Countdown im CeBIT

14.04.1978

HANNOVER (CW) - CeBIT Hannover - das ist pulsierendes Leben, buntes Treiben, Fachgespräche, ein bißchen Hektik, manchmal brausende Wogen: die ganze Welt der Computer und TV-Aggregate. Mindestens eine Woche lang; in diesem Jahr genau vom

19. bis 27. April. CeBIT zehn Tage vor Beginn - das ist nichts von alledem: Gähnende Leere, ruhiges Arbeiten, gedämpftes Klopfen und Hämmern, wenig Licht.

"Als regelmäßiger Treffpunkt der Computer-Branche wird das CeBIT - Centrum für Büro- und Informationstechnik - während der Hannover-Messe 1978 wieder ein wesentlicher Impulsgeber sein". So zu lesen in einer offiziellen Presseinformation der Messe- und Ausstellungs-AG, Hannover. Und: Ähnlich wie in den vergangenen Jahren wird auch 1978 im Bereich des CeBIT der permanente Fortschritt im Bereich der Büro- und Informationstechnik deutlich werden. Viele Anzeichen sprechen dafür, daß die Mehrzahl der in Hannover vertretenen Firmen aus aller Welt den Termin der Hannover-Messe wieder als das geeignete Datum für die Vorstellung neuer Produkte betrachtet".

Nichts, aber auch rein gar nichts ist jetzt noch beim Gang durch CeBIT zu merken. Die Welt ist da bislang buchstäblich mit "Brettern vernagelt". Licht brennt nur über den Ständen von meist größeren Firmen, bei denen auch nur zum Teil gearbeitet wird. Sonst ist alles dunkel. Um die Stände mannshohe Bretterzäune. Zu den meisten hat man freien Zugang - die Türen sind unverschlossen. Die paar Firmenangehörigen schauen kaum auf beim Kleben, Testen oder Hämmern: Wer erwartet denn jetzt Zuschauer?

Keine 30 Leute begegnen einem in der Riesenhalle, kaum ein Laut ist zu vernehmen. Hallenmeister Kurt Merk, für die "Computer-Blöcke" A + B zuständig, weiß genau warum: "Von den mehr als 650 Firmen, die hier in der CeBIT-Halle ausstellen, sind erst 100 da, die schon aufbauen." Dabei arbeiten momentan täglich etwa 300 Personen in Halle 1 der Messe. Unmittelbar vor Beginn am kommenden Mittwoch werden es dann 2500 bis 3000 sein.

Die Pressestelle der Messe AG vermutet noch einen weiteren Grund, zumal die Messeleitung die Vormessetage im CeBIT in den vergangenen Jahren keineswegs als so ruhig in Erinnerung hat. Der Metaller-Streik im Südwesten der Bundesrepublik hat viele Messeaufbau-Kräfte mehr notgedrungen als freiwillig von der Reise nach Hannover abgehalten.

Einsam auf weiter Flur

Gleich beim Haupteingang fällt in der ansonsten wenig veränderten Halle ein Neuling mit hellgrauem Riesenstand auf: Hoechst. Die Messe erst wird zeigen, was an EDV- oder TV-Zubehör der Chemie-Gigant ausstellen wird. Wie der DV-Marktführer IBM läßt auch diese Unternehmung keinen Blick durch irgendeine Tür oder ein Loch zu, hat sogar den Stand noch zusätzlich mit großflächigen Planen verhängt. Nur ganz oben schauen Firmenzeichen und -name ein bißchen heraus.

Unterschiedlich ist die Standbesetzung für den Messeaufbau: drei bis fünf Mann sind es meist bei den größeren Firmen, so sie jetzt schon dort sind. Triumph/Adler weist die größte Besetzung auf. Da mußten aber die Leute wegen Unterbodenkabeln die Boden aufreißen. Bei Honeywell wird eifrig getestet: Standaufbauleiter Schneider: "Wir sind schon ganz schön weit. Die Aufräumarbeiten sind dann fast nur noch Formsache".

Die ADS des Getränkehändlers Kurt Vorlop stapelt beim ersten Hinsehen tief: Ein einziger Mann aus der Werbeabteilung baut den nicht eben kleinen Stand ganz alleine auf. Hans Krämer, aber der "stützt sich weitgehend auf den traditionellen Stand, das geht dann fix".

Bei Nixdorf ganz in der Nähe - nichts als verschlossene Kisten. Schwer zu sagen, ob das schon die Neuheiten sind, die der Computerbauer aus Paderborn auf der Messe präsentieren wird.

Im eigentlichen Zentrum der Büro- und Informationstechnik ist eines aber sicher neu bei Eröffnung am 19.4.: Die neue Klimaanlage für 8 Mio. DM von Sulzer/Escher/Wyss. Noch allerdings meint Hans Krämer von ADS lakonisch: "Nix zu merken." Die Messe AG weiß natürlich, daß dies nur jetzt noch der Fall ist. Ab Mitte nächster Woche jedoch herrscht dann bessere Luft für Besucher und Standbesatzung von CeBIT.

Und 1979 ist wieder alles anders, großzügiger, moderner, neu bei CeBIT. Dann bekommt die Halle 1 ihr Gegenüber, die Halle zwei, hinzu, verbunden durch einen Personen-Übergang. Dann kann man getrost werbend texten: "CeBIT jetzt hoch drei".

Fotos: Hans-Jürgen Fratzer