Bundesrechnungshof nimmt Herkules aufs Korn

06.11.2006
Das Projekt "Herkules", mit dem die Bundeswehr ihre IT-Strukturen auf den neuesten Stand bringen möchte, ist zu teuer und ließe sich günstiger verwirklichen, kritisieren die Rechnungsprüfer.

Der Bundesrechnungshof wirft einem Bericht des "Focus" zufolge dem Bundesverteidigungsministerium vor, im Rahmen von Herkules vermeidbare Mehrkosten von bis zu einer Milliarde Euro billigend in Kauf zu nehmen. Demnach planen die Verteidigungspolitiker, ein Gemeinschaftsunternehmen für die IT-Modernisierung der Streitkräfte zu gründen. Siemens und IBM, die die Ausschreibung für das Projekt nach jahrelangen Querelen für sich entschieden hatten, sollen die Mehrheit halten.

Experten gehen mittlerweile davon aus, dass Herkules rund 7,2 Milliarden Euro kosten wird. Dieser Aufwand soll auf eine Laufzeit von zehn Jahren verteilt werden. Allerdings könnte die Bundeswehr die Modernisierung ihrer IT noch teurer kommen. Im Ausnahmefall sei eine Anpassung der Vergütung vorgesehen, hieß es im Sommer dieses Jahres. Damit sind weitere Kostensteigerungen nicht ausgeschlossen (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules wird teurer).

Angeblich kommen auch die Buchhalter des Ministeriums zu dem Ergebnis, dass diese Kooperationslösung 359 Millionen Euro teurer wird als eine rein staatliche Lösung, heißt es in dem Bericht. Nach Schätzungen der Rechnungsprüfer könnten sogar bis zu eine Milliarde Euro gespart werden, wenn die Behörde das Vorhaben selbst in die Hand nehmen würde.

Die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium verteidigten ihre Pläne damit, dass durch die Zusammenarbeit die notwendigen Investitionen durch die Industrie gestemmt würden. Daher würden die benötigten Gelder auch schneller fließen.

Bislang hat das IT-Projekt Herkules jedoch nicht gerade durch seine zügige Umsetzung von sich Reden gemacht (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules ist nach knapp sieben Jahren unterschriftsreif). Die Verhandlungen begannen bereits 1999. Bis 2004 favorisierte das Ministerium ein Konsortium aus CSC, Mobilcom und EADS. Nachdem dieses Isic-21-Konsortium schon den Zuschlag erhalten hatte und zunächst ein Vertragsvolumen von 6,5 Milliarden Euro ausgehandelt worden war, versuchten die Industrieunternehmen in den Detailverhandlungen einen höheren Preis herauszuschlagen (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules mit Isic-21-Konsortium gescheitert). Daraufhin stellten die Politiker die Verhandlungen ein und das konkurrierende Konsortium aus IBM und Siemens kam zum Zug. Im Sommer 2006 hieß es dann, der Herkules-Vertrag sei unterschriftsreif.

Bislang deutet jedoch noch nichts darauf hin, dass die Politiker das Vorhaben zügig auf die Schiene bringen. Finanzminister Peer Steinbrück muss den Etat prüfen und absegnen, Verteidigungsminister Franz Josef Jung das Vorhaben dem Bundestag zur Beratung vorlegen. Beides ist bislang nicht geschehen. Damit dürften die Pläne, Herkules noch in diesem Jahr zu starten, kaum zu realisieren sein. (ba)