Microsoft unter Druck

Cloud-Konkurrenz ruft Kartellbehörden auf den Plan

13.07.2022 von Martin Bayer
Microsoft will keinen Streit mit den Kartellbehörden und versucht die europäischen Cloud-Konkurrenten zu besänftigen. Doch die wollen sich nicht mit den Angeboten des US-Konzerns abspeisen lassen.
Den kleineren Cloud-Anbietern in Europa reicht es. Sie wollen, dass die Kartellbehörden Microsoft ordentlich Druck machen.
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Die Fronten zwischen Microsoft und kleineren europäischen Cloud-Konkurrenten scheinen sich zu verhärten. Im vergangenen Jahr hatten der französische Anbieter OVHCloud sowie eine Koalition rund um Nextcloud, ein Entwickler und Anbieter von freier Software für den Cloud-Einsatz, Beschwerde bei den europäischen Kartellbehörden eingereicht. Die Vorwürfe konzentrierten sich auf die Art und Weise, wie Microsoft Produkte wie zum Beispiel Microsoft 365 und Windows immer tiefer mit anderen Software- und Serviceprodukten integriert. . Beispielsweise werde OneDrive überall dort eingesetzt, wo Nutzer Daten speichern müssten, und Teams sei mittlerweile ein Standardbestandteil von Windows 11. "Das macht es fast unmöglich, mit eigenen SaaS-Diensten zu konkurrieren", werfen die Wettbewerber Microsoft vor.

Die großen Cloud-Hyperscaler Microsoft, Google und AWS hätten in den vergangenen Jahren ihren Anteil am europäischen Cloud-Markt auf 66 Prozent erhöht, während der Anteil der lokalen Anbieter von 26 auf 16 Prozent geschrumpft sei, beklagen die Verantwortlichen von Nextcloud. Ursache für das Wachstum der Tech-Giganten sei wettbewerbsschädigendes Verhalten, das müsse gestoppt werden.

Einmal Monopolist - immer Monopolist?

Nextcloud spricht von einer ähnlichen Situation wie in den späten 90er Jahren, "als Microsoft den Internet Explorer mit Windows bündelte und damit Netscape zerstörte". Andere Tech-Riesen wie AWS und Google zeigten ein ähnliches Verhalten. Die Europäische Kommission solle in diesem Zusammenhang klar Stellung beziehen. Schließlich sei allgemein anerkannt, dass der Markt für Cloud-Dienste von strategischer Bedeutung für die Entwicklung des gesamten digitalen Sektors in der EU sei.

Microsoft bemüht sich derweil darum, die Situation zu entschärfen und Streit mit den Kartellbehörden zu vermeiden. Den kann der Softwarekonzern aktuell gar nicht gebrauchen. Microsoft will schließlich für 69 Milliarden Dollar den Spieleanbieter Activision Blizzard übernehmen. Diesen Deal prüfen derzeit Wettbewerbshüter weltweit. Nachdem bereits mehrere Abgeordnete des US-Kongresses Bedenken gegenüber der Federal Trade Commission (FTC) geäußert hatten, zog kürzlich die britische Competition and Markets Authority (CMA) nach. Man habe eine Untersuchung eingeleitet und werde prüfen, ob Kunden am Ende höhere Preise zahlen müssten bei geringerer Auswahl und schlechterer Qualität, kündigten die Kartellwächter auf der Insel an.

Microsoft gelobt Besserung, ...

Microsoft hatte bereits im Mai angekündigt, die Beschwerden der Cloud-Konkurrenz ernst zu nehmen und künftig besser zu kooperieren. Die Verantwortlichen räumten ein, dass ihre Softwarelizenzierungspraktiken kleinere Cloud-Anbieter in Europa benachteiligen könnten und gelobten Besserung. "Als großer Technologieanbieter sind wir uns unserer Verantwortung bewusst ", schrieb Brad Smith, President und Vice Chair von Microsoft, in einem Blog-Beitrag.

Brad Smith, President und Vice Chair von Microsoft, versucht die Wogen zu glätten. Der Softwarekonzern kann derzeit keinen offenen Streit mit den Kartellbehörden riskieren.

Microsoft versprach, enger mit den europäischen Cloud-Anbietern zusammenzuarbeiten. Diese sollen künftig leichter Microsoft-Produkte in ihren eigenen Cloud-Infrastrukturen hosten können. Dadurch werde die Cloud-Konkurrenz wettbewerbsfähiger, hieß es von Seiten des US-Softwareherstellers. Laut einem Bericht des Wall Street Journal soll ein Anwalt von Microsoft dem Geschäftsführer von Nextcloud, Frank Karlitschek, ein Angebot unterbreitet haben. Demzufolge habe der Konzern Nextcloud Vorteile angeboten - einschließlich der Werbung für Nextclouds Logo in Microsofts Marketingmaterial -, wenn das deutsche Unternehmen die Beschwerden fallen lassen würde.

... doch die Wettbewerber wollen mehr als Kekse

Doch Karlitschek lehnte ab. "Er hat uns im Grunde einen Keks angeboten", antwortete der Manager dem WSJ zufolge. "Es geht nicht darum, irgendwo ein Logo zu haben oder ein schnelles Geschäft zu machen. Daran sind wir nicht interessiert. Wir sind insgesamt besorgt über die aktuelle kartellrechtliche Situation."

Frank Karlitschek, Geschäftsführer von Nextcloud, will von den Geschenken Microsofts nichts wissen.

Auch von Microsofts Plänen, den europäischen Wettbewerbern mit verbesserten Lizenzoptionen entgegenzukommen, halten die Nextcloud-Verantwortlichen nichts. Am Ende blieben die europäischen Cloud Services Provider (CSPs) an Microsoft-Produkte gebunden. Wenn sie sich irgendwann dagegen entschieden, würden sie ihre Kunden verlieren. Darüber hinaus stünden die CSPs immer noch im Wettbewerb mit den von Microsoft selbst gehosteten Produkten. "Es ist wirklich keine Win-Win-Situation", heißt es in einem Blogbeitrag des Softwareentwicklers. "Microsoft erntet den ganzen Ruhm und bringt langsam die kleineren Cloud-Anbieter zu Fall."

Microsoft könne so viele Programme und Angebote platzieren, wie es wolle, sie würden nicht einmal annähernd ausreichen, um die unlauteren Lizenzierungspraktiken und die wettbewerbswidrige Einschränkung von Produktivitätsplattformen durch Cloud-Dienste zu beenden, kommentieren die Wettbewerber die Avancen des US-Softwarekonzerns. Durch den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung untergrabe der Konzern den fairen Wettbewerb und schränke die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher auf dem Markt für Cloud-Computing-Dienste ein.