Gartner zu AI und Chatbots in Smart Cities

Bürgernah oder nur daten-smart?

05.12.2017 von Bettina Tratz-Ryan  
Dem Bürger ist egal, welche Technologie hinter der Smart City steckt: Für ihn zählt nur der von ihm vordefinierte Mehrwert. Das gilt auch für den Einsatz von KI und Chatbots.

Eine Grundthese gleich vorweg: Für den Bürger ist es unerheblich, ob er sich in einer Smart City aufhält, die mit autonomer und Künstlicher Intelligenz unterstützt wird, solange die Rahmenbedingungen für individuelle und nützliche Dienste mit Datenschutz und der Wahrung seiner Privatsphären vereinbar sind.

Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) haben die Stadtentwicklung für Smart Cities bereits erreicht.
Foto: Montri Nipitvittaya - shutterstock.com

Kurzum: Bürger wollen eine für sie persönliche Umgebung, unabhängig davon, welche Technologie dahintersteckt. Entwicklungen wie die Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren oder auch Verbundsysteme in intelligenten Gebäuden oder im Smart-Home werden zur reinen Phrase, wenn kein Mehrwert für den Nutzer oder Bürger definiert wird.

Techniken wie Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen haben die Stadtentwicklung für Smart Cities bereits erreicht. Der erste Gedanke gilt dabei oft der Optimierung der Infrastruktur durch lernende Systeme, autonomes Fahren und autarke Aktivitäten wie Umweltdienste oder Parkleitsysteme.

Darüber hinaus können, wie in Banken und Versicherungen schon vorgelebt, Behörden oder Stadtverwaltungen Chatbots für die Kommunikation mit Bürgern und Mitarbeitern einsetzen und so Warteschleifen verkürzen und zielgerechtere oder effizientere Auskünfte erteilen. Künstliche Intelligenz und Analyse können verschiedenartige Datenströme algorithmisch analysieren, um dann auf verschiedenen Ebenen autonome oder wiederverwertbare Aussagen und Muster zu gestalten.

Gerade während dynamischer Ereignisse kann KI ungewöhnliche Gegebenheiten erkennen und sofort die nötigen Gegenmaßnahmen anstoßen oder aufstellen - das reicht bis hin zum Katastrophenschutz. Sachbearbeiter vor Ort können dann auch solche Situationen einschätzen und unterstützen, selbst wenn sie kein Experte sind.

Zusammenarbeit von Mensch und Künstlicher Intelligenz

Trotz all dieser Vorteile stellt der hohe Grad der autonomen Verarbeitung und Analyse von Daten die Künstliche Intelligenz immer wieder in das Licht von Datenschutz, des GDPR, der Cybersicherheit und digitaler Ethik. Die öffentliche Diskussion dreht sich auch häufig darum, wie die Arbeitsleistung einer autonomen Maschine im Wettbewerb mit der Arbeitswelt des Menschen steht.

Auch dazu eine Grundthese: KI wird auf sehr lange Zeit die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine begleiten und erweitern - aber nicht ersetzen. Mitarbeiter brauchen in dieser Zusammenarbeit neue Qualifikationen. Beispielsweise müssen sie Arbeits- und Umgebungsdaten bereitstellen, die von Maschinen in dem Arbeitsablauf nicht erfassbar sind. Neue Zusammenhänge in der Ausführung von Arbeitsschritten erlauben Bürgern, Verwaltungsangestellten und der Industrie, die Ergebnisse dieser Collaboration besser auszunutzen.

Ein digitales Datenmanifesto, das die Leitlinien für die Datenkollaboration festhält, ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass in einer Gesellschaft die Einführung von KI von einer breiten Basis getragen wird. Dabei muss es in einer Smart City möglich sein, die kontextbasierten Zusammenhänge von Umweltbelastung durch Stadtverkehr mit Luftverschmutzung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Asthma darzulegen. Diese Art der Kommunikation ist wichtig, um die Sinnhaftigkeit und Wertschätzung solcher Technologien zu demonstrieren.

KI für die digitale Stadtentwicklung

Für die Entwicklung von intelligenten Städten und Gemeinden ist KI überaus wichtig: Sie hilft, die digitale Stadtentwicklung mit dem Nutzen für Bürger und Wirtschaft zu synchronisieren und dies darzustellen. Algorithmen werden den Nutzen in verschiedenen Darstellungsformen wie Portalen, Dashboards oder mobile Kommunikationswege ansprechend und interessant veranschaulichen.

Als Beispiel sieht Gartner die Stadt Auckland in Neuseeland: Die Stadt überträgt Millionen von Verkehrsdaten durch KI in kontextbasierte Nutzerdienste für Chatbots und virtuelle Assistenten wie Cortana, um dem täglichen Pendelverkehr Mobilitätsoptionen darzulegen. Die Auswahl von Optionen kann direkt der städtischen Verkehrszentrale übermittelt werden, die dann das Verkehrsaufkommen und die Parkplatzsituation besser einschätzen kann.

In Wien beantwortet der Wienbot rund 250 Fragen zu Stadtangeboten und Verwaltungsprozessen. In Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde im Oktober ein Ministerium für Künstliche Intelligenz gegründet.

Mehr als eine Technologierevolution

Wie die Beispiele zeigen, bedeutet die Anwendung von Künstlicher Intelligenz in intelligenten Städten nicht nur eine Technologierevolution. Vielmehr erfordert sie auch eine Kommunikations- und Interaktionsgrundlage für die Bildung von Akzeptanz und Zusammenarbeit. CIOs müssen daher auf die Bildung von digitalen urbanen Plattformen bauen, die einen effizienten und bedeutungsvollen Informationsaustausch zwischen Betriebsgütern und Prozessen in Wirtschaft und Behörden ermöglicht.

Gerade wenn in algorithmischen Modellen unabhängig agierende Autos mit anderen Fahrzeugen, Straßenlaternen oder Gebäudemanagement-Plattformen kommunizieren, werden künftig strenge Anforderungen an ereignisgebundene Daten-Orchestrierung, selbstlernende Prozessangleichung und bürgernahe Programmierschnittstellen gestellt werden.

Anwendungsszenarien für KI in Smart Cities

Gartner sieht folgende Anwendungsszenarien für KI in Smart Cities:

  1. Dynamische Kommune und Gemeinwesen: Bürger und Kommune interaktiv zu verknüpfen und per Crowd Management neue Wege zu gehen, verstärkt das Miteinander in Städten. Spracherkennung und lernende Systeme können ein gesellschaftliches Ungleichgewicht im Technologieverständnis ausgleichen und ein Anwendungsgrundwissen sowie Zugang zu allen wichtigen Informationen in den Wissensstand des Einzelnen übersetzen. Das ermöglicht es, dass sich alle Bürger an der Datenökonomie beteiligen können - und dass alle das gleiche Zugangsrecht zu Daten haben werden.

  2. Effektive Verwaltungsaufgaben: Durch die Anwendung von Chatbots und KI können viele Aufgaben holistischer erledigt werden. Empfängt zum Beispiel ein Sozialhilfeempfänger gleichzeitig andere Sozialleistungen, dann können im Jahresabgleich verschiedene Informationen und Belege auch digital oder zentral abgeglichen werden.

  3. Entwicklung des Wirtschaftsökosystems: KI und intelligente Maschinen sind Grundlage oder Bereicherung für viele wirtschaftliche Wertschöpfungsketten, zum Beispiel in der Industrie 4.0. Diese Wertschöpfung beruht auf der kontextbezogenen Datenanalyse und dem Informationsmanagement, die sich über dynamische Verhandlungen durch KI über Unternehmensgrenzen und Partnerschaften hinweg fortsetzen. Dieses Ökosystem ist dynamisch, in Echtzeit und benötigt Daten-Governance und ein Datenmanifesto der Gesellschaft, um die synergistischen Effekte auszuschöpfen.

KI und lernende Systeme haben schon ihre Anwendung in Einkaufszentren, Banken und in der Industrie gefunden. In Smart Cities werden diese einzelnen Ökosysteme zu einem Verbund, was Anforderungen nicht nur an das Technikverständnis, sondern auch an die gesellschaftlichen Ansprüche der digitalen Ethik und Verantwortung setzt. Diese Ansprüche gilt es in eine industrielle Daten-Governance umzusetzen. Die positiven Chancen der Innovationskraft sind viel zu hoch, um dies nicht zu versuchen. (mb)