Verschlüsselungsstandards sind zu niedrig

Cloud-Anbieter haben Nachholbedarf beim Thema Sicherheit

15.11.2016 von Malte Pollmann
Obwohl immer mehr Anwendungen in die Cloud wandern, ist der Verschlüsselungsstandard dort noch längst nicht auf dem Niveau von On-Premise-Lösungen. Höchste Zeit, das zu ändern – zumal die passenden Tools bereits auf dem Markt sind.

Der aktuelle Trend zu Cloud-Anwendungen ist ein klarer Rückschritt in Sachen Datensicherheit. Denn bei der Migration in die Wolke bleiben meist bisherige Sicherungsmechanismen auf der Strecke. Ein Beispiel ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mit Hardware-Sicherheitsmodulen (HSM), die sich in kritischen Anwendungen wie etwa beim Zahlungsverkehr längst etabliert haben. Die dedizierten Geräte in der IT-Infrastruktur haben die Aufgabe, sichere Schlüssel via Zufallszahlengenerator zu erzeugen und diese auch zu verwalten. Damit lassen sich unautorisierte Zugriffe von Cyberkriminellen oder neugierigen Regierungen ausschließen.

Nur wenige Cloud-Provider bieten eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mit Hardware-Sicherheitsmodulen.
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Nur zwei Anbieter, nämlich Microsoft mit Azure und Amazon mit Amazon Web Services, bieten bis heute HSM-Funktionen in der Cloud an. Doch auch diese Angebote haben Einschränkungen: So kann der Anwender die angebotene HSM-Funktion zwar gut mit dem Cloud-Angebot des jeweiligen Anbieters einsetzen. Möchte er aber einen anderen Service nutzen und hierfür das HSM anbinden, ist dies nicht möglich.

Umdenken, bevor es zu spät ist

Die Aufgabe der Cloud-Anbieter ist es also umzudenken, bevor sie mit altbekannten Problemen konfrontiert werden, an deren Lösung wir eigentlich schon sei etwa zehn Jahren arbeiten: kompromittierte Schlüsseldaten, unbefugt veröffentlichte Anwenderdaten, Transaktionsmissbrauch im Zahlungsverkehr, Angriffe auf Unternehmensinfrastrukturen über vermeintlich gesicherte Ports - die Liste ließe sich beliebig forsetzen.

Wenn Cloud Security dem CISO den Schlaf raubt
Security-Verantwortlichkeiten
Ihr Cloud-Provider ist für die IT-Sicherheit seiner Infrastruktur verantwortlich. Ihr Unternehmen ist hingegen dafür verantwortlich, welche Nutzer Zugriff auf seine Ressourcen und Applikationen erhalten. Mit anderen Worten: Sie müssen sich um das Management der Zugriffsrechte kümmern und dafür sorgen, dass sich User und Devices, die Cloud-Zugriff benötigen, authentifizieren. <br><br /> Tipp für CISOs: Erstellen Sie Security-Protokolle wie Authentifizierungs-Richtlinien, Verschlüsselungs-Schemata und Datenzugriffs-Richtlinien. Benutzen Sie IAM (Identity & Access Management) um den Nutzerzugriff auf Services und Daten abzusichern und einzuschränken. Außerdem sollten Sie ein Audit durchführen, um Compliance-Verstöße oder unauthorisierten Zugriff sichtbar zu machen.
Unmanaged Traffic
Es gab eine Zeit, da war es in Unternehmen Gang und Gäbe, dass alle User Connections durch einen allgemeingültigen Security-Checkpoint müssen. In Zeiten von Netzwerk-Vielfalt und mobilen Devices ist das nicht mehr praktikabel. Unmanaged Traffic bezeichnet im Übrigen Bandbreitennutzung, über die Sie nichts wissen. Das kann von Usern verursachter Datenverkehr sein, oder Cloud-to-Cloud-Traffic, der in der Regel signifikant ausfällt. Datenverkehr, der Ihnen nicht bekannt ist, kann auch nicht durch den Security Checkpoint geleitet werden. <br><br /> Tipp für CISOs: Cloud Services mit einem Checkpoint - also Proxy - abzusichern, sorgt für zahlreiche Sicherheitslücken. Sie sollten deshalb Nutzer und Daten des Cloud Services über APIs absichern. Unauthorisierten Zugriff decken sie über Monitoring, privilegierte Administratoren und Apps von Drittanbietern auf.
Managed Traffic
Wenn Sie sich dafür entscheiden, den Datenverkehr, über den Sie Bescheid wissen - also den Managed Traffic - durch einen zentralen Checkpoint zu leiten, kann darunter die Performance leiden. Der Grund: große Datenmengen sorgen für Stau im Netzwerk. Fällt die Performance ab, führt das wiederum dazu, dass frustrierte User Wege suchen, den Stau zu umgehen. <br><br /> Tipp für CISOs: Bewerten Sie in Frage kommende Sicherheitslösungen nach Ihren Use Cases. Einige Drittanbieter haben Security Tools im Programm, die sämtliche Cloud Services - also SaaS, PaaS und IaaS - ohne zentralen Checkpoint absichert.
User-Eigenmacht
Eigenmächtige User können für die Entstehung neuer Sicherheitsrisiken sorgen, wenn sie unbemerkt Traffic verursachen. Eine weitere Folge kann ein Erstarken der sogenannten Schatten-IT sein. In diesem Fall könnten User ohne Wissen der IT-Abteilung Applikationen und andere Ressourcen nutzen, die nicht authorisiert sind. <br><br /> Tipp für CISOs: Schatten-IT sorgt für Compliance-Verstöße und kann für ineffiziente und inkonsistente Prozesse verantwortlich sein. Sie sollten deshalb gemeinsam mit Ihrem Team die Nutzung von Schatten-IT im Unternehmen identifizieren und auf dieser Grundlage Richtlinien entwerfen, die nicht nur der IT-Abteilung, sondern auch allen anderen Abteilungen helfen, im Sinne der IT-Sicherheit produktiv und effizient zusammenzuarbeiten.
Kein Mut zur Lücke
Die meisten Cloud-Security-Lösungen legen ihren Fokus auf den Schutz von SaaS-Applikationen - was wiederum für grobe Sicherheitslücken sorgen kann. Für eine ganzheitliche Security-Strategie sollten Sie den Schutz aller Daten, User und Devices über SaaS-, IaaS- und PaaS-Applikationen forcieren. <br><br /> Tipp für CISOs: Die Risiken und Schwachstellen von IaaS-, PaaS- und SaaS-Modellen unterscheiden sich grundlegend. Sie sollten deshalb nach einer ganzheitlichen Lösung Ausschau halten, die die Cloud in ihrer Gesamtheit abdeckt.
Wahl der richtigen Security-Lösung
Derzeit gibt es zwei grundlegende Ansätze für das Deployment einer Cloud-Security-Lösung: den Proxy- und den API-Ansatz. Beide haben ihre vOr- und Nachteile - aber woher weiß man, welcher Ansatz der richtige ist? <br><br /> Tipp für CISOs: Denken Sie an die Bedürfnisse Ihres Unternehmens. Suchen Sie nach einer Proxy-Lösung, die Überwachung in Echtzeit ermöglicht? Oder ist der ganzheitliche API-Ansatz besser geeignet, der eine serviceübergreifende Absicherung aller Daten, Nutzer und Devices ermöglicht?

Die Risiken potenzieren sich außerdem mit der zunehmenden Vernetzung. Wie schnell diese voranschreitet, zeigt eine aktuelle Prognose von Gartner. Demnach wird sich die Fertigung neuer Fahrzeuge, die durch ein integriertes Kommunikationsmodul oder ein mobiles Endgerät über eine Datenverbindung verfügen, im Jahr 2016 voraussichtlich auf 12,4 Millionen belaufen. Bis 2020 soll die Zahl auf 61 Millionen ansteigen. Eine ähnliche Entwicklung ist auch in anderen Branchen zu erwarten. Gar nicht auszudenken, welches Ausmaß die oben genannten Sicherheitsvorfälle dann hätten.

Idealerweise sieht die Lösung so aus, dass Cloud-Provider zukünftig neben dem Bereitstellen und dem Betrieb auch die Administration von Hardware-Sicherheitsmodulen anbieten. Konsequent eingesetzt, würden Cloud-Anwender also nicht nur von Vorteilen wie hoher Skalierbarkeit, Flexibilität und Verfügbarkeit profitieren, sondern könnten auch die Verwaltung eines HSM nach Bedarf in Anspruch nehmen. Und das Beste: Sie hätten das gute Gefühl, dass ihre Daten auch in der Cloud sicher aufgehoben sind. (haf)