PC-Hersteller sucht nach Windows-Alternativen

Compaq nimmt Be-OS für Web-Terminals in Lizenz

07.01.2000
MÜNCHEN (CW) - Compaq Computer hat mit dem Betriebssystem-Anbieter Be Inc. ein Lizenzabkommen geschlossen. Es erlaubt dem PC-Lieferanten, in seinen geplanten Internet-Terminals die Be-OS-basierte Softwareplattform "Stinger" zu installieren.

Der Vertrag scheint die logische Folge der Strategieänderung bei Be zu sein: Im Mai 1999 positionierte sich das Softwarehaus als Anbieter von Betriebssystemen für Appliances, also von Settop-Boxen und Internet-Terminals. Dazu entwarf das Unternehmen die Plattform Stinger, die auf Be-OS basiert und einen Browser von Opera sowie eine Java Virtual Machine und verschiedene Zusatzkomponenten wie etwa den Real Player integriert.

Für Compaq, so ein Firmensprecher, ist das Abkommen lediglich eine von vielen Alternativen zu Microsofts Windows CE. Diese Aussage ist überraschend, denn der PC-Hersteller ist einer der Anbieter, die sich hinter Microsofts Internet-Terminal "Web Companion" gestellt haben. Bill Gates selbst hatte dieses Handheld-Gerät auf der Comdex angekündigt. Es soll unter Windows CE laufen und dem Surfer den schnellen und drahtlosen Zugang zu Microsofts Online-Dienst MSN verschaffen.

Compaq hält sich sehr bedeckt, was die eigenen Arbeiten an Internet-Appliances betrifft. Das Lizenzabkommen mit Be und die Unterstützung von Microsofts Web-Companion waren bislang die einzigen Hinweise auf Entwicklungsvorhaben. Angeblich soll das Unternehmen aber auch Linux als Betriebssystem für Set-top-Boxen und Web-Terminals evaluieren. Dennoch werten Marktbeobachter die Vereinbarung mit Be nicht als Finte. Ein Lizenzabkommen abzuschließen, ohne es zu nutzen, wäre natürlich ein falsches Signal an Entwickler. Der große Wurf dürfte Be damit dennoch noch nicht gelungen sein, denn die Vereinbarung ist nicht exklusiv und auch nicht an bestimmte Absatzmengen gebunden. Ein Schwergewicht wie Compaq im Rücken dürfte jedoch andere Anbieter dazu bewegen, sich nach Windows-Alternativen umzusehen. Das hat das in Denver, Colorado, ansässige Unternehmen Quibit bereits getan und sich ebenfalls für Be-OS entschieden. Das Betriebssystem wird auf dem drahtlosen "Web Tablet" zum Einsatz kommen. Das Internet-Zugangsgerät soll im zweiten Quartal 2000 auf den Markt kommen und ein 10,4-Zoll-LC-Farbdisplay mit integrierten Touchscreen sowie Stereolautsprecher und Mikrofon beinhalten.