verstreut sind: von A wie Analysen des Marktes über unstrukturierte Daten wie abfällige Äußerungen bei der Präsentation eines Produktes bis Z wie Zahlungsmoral der Kunden.

Diese CRM-Systeme reagieren beispielsweise auch angemessen auf Reklamationen. Nur fünf Prozent aller unzufriedenen Kunden reklamieren, weiß die Statistik. Der Rest wandert ab - allerdings nicht kommentarlos. Denn schlechte Erfahrungen mit Anbietern werden im Schnitt acht bis zehn Personen weitererzählt, gute Erfahrungen nur zweien. Funktionierendes Reklamations-Management versetzt Mitarbeiter in die Lage, sofort zu prüfen, ob ähnliche Beanstandungen schon bekannt sind, die erforderliche Abhilfe für den Kunden zu schaffen, die Beanstandung unternehmensintern weiterzuleiten sowie Anregungen dem Produkt-Management vorzulegen.

Dass die Erkenntnisse aus der Kundenbetreuung in konsequentes Handeln umgesetzt werden, soll über "Ticketing" gewährleistet werden. Bei dieser Art des Workflows werden im Servicebereich zu einzelnen Aktivitäten wie Routinewartung, Reparatur vor Ort oder Reparatur im Werk die benötigten Prozesse im System hinterlegt. Mit Eintreten eines Kundenereignisses werden unmittelbar die weiteren Schritte, der voraussichtliche Zeitbedarf und die Kosten angezeigt. Alle weiteren Abläufe sind im System bereits angelegt, werden sofort ausgelöst und mit Terminverfolgung überwacht.

Pflege der Stammkunden

Einen Kunden zu halten kostet sieben Mal weniger als einen neuen zu gewinnen, fanden Analysten bereits in den 90er Jahren heraus. War Kundenbindung zu Tante Emmas Zeiten noch relativ einfach, so stehen Unternehmen durch das Internet vor einer besonderen Herausforderung: Die Konkurrenz ist nicht nur immer bloß einen Mausklick entfernt, sondern die Kunden erwarten guten Service, da sie weit mehr Vergleichsmöglichkeiten haben. Unzufriedenheit mit einem Anbieter wird mit Abwanderung quittiert. Stammkundenpflege lautet deshalb das Gesetz der Stunde. Die lückenlose Dokumentation bisheriger Kontakte und eingeräumter Konditionen ist eine wesentliche Voraussetzung, um mit Kunden erneut und erfolgreich ins Gespräch zu kommen. Sie ermöglicht es dem Vertrieb, direkt an den bisherigen Erfahrungen anzuknüpfen und sie positiv zu verstärken.

Das gilt sowohl für die persönliche Ansprache als auch für Kampagnen, die sich durchaus auf die bestehende Kundenhistorie stützen können. Letztere bietet vielfältiges Material, um Marketing-Informationen zielgruppengerecht auszuwählen und den Kunden möglichst individuell anzusprechen. Das reicht von den Geburtstagsgrüßen bis zum Angebot passenden Zubehörs zu einem erworbenen Produkt. Solche fokussierten Kampagnen sind wesentliche Kriterien für erfolgreiches Cross-Selling und Up-Selling - und sie reduzieren Streuverluste.

Hohe Streuverluste bringt dagegen die Neukunden-Akquisition mit sich. Durch natürliche Fluktuation ist und bleibt sie dennoch ein wesentlicher Teil des Geschäfts. CRM-Systeme unterstützen diese Prozesse, indem sie potenzielle Kunden als Interessenten speichern. Die Ansprache dieser Personen kann dann in bestimmten Etappen und Kampagnen erfolgen, die im System definiert wurden.

Einträglichkeit im Blick

Zur Beurteilung von Wert und Potenzialen von Kunden sind in CRM-Lösungen verschiedene betriebswirtschaftliche Methoden integriert. Beispielsweise lässt sich der Kundenwert (Customer Lifetime Value, CLV) berechnen. Damit werden der Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg und der gerechtfertigte künftige Marketing-Aufwand kalkuliert. CLV betrachtet den Kundenwert in seinem Wandel über den Verlauf der Kundenbeziehung hinweg. Die Methode basiert auf Formeln aus der Investitionsrechnung und setzt die Erhebung und Verarbeitung entsprechender Informationen im Controlling voraus.

Weniger aufwändig ist die ABC-Analyse. Mit ihrer Hilfe lassen sich Kunden nach Kriterien wie Umsatz einteilen und die Analysen auf Knopfdruck abrufen. Häufig trifft dabei die Pareto-Regel zu: 20 Prozent der Kunden machen 80 Prozent des Umsatzes aus. Diesen "A-Kunden" sollte dann mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden als den "C-Kunden".

Ein gängiges Verfahren zur Kundenbewertung stellt die RFMR-Methode dar. Sie gewichtet die Kundenhistorie nach letztem Kaufdatum (Recency), Kaufhäufigkeit (Frequency), Umsatzhöhe oder -kennziffer (Monetary Ratio). Zu jedem dieser Kriterien werden Punkte vergeben. Die Bedeutung des Kunden und damit auch sein künftiges Potenzial ergibt sich aus der Rangfolge der erzielten Punkte.

Das FRAT-Modell nimmt neben letztem Kaufdatum und Kaufhäufigkeit auch noch den Bestellwert (Amount of Purchase) sowie Produktpräferenz (Type of Purchase) auf. Damit lassen sich Schlüsse auf die künftige Wiederkaufsrate ziehen - je nachdem, ob der Kunde lang- oder kurzlebige Produkte bestellt.

Kundenportfolio-Analysen erlauben es schließlich, die Kundenpotenziale nach Wachstum und Umfang der Beziehung zu ordnen. Auch aus dieser Darstellung können Strategien zur weiteren Entwicklung und Pflege der jeweiligen Kundenbeziehung abgeleitet werden.

Als beispielhaft dafür, wie diese theoretischen Ansätze praktisch umgesetzt werden und jede Berührung mit (potenziellen) Kunden erfasst und verarbeitet wird, zitiert das CRM-Jahresgutachten den Fahrzeughersteller BMW und damit ein Großunternehmen. Michael Braekler, der Leiter des Kundenbetreuungs-Managements der Region Deutschland der BMW AG, sagt: "CRM ist Programm." BMW macht Kundenorientierung durch langfristig angelegte und IT-gestützte Marketing-Programme sichtbar und nachvollziehbar. Über 50 000 Kundenkontakte verzeichnet die BMW-Group pro Tag allein im Customer-Service-Center. Aus allen diesen Kundenkontakten werden via CRM-System "Topdrive" kundengewinnende oder -bindende Prozesse angestoßen - indem Prozesse zu Programmen werden, egal, ob eine Person im Internet Interesse an einem BMW-Fahrzeug zeigt, ob sie ein BMW-Magazin anfordert, sich an einer Umfrage beteiligt oder ihr Fahrzeug zum Kundendienst bringt: Sämtliche Kundenberührungen werden im Rahmen differenzierter Programme erfasst, vorgehalten und entsprechend kanalisiert.

Trends im Segment CRM-Software

Zu den Trends wie Web-basierende Lösungen ohne Datenreplikation, Open Source und SOA (Service-orientierte Architektur) soll mit SaaS-Angeboten (Software as a Service) neue Bewegung in den CRM-Markt kommen. "Inwieweit der Mittelstand diese neuen Angebote annehmen wird, bleibt abzuwarten", meint Schwetz. Auch das On-Demand-Mietmodell werde vom deutschen Mittelstand nur zögerlich akzeptiert. Ebenso bleiben laut Schwetz Open-Source-Lösungen Nischenangebote. Und obwohl Hersteller SOA seit zwei Jahren im CRM-Markt vorantreiben, gibt es bislang noch keine Erfolgsbeispiele.

In Sachen Mittelstandseignung stellt Schwetz im aktuellen CRM-Marktspiegel, der 144 CRM-Angebote für den B-to-B-Bereich unter die Lupe nimmt, dem Lösungsangebot gute Zeugnisse aus. Integrierte CRM-Systeme machen 25 Prozent des Angebots aus. Sie stammen von ERP-Herstellern wie SAP, Oracle, Microsoft und Infor und sind laut Schwetz "fast ausschließlich für die Anwender der dazugehörenden ERP-Lösungen interessant". Eine spezielle Zielgruppe sprechen auch Lösungen unter Lotus Notes an: Etwa zehn Prozent der CRM-Systeme basierten - wie auch im Vorjahr schon - auf dieser Plattform und stützen sich daher nicht auf ein relationales Datenbanksystem. Dagegen beruhen 90 Prozent der CRM-Systeme auf der für CRM-Aufgaben typischen relationalen Datenbanktechnik und dem Groupware-System Outlook. "Typische Mittelständler haben somit die Qual der Wahl unter 84 CRM-Systemen", so Schwetz.

Branchenprogramme bieten Vorteile

Der Experte macht indes ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der CRM-Systeme aus: Brancheneignung und Branchenspezialisierung. "Langjährige Erfahrungen mit Kunden und Projekten innerhalb der gleichen Branche machen sowohl die Mitarbeiter zu Know-how-Trägern in dieser Branche als auch die Software zur vertikalen Branchenlösung, die bereits im Standard die Bedürfnisse und Anforderungen der Branche deutlich besser erfüllt als die Lösungen der neutralen Wettbewerber, die oft nur mit massiven Anpassungen zum gleichen Ergebnis kommen." Für die Anwender sinkt damit auch der Einführungsaufwand, und die Lösungen werden gerade für den Mittelstand leichter erschwinglich. Dieser Vorteil mache sich auch bei den Folgekosten positiv bemerkbar, denn die Branchenlösungen mit weniger Anpassungen bleiben besser wartbar und Release-fähig.

Zu den erfolgreichen Branchenspezialisten zählt der CRM-Marktspiegel beispielsweise die CAS GmbH für die Konsumgüterbranche, den französischen CRM-Anbieter Cegedim als Spezialist für die Pharmabranche, die Cursor Software AG für mittelständische Energieversorger sowie Merkarion für die Getränkewirtschaft und Pisa Sales für den Maschinenbau. Aber auch globale Anbieter wie SAP und Oracle mit Siebel hätten diesen Trend nicht verschlafen und offerieren Branchenlösungen. "28 von 144 CRM-Systemen, das sind knapp 20 Prozent, verfügen derzeit über einen Branchenfokus", so ein Ergebnis des CRM-Marktspiegels.

Prozess trifft Kunde

Die Trendsetter unter den Anwendern gehen in Richtung Geschäftsprozess-Management und SOA, um Kundenorientierung in alle relevanten Geschäftsprozesse zu bringen, so ein Fazit des aktuellen CRM-Jahresgutachtens. Alle Geschäftsprozesse sollten auf den Kunden ausgerichtet sein - nach dem Motto: Prozess trifft Kunde. Die gängige Meinung, mit einer CRM-Applikation bekomme man die CRM-Prozesse, die Kundenorientierung als Geschäftsmodell unterstützen, habe ausgedient. Denn schließlich seien einige Funktionen, die kundenorientierte Prozesse betreffen, schon in anderen Applikationen implementiert. Dagegen fehle beispielsweise in einer Webshop-Lösung zumeist ein Bezug der Prozesse zum Kundenwert. Die Herausforderung heiße nun: alle fachlichen Services, die Geschäftslogik bereitstellen und die in den verschiedenen im Unternehmen betriebenen Applikationen bereits enthalten sind, zu orchestrieren. Und: CRM-Maßnahmen müssen rigoros kontrolliert und gesteuert werden. Daher ist Controlling ein fester Bestandteil von CRM geworden. Die Verantwortlichen verfügen so über Kennzahlen, mit denen Kundenorientierung als Programm gesteuert wird und die zunehmend auch für nicht in direktem Kundenkontakt stehende Mitarbeiter gehaltsrelevant werden können. (fn)

Bei der Suche nach Ihren CRM-System hilft Ihnen der CRM-Matchmaker von Trovarit und der COMPUTERWOCHE.