Computer zählt Proteste gegen Airport München II

25.03.1977

MÜNCHEN (CW) - Viel Ärger gibt es um den geplanten Neubau des Großflughafens München II im Erdinger Moos. Die Bewohner der umliegenden Gemeinden wehren sich erbittert gegen das Projekt, was sich in zahlreichen Protestaktionen und -schreiben niederschlägt. Um die inzwischen auf 27000 Einwendungen angewachsene Flut von Gegenargumenten aufzulisten und zu ordnen, war die Regierung von Oberbayern gezwungen, die Hilfe eines Computers in Anspruch zu nehmen. Die Verarbeitung obliegt in diesem Verfahren dem Bayerischen Landesamt für Datenverarbeitung München.

"Seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens im Oktober 1974 arbeiten wir mit Datenverarbeitung", berichtet der Leiter des Verfahrens bei der Regierung von Oberbayern, Oberregierungsrat Graf von Bernstorff. "Ein Computereinsatz schien uns gerechtfertigt und auch notwendig."

Bei der Erstellung des Programms konnte man auf die Erfahrungen bei der Planung des Hamburger Flughafens zurückgreifen, doch wurde in München noch der Fakt "Sachgründe" hinzugefügt.

EDV-Komponente ist hardwareseitig eine 370/158 mit 1024 K; als Software OS/VS2; Programmiersprache ist ANS1/COBOL. Als Modularprogramme sind ORAG-04 und SPSS (Hauptspeicherbedarf 200 KB) im Einsatz. Angeschlossen sind ein Datenbildschirm IBM 3275 Modell 2; eine Stapelstation IBM 3780; ein Magnetplattenspeicher IBM 3330, Modell 1 mit 100 Millionen Bytes und eine Magnetbandeinheit IBM 3420, Modell 3 (9-Spur).

Den Verantwortlichen war - so ein Sprecher des Landesamtes für Datenverarbeitung - von vornherein klar, daß nur mit dem Einsatz eines Großrechners das Problem sinnvoll geregelt werden kann: "Bei Bedarf müssen die Daten ohne zeit- und arbeitsaufwendige Umwege verfügbar sein." Aus diesem Grund bedient man sich auch des Online-Verfahrens mit relativer Satzadressierung. So können im Dialog mit dem Computer die notwendigen Adressen und Sachgründe geklärt, Änderungen eingegeben und neue Adressen erfaßt werden. Der Datenschutz wird durch ein zugeordnetes Codewort garantiert, die Sicherung der Bänder erfolgt im back-up.

Die Ersterfassung der Einwendungen wurde mittels eines Philips-Datensammelsystems X 1150 vorgenommen. Entscheidendes Kriterium in der praktischen Anwendung ist, daß die Einwender "nach Sachgründen" zu den Erörterungsterminen berufen werden können, damit bei den geplanten Diskussionen keine verfehlte Thematik und keine Verzettelung auftritt - das ist bisher noch nicht geschehen.