E-Commerce für Gründer und Freiberufler

Chancen und Risiken beim Onlinehandel

11.07.2022 von Julia-Eva Seifert
Gründer und Freelancer müssen je nach Geschäftsidee über E-Commerce nachdenken. Doch welche Risiken es gibt es und worauf sollte man vorbereitet sein?
Am E-Commerce führt heute für Gründer fast kein Weg mehr vorbei. Doch wer einen eigenen Online-Shop anstrebt, sollte bei der Planung auch die Risiken bedenken und den eigenen Onlinehandel strategisch vorbereiten.
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Nach Angaben von statista.com lag der Umsatz im E-Commerce im Jahr 2021 bei 86,7 Milliarden Euro, für das Jahr 2022 wird ein Umsatz von 97,4 Prozent erwartet (Quelle: statista.com). Für Gründer und Freiberufler kann es sich daher lohnen, über den Onlinehandel nachzudenken.

Längst hat sich der Terminus E-Commerce für den elektronischen Handel im Internet im Sprachgebrauch eingebürgert. Gemeint ist damit also, dass eigene Produkte nicht im Ladengeschäft, sondern im Internet vertrieben, also ver- und gekauft werden. Ohne Online-Shop also kein E-Commerce.

Doch der Begriff umfasst noch mehr. Da die Waren, die die Kunden im Netz kaufen, auch bezahlt werden müssen, meint E-Commerce häufig auch Angebote wie Online-Banking sowie den Kundenservice über digitale Kanäle und/oder Plattformen (Facebook, Instagram…) gleich mit. E-Commerce gibt es sowohl im B2B- als auch im B2C-Geschäft.

E-Commerce: Die Optionen

Statt einen Laden lokal anzumieten, ein Sortiment auf Vorrat im Geschäft und im Lagerraum zu halten und Mitarbeiter einzustellen, die sich um die Präsentation und den Verkauf der Ware kümmern, kann man im E-Commerce all das ins Netz verlagern. Das spart im besten Fall eine Menge Zeit und Geld -vorausgesetzt man geht das Vorhaben richtig an. Und um das zu tun, muss man sich zunächst für eine Variante entscheiden, wie das E-Business aufgezogen werden soll:

Onlinehandel: Bezahlsystem und Vermarktung

Ein weiterer Vorteil des E-Commerce liegt darin, dass sich die Aktivitäten (die entsprechende Einverständniserklärung vorausgesetzt) der User überwachen lassen. Ein Ergebnis davon ist, dass man sich genauer ansehen kann, an welcher Stelle Nutzer ihren Kaufprozess abbrechen. Ganz entscheidend scheint dabei das gewählte Bezahlsystem zu sein.

In Deutschland nutzen Kunden, die online einkaufen, am liebsten Paypal. Bietet ein Online-Shop diese Bezahlvariante nicht an, ist die Chance groß, dass der Interessent nicht als Käufer gewonnen wird. Gründer sollten sich daher vorab gründlich darüber informieren, welche Optionen sie im Hinblick auf das Bezahlsystem haben und welche Zahlungsvariante bei der Zielgruppe besonders beliebt ist -?diese sollte dann angeboten werden. Natürlich ist es nicht damit getan, sich für die passende Zahlungsoption zu entscheiden. Gründer müssen die Kosten, die mit der jeweiligen Methode einhergehen, in ihre Gesamtkalkulation einkalkulieren. Bei Paypal müssen gewerbliche Händler beispielsweise einen gewissen Prozentsatz des Umsatzes an den Payment-Service-Provider zahlen. Auch bei Zahlung mit Kreditkarten ist in der Regel ein gewisser Obolus an das jeweilige Institut zu entrichten.

Zum Bezahlvorgang gehört außerdem, dass Rücksendungen und Gutschriften korrekt gebucht werden und der Online-Shop ein System für Rückzahlungen hat. Das manuell zu managen, wird kaum möglich sein. Daher setzen die meisten Händler im E-Commerce auf eine Buchhaltungssoftware, die diese Punkte steuern kann.

Damit die eigenen Produkte gefunden werden, müssen die Gründer auch an das richtige Online-Marketing denken. Im Netz gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, seinem E-Commerce-Business zum Erfolg zu verhelfen. Angefangen über Maßnahmen der Suchmaschinenoptimierung (SEO) und -werbung (SEA) über Affiliate- und E-Mail-Marketing Aktivitäten bis hin zu ganz gezieltem Marketing in den sozialen Medien.

Auch hier gilt, dass man sich als Gründer oder Freelancer zunächst einmal selbst daran versuchen kann, auf der anderen Seite aber auch genau durchrechnen sollte, ob es sich doch lohnen könnte, einen Profi mit dem Marketing zu betrauen. Denn die Zeit, die man als Neuling im E-Commerce damit zubringt, sich in Online-Marketing-Aktivitäten einzuarbeiten, fehlt an anderer Stelle.

Erfolgsbeispiele für Social Media Marketing
Pizza kommt per #EasyOrder
Seit Mai 2015 können Domino's-Kunden die Lieferung ihrer Lieblingspizza per Twitter veranlassen – dazu posten sie ein "Pizza-Emoji" an @Dominos oder nutzen den Hashtag #EasyOrder. Mehr als jeder zweite Pizzafan nutzt das bereits.
"Blinde Vorbestellung" bei Taco Bell
Die amerikanische Fast-Food-Kette Taco Bell startete im vergangenen Februar die "blinde Vorbestellaktion" eines neuen Produkts. Um was es sich handelte, blieb geheim – sicher war nur, dass es sich online vorbestellen ließ und dann am 6. Februar zwischen 14 und 16 Uhr im lokalen Restaurant abgeholt werden konnte. Die Taco-Bell-Jünger kamen in Scharen.
Edeka-Video #HeimKommen
Das weihnachtliche Werbevideo der Supermarktkette Edeka berührte im vergangenen Winter viele Hunderttausende Zuschauer.
Niveas zweite Haut
Auch dieser Weihnachtsclip aus 2015 ging viral: Kosmetik-Hersteller Niva stellte sein "Second Skin Project" vor und erreichte deutlich sechsstellige Abrufzahlen.
Snapchat-Kampagne zur Oscar-Verleihung
PricewaterhouseCoopers (PwC) kümmert sich seit 82 Jahren um die Auszählung der Stimmen für die Academy Awards, im Volksmund auch Oscar-Verleihung genannt. Für die 2016er-Ausgabe startete PwC eine Snapchat-Story rund um die berühmten goldenen Umschlägen mit den Oscar-Gewinnern. Viele neue Fans und ein Shorty Award waren der Lohn.
Lustige Sprüche frei Haus
"Unsere Klingen sind so gut, dass du sie einen ganzen Monat lang benutzen kannst" - das Start-up Dollar Shave Club verschickt unter diesem Claim im Monatsabo Rasierer und Rasierklingen per Post. Die zugehörige Marketing-Kampagne mit Bildern abgewetzter Klingen und lustigen Sprüchen sorgte für eine große Aufmerksamkeit im Social Web.
Für eine Handvoll Dollar
Black Friday als Konsum-Höhepunkt des Jahres? Der Partyspiel-Anbieter "Cards Against Humanity" machte da im vergangenen Jahr nicht länger mit. Er nahm seinen Shop einen Tag lang vom Netz und bot den Kunden stattdessen "nichts" für fünf Dollar an. Die dankten es ihm und zahlten - es kamen über 71.000 Dollar zusammen.
Luxus bei Snapchat
Das britische Modelabel Burberry war im April 2016 die erste Luxusmarke, die eine native Snapchat-Werbeanzeige buchte. 24 Stunden lang wurde ein neues Parfum beworben - mit exklusiven Videos, darunter dem Kurzfilm "Mr. Burberry" des Oscar-prämierten Regisseurs Steve McQueen, der binnen eines Monats bei Youtube fast 370.000 Mal aufgerufen wurde.
"Deadpool" – ein durchschlagender Erfolg
Das Antihelden-Epos "Deadpool" verhalf 20th Century Fox zu neuen Social-Web-HöhenflügeN: Die fast 500.000 Follower des @deadpoolmovie-Twitter-Kanals, der fast ein Jahr (!) vor dem Kinostart mit einem mehr als 55.000 Mal retweeteten Posting gestartet ist, die vielen prominenten Fans der Comicreihe und der im Social Web ebenfalls sehr aktive Hauptdarsteller Ryan Reynolds ließen die Grenzen zwischen PR und purer Fan-Vorfreude verschwimmen.
Verkaufen per Pinterest
Nach dem "127 Corridor Sale" im vergangenen Jahr bot der Spraydosen- und Farbenverkäufer Krylon dort erworbene und aufgehübschte Waren online via Pinterest Buyable Pins zum Verkauf an - als erster Anbieter überhaupt. Neben den erzielten Einnahmeen, die kmplett gespendet wurden, erfuhr Krylon für die Aktion eine mediale Aufmerksamkeit, die das Unternehmen ein Vielfaches von dem gekostet hätte, wäre sie auf klassischem Wege per Werbeanzeige zustande gekommen.

E-Commerce: Vor- und Nachteile im Überblick

E-Commerce hat für Gründer und Freiberufler einige Vorteile, jedoch lauern auf der anderen Seite auch Risiken, die man kennen sollte. Die folgende Übersicht listet Vor- und Nachteile auf. (pg)

Vorteile

Nachteile

Günstige Möglichkeit für Gründer: Wer einen Online-Shop statt eines stationären Ladengeschäfts eröffnet, hat in der Regel weniger Kosten.

Fehlender Kontakt: Im E-Commerce können Online-Händler ihre Kunden nicht face-to-face beraten. Für den Kundenkontakt bleiben nur digitale Lösungen. Gerade bei Produkten, die erklärungsbedürftig sind, kann das zu Schwierigkeiten führen.

Keine Öffnungszeiten: Kunden, die sich für die Waren interessieren, können 24 Stunden am Tag einkaufen. Anders als im stationären Einzelhandel gibt es im E-Commerce keine Öffnungszeiten.

Großer Wettbewerb: Viele Unternehmen entdecken die Möglichkeiten, die der E-Commerce bietet, für sich. Daher wächst die Konkurrenz in diesem Segment. Unter Umständen können sich Neu-Gründer gar nicht gegen etablierte Online-Shops mit ihrem Produkt durchsetzen.

Größere Zielgruppe: Der stationäre Einzelhandel ist auf diejenigen Personen beschränkt, die sich die Mühe machen, ins Geschäft zu kommen. Im E-Commerce dagegen kann theoretisch jede Person weltweit mit einem Internet-Zugang das Produkt kaufen – das nötige Kleingeld vorausgesetzt.

Hohe Marketingkosten: Sofern man nicht ein Nischenprodukt oder Waren für einen Expertenkreis vertreibt, dürfte es schwierig werden, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. Wer es trotzdem versuchen möchte, muss meist viel Geld für Online-Marketing und andere Werbeaktivitäten ausgeben.

Individuelle Anpassung: Analysetools wie zum Beispiel Google Analytics bieten die Möglichkeit, das Angebot individuell auf die Kunden zuzuschneiden.

Hohe Anforderungen: Wer online verkaufen möchte, muss das passende Bezahlsystem für seine Zielgruppe anbieten. Außerdem müssen Anbieter im E-Commerce an die Datensicherheit sowie die hohen Anforderungen im Datenschutz denken. Wer hier Fehler macht, riskiert mitunter empfindliche Strafen.