Die Frage "Cases oder Ruggedized" kommentiert Dirk Weigelt vom Rugged-Weltmarktführer Panasonic wie folgt: "Die Wahrscheinlichkeit eines Defektes wird durch ein Case zwar reduziert, aber nicht weitestgehend eliminiert. Die Ausfallraten von Consumer-Geräten mit Cases sind auf alle Fälle höher als jene von speziellen Rugged-Konstruktionen".
Marco Rach, ebenfalls vom Rugged-Champion Panasonic, rechnet vor: "Bei der bloßen Betrachtung der Anschaffungskosten liegt ein enormer Unterschied zwischen Consumer- und Industriegeräten. Aber bei Schäden an weniger robusten Lösungen schlagen nicht nur die Reparaturkosten zu Buche, sondern auch die Ausfallzeiten, wenn die Mitarbeiter nicht arbeiten können und die Kunden dann nicht mehr schnell genug bedient werden können". Da könnten zwei Tage Leistungsausfall auch schon mal teurer sein als das Ersparte durch ein Casing statt Ruggedized. Diese verdeckten Kosten könne man nicht so ohne weiteres beziffern. Deshalb könnten Ruggedized-Geräte über den gesamten Einsatz-Zeitraum hinweg gesehen je nach Einsatzgebiet auch deutlich günstiger abschneiden als vermeintlich billigere Kompromisse mit Consumer-Geräten.
Solche Überlegungen gelten aber nicht für jene Anwender, die das mobile Gerät hauptsächlich im Büroumfeld nutzen, sondern nur für heftige Anforderungen im Outdoor-Einsatz. Für ausgewählte Kunden hat Panasonic einen TCO-Calculator entwickelt, der die Total Cost of Ownership eines Rugged-Gerätes über die gesamte Lebensdauer hinweg berechnet. Den stellt Panasonic aber ganz bewusst nicht Online, weil man sich die Kritik ersparen will, dass da am Ende dann tatsächlich oftmals eine Lösung von Panasonic nach fünf Jahren Laufzeit den besten TCO-Wert auswirft. Wer den TCO-Calculator trotzdem haben will, muss direkt bei Panasonic fragen.
Casing: Probleme bei Garantiefällen vorprogrammiert
Außerdem geht es nicht nur um die bloßen Kosten, sondern auch um die Bedienbarkeit: Kann man mit einem Casing überhaupt noch die ganze Peripherie am mobilen Gerät benutzen? Sind alle Ports noch frei? Kommt man trotz Casing überall noch gut dran?
Sicher wird auch ein Case-Hersteller das avisierte Ensemble aus Casing und Mobil-Gerät gewissenhaft vortesten. Aber wie der Enduser sein spezielles Gerät dann letztendlich in das universelle Casing einsetzt, und ob er es dann aus den gleichen Winkeln aufprallen lässt wie der Case-Hersteller, ist schwer zu sagen.
Außerdem sind Meinungs-Differenzen nach Eintritt von Schäden vorprogrammiert. Dann fragt sich, ob das Casing, oder das Mobilgerät, oder gar Beide versagt haben. Ob solcher Fragen kann es Streit bei der Zuweisung von Garantie-Ansprüchen geben. Wenn dagegen ein integriertes Rugged-Gerät versagen sollte ist klar, wer Garantie zu leisten hat: Nur einer, der Hersteller.
Design, Bedienbarkeit und Vibrationen
Bei einer Kaufentscheidung spielen Preis, Garantie und TCO nur eine von vielen Rollen. Im Zeitalter der IT-Consumerisierung wird auch das Design immer wichtiger. Mobile Consumer-Geräte haben nun mal den Charme, dass sie besonders leicht und elegant sind. Robuste Industriegeräte dagegen sind meist dicker, schwerer, teuer, aber nicht so stylisch.
Steckt man das Consumergerät nun in ein Rugged-Casing, dann sieht es fast wie ein Industriegerät aus. "Look and Feel" verändern sich oft deutlich. Panasonic löst derzeit laut eigener Aussage zehn Jahre alte Laptops mit Windows 98 ab, die bei den Kunden rein technisch noch lange nicht kaputt sind. Aber die Mitarbeiter wollen sich mit Windows 98 draußen nicht mehr schämen. Auch bei den monochromen Rugged-PDA-Knochen gehen die Geräte offenbar nur selten kaputt, aber die Zeit geht weiter und die Kunden werfen irgendwann tadellose Geräte weg, weil sie veraltet und aus der Mode gekommen sind.
Weil die Mitarbeiter aber zuhause trendige und topmoderne Consumer-Geräte haben, wollen sie auch in der Firma oft schon vor dem Ableben ein aktuelleres Gerät, um sich auch bei den Kunden draußen als modernes Unternehmen zu präsentieren.
Bedienbarkeit
Steckt man ein elegantes Consumer-Gerät in ein robustes Casing, dann ist und bleibt das immer eine Kompromiss-Lösung, die nie so durchgetestet sein kann, wie ein vollintegriertes Gerät. Das nachträgliche Casing kann auch nie so passgenau sitzen. Die umbauten Ports, Regler und Schnittstellen sind in der Regel nach dem Casing nicht mehr so leicht benutzbar wie am Original-Gerät.
Sofern die reduzierte Bedienbarkeit dann auch die Produktivität der Mitarbeiter reduziert, sollte man abwägen, ob mit dem Casing-Ansatz nicht an der falschen Stelle gespart wird.
Vibrationen
Schiffs-Diesel, LKW-Diesel, Traktoren oder extreme Offroad-Fahrten, etwa bei Tests in der Automobil-Industrie, können herkömmliche Magnet-Festplatten in Consumer-Laptops schnell in die Parkposition zwingen. Dann laufen sie nicht mehr, weil es zu sehr vibriert. Bei vollrobusten Laptops dagegen sind die Festplatten oft in Gummi oder Schaumstoff gelagert, damit sie selbst im Offroad-Fahrzeug bei gesteigerten Vibrationen immer noch sauber laufen.
Außerdem sind die Konnektoren der Rugged-Platten nicht fest verlötet, sondern mit Steck-Verbindungen schwingend gelagert, damit die Vibrationen nicht über die Festverlötung übertragen werden. Hier bekommen dann auch die an sich gegen Vibrationen unempfindlicheren SSDs Probleme.
Die Rugged-Platten werden also bei Vibrationen nicht gleich geparkt, wie bei einem Consumergerät. Sie laufen weiter. Es geht dabei nicht nur um Platten-Schäden, sondern schlichtweg darum, dass sie überhaupt ständig weiterlaufen, wenn etwa wichtige Messungen nonstop aufgezeichnet werden müssen. Bei Consumer-Notebooks dagegen können fest verlötete Konnektoren in einer Vibrationsumgebung nach einiger Zeit brechen, weil sie porös werden. Die meisten Cases können das auch nicht verhindern, weil heftige Vibrationen trotzdem an der Festplatte oder SSD ankommen.
Bei echten Rugged-Geräten wird das Vibrations-Problem schon von der Konzeption über die Entwicklung und Konstruktion bis hin zum Test berücksichtigt.
Display-Helligkeit und Anschlüsse
Auch bei den Leuchtstärken der Displays gehen Rugged-Laptops und Outdoor-Tablets oft an die Oberkante des technisch Machbaren und preislich Vertretbaren, nämlich bis zu 6.500 cd/m².
Die Displays bei typische Consumer-Notebooks besitzen selten eine höhere Leuchtkraft als 500 Cd/m². Bei den Ruggedized-Geräten verwendet Panasonic beispielsweise beim Toughbook CF-19 seine selbst entwickelte Transflective Plus Technologie. Damit bietet der 10,1-Zoll-Bildschirm die erwähnten 6500 Cd/m².
Und wer braucht 6.500 cd/m² am Notebook-Display? Viele Anwender im Außendienst können sich ihre Arbeits-Bedingungen und -Umgebungen nicht aussuchen, erwidert Rach: "Sie sind auf zuverlässige Geräte angewiesen, um effizient arbeiten zu können. Etwa die Techniker bei einem Energieversorger, die nicht nur bei Wind und Wetter, sondern auch bei starkem Sonnenschein draußen arbeiten und an Masten hochklettern müssen." Bei der Einrichtung von Mobilfunk-Basisstationen auf Dächern oder bei der Wartung von Windkraftanlagen im Outdoor-Einsatz kommt man ebenfalls kaum an echten Outdoor-Geräten mit hoher Leuchtkraft vorbei.
Peripherie-Anschlüsse
Consumer-Geräte kann man superschlecht erweitern. Die muss man meist so nehmen wie sie sind. Will man sie mit einem Barcode-Scanner, Smartcard-Reader oder RFID-Modul erweitern, so braucht man dazu meist eine externe Lösung mit Anbindung über Bluetooth, WLAN oder USB-Kabel. Zwei Teile sind aber immer eine wackelige Sache; besonders unterwegs.
Außerdem kann es passieren, dass der Handwerker zwar seinen Consumer-Laptop samt Casing auf die Baustelle mitgenommen, aber das Bluetooth-Modul für den Barcodescanner in der Werkstatt vergessen hat. Die Rückfahrt kostet Zeit und Geld. Solches Vergessen kann beim integrierten Industrie-Gerät kaum passieren, weil das Erweiterungsmodul seinen festen Platz im Rugged-Laptop hat. Außerdem sind die Komponenten beim integrierten Gerät meist perfekter aufeinander abgestimmt und durchgetestet als bei einer nachträglichen Anflansch-Lösung.
Steckt ein Consumer-Gerät in einem Casing, dann ist es fraglich, ob man es überhaupt noch Docken und in eine KFZ-Halterung einsetzen kann. Bei Rugged-Geräten werden solche typischen Business-Bedürfnisse schon von Anfang an berücksichtigt.
Beim Casing von Consumer-Geräten stellt sich auch die Frage: Kommt man, sofern vorhanden, noch an den LAN-Port und an den seriellen Port, die ja in Industrie-Umgebungen nach wie vor häufiger benötigt werden? Kann man das Gerät trotz Casing überhaupt noch in die Ladestation stellen? Oder muss man das Mobil-Device zum Laden aus dem Casing auswickeln?
Störung der Funktechnologien und Kälteschutz
Braucht der Benutzer auch Funkverbindungen wie WLAN, NFC, Bluetooth, 2G, 3G, 4G, LTE? Dann sollte man prüfen, ob das Casing die Funkstrahlen nicht zu sehr abschirmt. Die meisten Cases sind auf Schutz gegen Sturz und Kratzer optimiert, aber nicht auf die Erhaltung aller Wireless-Funktionen.
Zugegeben, der innovative 4G-High-Speed-Mobilfunk LTE wurde in die führenden High-End-Smartphones und -Tablets von Samsung, Sony und Konsorten früher als in Ruggedized-Geräte integriert. Inzwischen gibt es aber auch robuste Modelle mit LTE.
Im Prinzip kann man Consumer-, Business- und Rugged-Laptops natürlich auch durch externe 3G/4G-Sticks mobilfunkfähig machen. Bei einem Consumer-Notebook muss man aber prüfen, ob der Stick durch das Casing hindurch überhaupt noch weit genug in den Laptop hinein gesteckt werden kann. Außerdem besteht Gefahr, dass so ein heraus ragender LTE-Stick im Outdoor-Einsatz aus Versehen abgerissen wird, egal ob er nun an einem Consumer-, Business- oder Ruggedized-Notebook steckt. Wenn Geld, Gewicht und Design keine allzu große Rolle spielen, spricht fast alles für Ruggedized-Geräte, sofern sie unter rauen Bedingungen arbeiten müssen.
Kälteschutz durch Festplatten-Heizung
Bei starkem Frost, etwa im Kühlhaus oder Kühlfahrzeug, auf Skipisten, in Polargebieten, bei Pannendiensten oder im winterlichen Forstbetrieb, können herkömmliche Festplatten nicht mehr zuverlässig arbeiten. Die Fully-Rugged-Laptops Panasonic CF-19 und CF-31 haben daher Festplatten-Heizungen standardmäßig eingebaut.
Mit einem normalen Casing lassen sich Festplatten-Schäden durch starke Kälte kaum vermeiden, es sei denn, das Case hätte eine Heizung eingebaut. Mit der zunehmenden Verbreitung und Bezahlbarkeit von SSDs in Laptops und Tablets verlieren rotierende Festplatten aber an Bedeutung. Doch auch Solid State Disks sind nur für den Betrieb innerhalb eines Temperaturbereichs von typischerweise 0 bis 70 Grad Celsius spezifiziert. (TecChannel/mb)