Client-Administration ohne Kilometergeld

31.05.2002 von Thomas Gröhl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Aufwand für die Verwaltung der PCs im Unternehmen ist immens. Eine wohlüberlegte und konsequent durchgeführte Desktop-Management-Strategie gehört zu den wirksamsten Methoden, um schnell Kosten zu sparen und das Personal zu entlasten.

Die Anforderungen an die IT-Administration wachsen mit einer Client-Landschaft, die immer komplexer wird. Das Personal für den PC-Support ist teuer und knapp. Die Unternehmen sehen sich zunehmend unter Druck, für eine Entlastung der Mitarbeiter bei operativen Tätigkeiten zu sorgen.

Quelle Fujitsu/Siemens

Schon 1998 hat die Gartner Group einen Bericht veröffentlicht, dem zufolge die Anschaffungskosten nur 30 Prozent der PC-Gesamtkosten ausmachen. Die restlichen 70 Prozent sind Betriebskosten. Sie setzen sich aus Kosten für Verwaltung, Betreuung, Training und Aufwand der Anwender zusammen. Dieser Betriebskostenanteil dürfte sich bis heute kaum verringert haben. Ihn gilt es zu senken.

Auch wenn Thin-Client- und Web-Konzepte in vielen Unternehmen für eine Entlastung gesorgt haben, so ist doch mittlerweile klar geworden, dass sich Terminal-Server und Applikations-Server aus technischen oder organisatorischen Gründen nicht für alle Aufgaben eignen. Rollouts von neuen Anwendungen oder Betriebssystem-Updates für Hunderte oder gar Tausende von PCs sind ohne geeignete Werkzeuge nicht sinnvoll zu bewerkstelligen. Das IT-Management sieht sich mit vielfältigen Herausforderungen für die Desktop-Management-Strategie konfrontiert. Die wichtigsten sind:

Rollouts beschleunigen: Die Technologieentwicklung im Hardware- und Softwarebereich ist ungebrochen stürmisch und führt dazu, dass die Anwender permanent Upgrades und Updates fordern. In großen Netzen ist das eine Sisyphus-Arbeit: Wenn eine Baustelle geschlossen wird, muss die nächste eröffnet werden. Neue, leistungsfähigere Hardware, neue Betriebssysteme wie Windows 2000 oder XP, neue Office-Anwendungen oder Service-Packs sollen installiert werden. Die Technologie-Entwicklungsgruppe (TEG) der Fraunhofer-Gesellschaft stellte in einer Studie fest, dass die Mehrheit der Unternehmen mehr als viermal jährlich Änderungen an ihren Client-Installationen vornimmt.

Standards einführen: Eiserne Disziplin ist gefragt, wenn die divergenten Anwenderinteressen zu einem sinnvollen Standard zusammengeführt werden sollen. Nur mit Selbstbeschränkung und einem klaren Konzept lässt sich der Pflegeaufwand begrenzen.

Service verbessern: Die Systeme zuverlässig und leistungsfähig zu machen, bei Problemen schnell reagieren, die Produktivität der Anwender sicherstellen - mit diesen Anforderungen werden PC-Administratoren täglich konfrontiert. Nur mit Standards und Automatisierung kann die Servicequalität auf hohem Niveau gehalten werden.

Kosten reduzieren: Sinkende Budgets betreffen nicht nur neue IT-Projekte, sondern auch den Unterhalt. Administratoren sind gezwungen, mit weniger Geld die selbe Leistung zu erbringen.

Die Herausforderungen an das IT-Management entsprechen der Quadratur des Kreises: Alles soll schneller und besser werden und das bei reduzierten Budgets.Eine Reihe von Herstellern von Software zum Desktop-Management versucht sich an der Lösung dieser Aufgabe. Die Ergebnisse reichen von der simplen Softwareverteilung bis zum umfassenden Lifecycle-Management von Desktops und Applikationen. So unterschiedlich die Ansätze im Detail sind - es gibt eine Reihe von Funktionsbereichen, die vielen Lösungen gemeinsam sind oder die sich zumindest ähneln.

Die Verteilung von Software und ihre Installation auf PCs im Netz gehört zu den Basisfunktionen von Desktop-Management-Systemen. Dabei können komplexe Zusammenstellungen von Dateien oder ganze Produktinstallationen verteilt werden. Viele Hersteller nutzen ein Snapshot- oder Cloning-Verfahren für das Erstellen von Distributionsdateien. Einige setzen auf die Original-Setup-Routinen der jeweiligen Applikationen und gewinnen damit mehr Flexibilität beim Hinzufügen, Konfigurieren oder Entfernen von Anwendungen. Verbreitet sind folgende Verteilverfahren:

Sofort-Distribution: Sie findet statt, wenn der Zielknoten benutzt oder eingeschaltet wird.

Verzögerte Distribution: Sie erlaubt dem Administrator, die Distribution für einen Zeitraum zu planen, in dem das Netz wenig belastet ist. Neuere Systeme ermöglichen das "Aufwecken" eines PC. Voraussetzung dafür ist "Wake-on-LAN", eine von Intel spezifizierte Funktion, die bei heutigen PCs gängig ist.

Abruf-Distribution (oder "Pull-Distribution"): Hier wird Software auf Abruf bereitgehalten. Die Benutzer können dann bei Bedarf die für sie relevante Applikation installieren.ation installieren.

Bei der Installation scheiden sich die Geister. Ausgereifte Systeme ermöglichen von der Formatierung und Partitionierung der Festplatte, über Bios-Flashes und Betriebssysteminstallationen bis hin zur Installation und Konfiguration der Applikationen eine komplette Automatisierung. Eine Disaster-Recovery-Funktion und Wiederherstellung der Ausgangssituation ist unumgänglich, um im Problemfall schnell die Arbeitsbereitschaft herzustellen.

Die Softwareverteilung ist der entscheidende Kostentreiber im Desktop-Management. Laut Gartner Group schlägt das Aufsuchen eines Desktop-Computers für ein Software-Upgrade mit etwa 150 Euro zu Buche. Bei mobilen Anwendern steigen die Kosten auf bis zu 225 Euro pro Administratorbesuch. Bei Desktop-Managemen-Systemen, die nur Teilbereiche der Softwareverteilung abdecken, zum Beispiel Erst- oder Standardinstallation einer Anwendung, fallen demnach weiterhin Kosten für die Nachkonfiguration oder die Personalisierung einer Anwendungen vor Ort und dergleichen an.

Kommentar von CW-Redakteur Jan Schulze

Graue Mäuse der IT: Desktops bilden die graue Masse in der Unternehmens-IT. Ihre Existenz und vor allem ihre Funktionstauglichkeit wird als gegeben vorausgesetzt. Die Beschaffung neuer PCs ist kein Thema, das den IT-Manager oder Administrator fesseln kann. Mittlerweile sind Arbeitsplatzrechner reine Commodity-Produkte geworden - austauschbar und jederzeit verfügbar.

Desktop-Management ist ein undankbarer Job: Die Anwender merken von der Existenz der Administratoren nur etwas, wenn die Systeme nicht funktionieren. Perfekt arbeitende Rechner werden kaum Begeisterung bei den Usern auslösen. Das ist ja schließlich selbstverständlich.

Ein funktionierendes Netz aus stationären und vielleicht auch mobilen Clients ist in der Praxis jedoch alles andere als selbstverständlich. Updates, Softwareverteilung, Fehlerbeseitigung, User-Support - der tägliche Betrieb sorgt dafür, dass keine Langeweile bei den Systemverwaltern aufkommt. Auch die Kosten sind immens: Die Gartner Group schätzt zum Beispiel den durchschnittlichen Aufwand für einen Anwender-Hilferuf auf 30 bis 35 Dollar ein.

Turnschuh-EDV, bei der Administratoren von Rechner zu Rechner gehen, kann sich wohl kaum ein Unternehmen mehr leisten. Wartung, Software-Rollouts, Inventarverwaltung und so weiter ist nur durch den Einsatz geeigneter Werkzeuge effektiv und effizient zu gestalten.

Ohne Clients ist im Unternehmen kaum ein Arbeitsprozess möglich. Entsprechend wichtig sind durchdachte Strategien, mit denen die Betriebsbereitschaft garantiert werden kann - und die den Budgets Rechnung tragen.

Doch egal, welche Architekturen, Plattformen und Tools eingesetzt werden - auch eine vollautomatisierte und perfekte Desktop-Landschaft entfacht keine Jubelstürme bei den Anwendern. Aber die richtige Strategie vereinfacht die tägliche Arbeit der Administratoren, senkt die Kosten und stabilisiert die Geschäftsprozesse.

Unerlässlich für die gezielte IT-Verwaltung ist es, über den Bestand an Hard- und Software genau Bescheid zu wissen. Die Inventurfunktionen der Desktop-Management-Systeme liefern detaillierte Informationen über die installierte Hard- und Software auf jedem PC im Netz. Wichtig ist dabei die Unterstützung der DMI-Definition (Desktop Management Interface), einem Standard für die Speicherung von Inventardaten von Hard- und Software. Diese Schnittstelle wird zunehmend von den Herstellern unterstützt.

Eine Nutzungsmessung liefert Angaben darüber, wie stark die Anwender bestimmte Softwareprodukte nutzen. Damit erhält der Administrator Antwort auf Fragen wie "Brauche ich mehr oder weniger Lizenzen?", "Setzen die Anwender unlizenzierte Software ein?" oder "Welche Anwender einer Applikation sind Kandidaten für ein Training?". In den Unternehmen kann der Vergleich von vorhandenen und benutzten Lizenzen zu Einsparungen führen und darüber hinaus bei der Abwehr illegaler Softwarenutzung helfen. Argumente, für die jeder Geschäftsführer ein Ohr haben müsste.

Schnelle und verlässliche Fernwartung macht Vor-Ort-Besuche überflüssig. Dabei werden Fehler am entfernten System von der Zentrale aus korrigiert und das System per Fernbedienung gestartet. Sicherheitsfunktionen ermöglichen es dem Anwender, den Zugriff aus der Zentrale abzulehnen oder zuzulassen.

Immer mehr Unternehmen rüsten Mitarbeiter im Außendienst mit mobilen Systemen und PDAs aus. Diese Systeme müssen vom Desktop-Management-System erfasst und mitbetreut werden. Das bedeutet Remote-Unterstützung der Synchronisationssoftware und PDA-Applikationen notwendig. Erst wenige Hersteller haben sich dieser Aufgabe angenommen. Dabei schätzen Analysten wie IDC, dass bereits im Jahr 2003 rund ein Viertel des Aufwands für Desktop-Management-Aufgaben auf die Administration mobiler und Remote-Geräte entfällt.

Niemand zweifelt daran, dass mit der wachsenden Zahl von Computern auch die Belastung der Administratoren zunimmt: Immer mehr Systeme müssen gewartet, immer mehr Anwender betreut werden. Ohne strenge Standards und klare Regeln werden die Systemverwalter kein Land sehen. Deutliche Arbeitserleichterungen verprechen ausgereifte Desktop-Management-Lösungen. Die Funktionsbereiche Softwareverteilung, Inventarisierung, Lizenzverwaltung und Help-Desk werden so gut unterstützt, dass die Kosteneinsparungen und ein Return on Investment schneller und sicherer eintreten als bei vielen anderen IT-Projekten. Die TEG der Fraunhofer-Gesellschaft fand heraus, dass Unternehmen mit mehr als 100 Computern die Notwendigkeit einer Desktop-Management-Lösung sehen und ein Administrator mit Unterstützung durch Desktop-Management-Software mehrere 100 Computer betreuen kann. IDC ermittelte in einer Studie bei 18 Unternehmen eine Amortisation der eingesetzten Desktop-Management-Lösung in weniger als 80

Tagen. Selbst wenn dieser traumhafte Wert allzu optimistisch klingt, so kann er doch als Signal dafür gelten, dass Desktop-Management-Systeme einen wichtigen Beitrag zur höheren Produktivität der Anwender und Betreuer sowie besseren Verfügbarkeit der Systeme leistet.