Enterprise Wi-Fi

Cisco kauft Meraki für 1,2 Milliarden Dollar

19.11.2012 von Thomas Cloer
Der weltgrößte Netzausrüster Cisco Systems will das privat gehaltene Startup Meraki für 1,2 Milliarden Dollar in bar übernehmen.

Das teilte Cisco gestern am Firmensitz in San Jose mit (zuerst versehentlich in einem zu früh veröffentlichten Blog-Eintrag, dann war die Katze aus dem Sack). Meraki ist einer der wenigen Hardware-Anbieter in San Francisco und stellt Netzgeräte her, die man zentral über das Internet verwalten kann. Die Produkte zielen primär auf mittelständische und große Unternehmen ab, die damit ihre Funknetze sicher betreiben und die mobilen Endgeräte kontrollieren können, die Mitarbeiter ins Unternehmen "einschleppen" (BYOD = Bring Your Own Device).

Meraki wurde im Jahr 2006 von Sanjit Biswas, John Bicket und Hans Robertson gegründet, die am Informatiklabor der Technik-Uni MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Boston das "Roofnet"-Projekt entwickelt hatten. Größte Investoren sind Sequoia Capital und Google.

Was Meraki besonders macht sind laut Om Malik bei "GigaOM" seine Mesh-Netzsoftware und seine Cloud-basierende MDM-Plattform (Mobile Device Management). Vor allem diesen web-zentrischeren Softwareansatz könne Cisco dringend gebrauchen, speziell im Wettbewerb mit Aruba Networks.

"Die Welt wird wireless und die Nutzer erwarten schnelle Always-on-Connectivity, wo auch immer sie sich befinden", kommentiert Analyst Matthias Machowinski von Infonetics Research. "Unternehmen müssen mit dem steigenden Bandbreitenbedarf Schritt halten, und Netzausrüstung auf Basis der schnellen Standards 802.11n und bald 802.11ac ist ein Grund upzugraden."

Im Oktober hatte Meraki laut "Wall Street Journal" erklärt, es habe im dritten Quartal 3000 neue Kunden gewonnen und seinen Umsatz year-over-year um 150 Prozent gesteigert (ohne dabei absolute Zahlen zu nennen); außerdem legte die Company ein Programm mit kostenloser Netzausrüstung für Startups auf.

CEO Biswas schreibt in einem Brief an die Mitarbeiter, Meraki habe im vergangenen Jahr Aufträge im Wert von 100 Millionen Dollar geschrieben, sei mittlerweile cashflow-positiv und von 120 auf 330 Mitarbeiter gewachen.

Eigentlich, so Biswas, hätten die drei Gründer mit Meraki an die Börse gehen wollen. Ciscos Angebot mit einem guten Kaufpreis und die Tatsache, dass der Netzgigant Meraki weiter unabhängig in San Francisco arbeiten lassen wolle, habe das Trio ab letztlich vom Gegenteil überzeugt. "Cisco hat anerkannt, dass wir in San Francisco eine Kultur und Umgebung aufgebaut haben, dank derer wir über alle Bereiche hinweg Top-Talente gewinnen und halten konnten", so der Meraki-Chef weiter.

Cisco ist historisch immer wieder durch Zukäufe gewachsen. Der Konzern verfügt derzeit über eine mit 45 Milliarden Dollar prall gefüllte Kriegskasse. "Wir werden auch weiterhin zukaufen, um unser Wachstum zu befördern", hatte Finanzchef Frank Calderoni im Earnings Call vergangene Woche erklärt.

Vom Kabelschacht in die Chefetage
Vom Infrastruktur-Lieferant für Netzwerke zum Allround-Anbieter. So lässt sich die bewegte Geschichte von Cisco Systems zusammenfassen. In unserer Bildergalerie blicken wir zurück.
2015 - Robbins kommt
Das Eigengewächs Chuck Robbins führt von jetzt an Cisco als CEO. Ganz unbeaufsichtigt ist er nicht: Übervater John Chambers zieht als Aufsichtsratschef weiter die Fäden im Hintergrund.
2015 - Chambers geht
Mit John Chambers geht eine der Ikonen des Silicon Valley von Bord. Er war 20 Jahre ununterbrochen im Amt und hat 168 Firmen zugekauft. Er übergibt an seinen Zögling Chuck Robbins, der seit 1997 im Unternehmen ist.
2014 - Sourcefire gekauft
Den auf Sicherheitsequipment spezialisierten Anbieter lässt sich Cisco 2,7 Milliarden Dollar kosten.
2013 - Tuszik neuer Deutschland-Chef
Mit Oliver Tuszik bekommt Cisco einen neuen Deutschland-Chef, der zuvor sein Geld an der Spitze des Systemhauses Computacenter verdiente.
2013 - Unter Verdacht
Hat Cisco Backdoors für die amerikanischen Geheimdienste in seine Router eingebaut? Während dies nur ein nicht bestätigter Verdacht ist, ist etwas anderes sicher: Die Geschäftserfolge lassen weiter nach.
2012 - Übernahme NDS
Rund fünf Milliarden Dollar lässt sich Cisco NDS kosten, einen Anbieter von TV-Software.
2011 - Gary Moore
Chief Operating Officer Gary Moore kündigte 2011 massive Einsparungen mit Massenentlassungen an.
2010 - Carlo Wolf
2010 wird Carlo Wolf neuer Geschäftsführer von Cisco in Deutschland, Vorgänger Michael Ganser wechselt ins „Central Theatre“.
2009 - Flip camcorder
Mit den Flip-Camers der 2009 übernommenen Pure Digital Technologies will John Chambers den Endkundenbereich stärken. Doch der Erfolg bleibt aus.
2009 - UCS-Familie
Mit Unified Comuting System (UCS) nahm Cisco den Servermarkt ins Visier und propagierte ein völlig neues Design für Rechenzentren.
2009- Cisco UCS
Firmenchef Chambers sorgte mit UCS 2009 für einen Paukenschlag: Mit eigenen Rechnern wurden die Platzhirsche IBM, HP und Dell attackiert.
2007 - IP-Traffic
Einschätzungen, wie sich der IP-Verkehr von 2007 bis 2011 entwickeln könnte.
2005 - Michael Ganser
Er wird 2005 Chef der deutschen Cisco-Niederlassung.
2003 - IP phone 7970G
VoIP-Telefonie mit 7970G, das sogar über einen Touch-Screen-Monitor verfügt.
2003 - Phone 7920
Drahtlose Voice- und IP-Kommunikation (VoIP) mit dem „7920“ von 2003.
2003 - Ciscos Expansionspläne
2003 hat Cisco Linksys übernommen und damit den Einstieg in das Geschäft mit privaten Endkunden vorbereitet.
2002 - MDS-Familie
Mit der MDS-9000-Familie bediente Cisco den Speichermarkt und griff die damaligen Größen McData und Brocade an
2002 - MDS-9000
Mitte 2002 kündigte Cisco an, in den Markt für Speichernetze einzusteigen.
1999 - Aironet 1200
Mit der Übernahme von Aironet Wireless Communications 1999 begann Cisco. Lösungen für drahtlose Kommunikation anzubieten. Aironet 1200 war die Basisstation für innerbetriebliche Funknetze.
1999 - The 12000
Der Router „Cisco 12000“ entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Er konnte innerhalb eines Jahres mehr als 1000mal verkauft werden.
1996 - Andreas von Bechtolsheim
Er kreuzte zweimal Ciscos Wege: Zuletzt als Gründer von Granite Systems, das 1996 übernommen wurde. Von Bechtolsheim blieb einige Zeit bei Cisco und entwickelte die Catalyst-4000-Familie weiter.
1996 - Skizze Tag Switching
Tag-Switching, eine Neuerung, von der insbesondere die großen Carrier profitieren sollten. Den Nachfolger, Multiprotocol Label Switching (MPLS), nutzten viele für ihr Netzdesign.
1995 - John Chambers
Er kam 1991 zu Cisco, wurde 1995 President und CEO von Cisco.
1993 - Cisco 7000
Die „clean machine“ wurde der Router Cisco 7000 genannt, eine Weiterentwicklung der erfolgreichen AGS-Serie.
Catalyst-Familie
Die erfolgreichen Swichtes aus der Catalyst-Familie – ein Dauerbrenner für Cisco.
Maria Mazzola
Er war Chef von Crescendo Communications, das erste Unternehmen, das von Cisco übernommen wurde. Dessen „Catalyst“-Switche entwickelten sich für Cisco zum Verkaufsschlager. Mazzola blieb viele Jahre als Entwicklungschef bei Cisco.
1988 - John P. Morgridge
Er kam 1988 als President und CEO zu Cisco und brachte die Company 1990 an die Börse. Morgridge blieb bis 1995 Firmenchef, bevor er in den Aufsichtsrat wechselte.
1986 - Cisco erstes Produkt AGS
Als Advanced Server Gateway (AGS) vermarktete Cisco ab 1986 den ersten Multiprotokoll-Router, der auf den Entwicklungen der Blue Box in Stanford aufbaute.
Stanford University
Hier schlug die Geburtsstunde von Cisco: Sandy Lerner und Leonard Bosack arbeiteten beide hier bevor sie Cisco gründeten.
William Yeager
Yeager schuf das Herzstück für die Blue Box , das Netzwerkbetriebssystem NOS (Network Operating System), das sogar schon multitaskingfähig war.
Leonard Bosack
Mitbegründer von Cisco war an der Entwicklung der „Blue Box“ beteiligt.
Sandra Lerner
Mitbegründerin von Cisco, verließ 1990 das Unternehmen.
1985 MEIS
Das erste eigene Produkt von Cisco war MEIS, das Massbus Ethernet Interface Subsystem, das DEC-Großrechner verband. Es wurden nur wenige Exemplare geliefert.