Bernd Bischoff, FSC: "Die Urheberabgabe kostet Arbeitsplätze"

22.03.2006
Mit Bernd Bischoff, President und CEO von Fujitsu-Siemens Computers, sprach CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter.

CW: Ihre Übernahme der produktnahen Services von Siemens-SBS war Ende 2005 das beherrschende Thema. Wurden Sie dazu gezwungen, den Bereich von Siemens zu übernehmen?

'Man muss einen Service und einen Helpdesk anbieten, den der Kunde versteht.'

BISCHOFF: Nein, das geht ja überhaupt nicht bei zwei Shareholdern. Die Übernahme ist von unserem Management vorgeschlagen worden, und beide Gesellschafter stehen voll hinter dieser Entscheidung. Bei einer 50-50-Partnerschaft geht das nicht anders.

CW: Für Sie bedeutet das aber, dass Sie auf einen Schlag rund 5000 Mitarbeiter dazubekommen.

BISCHOFF: Ja, aber wir haben das komplettiert, was strategisch gut zusammenpasst. Einen Product Related Service (PRS) brauchen wir vor allem für das Auslandsgeschäft, wo wir als strategischer Partner wahrgenommen werden möchten.

CW: Und in Deutschland?

BISCHOFF: In Deutschland hat man weniger unterschieden zwischen Siemens SBS und Fujitsu-Siemens Computers. Aber auch hier höre ich von vielen Kunden, dass wir durch diese Übernahme als strategischer IT-Hersteller an Bedeutung gewonnen haben. Für uns ist die PRS-Sparte strategisch, für Siemens war sie es nicht. Dieser Bereich ist ja erst auf den Radar gekommen, als er rote Zahlen geschrieben hat, vorher hat niemand gewusst, dass es so etwas gibt.

CW: Welche Bedeutung haben die Dienste für FSC?

BISCHOFF: Für uns sind sie elementar wichtig, vor allem, wenn es beim Kunden um das Rechenzentrum geht. Um unsere Dynamic-Datacenter-Strategie optimal umzusetzen, benötigen wir diese Kompetenz.

CW: Gibt es weitere Gründe für die Wiedereingliederung der PRS?

BISCHOFF: Ja, für das Design und die Wartungsfreundlichkeit der Geräte erhalten wir künftig wertvolle Hinweise. Da sind die Wege jetzt einfach kürzer. Wir erwarten auch Synergieeffekte, so dass wir letztendlich sowohl mehr Services als auch mehr Produkte verkaufen können. Wir sind zukünftig noch näher am Kunden, auch, weil viele unserer Techniker direkt in den Rechenzentren sitzen. Alles in allem ist das eine sehr erfreuliche Entwicklung für uns.

Steckbrief FSC

  • gegründet: 1. 10. 1999,

  • Sitz des Unternehmens: Maarssen, Holland,

  • Gesellschafter zu je 50 Prozent: Fujitsu Limited, Tokio und Siemens AG, München,

  • CEO und President seit 1. Juli 2004: Bernd Bischoff,

  • Hauptfertigungs- und Entwicklungsstandorte: Augsburg, München, Paderborn, Sömmerda, Milpitas,

  • Kennzahlen im Geschäftsjahr (April 2005 bis März 2006): 6,7 Milliarden Euro Umsatz, 120 Millionen Euro Gewinn vor Steuern,

CW: Wie sehen die Restrukturierungsmaßnahmen für die PRS aus?

BISCHOFF: Es muss noch weitergeführt werden, was SBS angefangen hat. Wir können am 1. April nicht den übernommenen Status beibehalten.

CW: An welche Maßnahmen denken Sie?

BISCHOFF: Im Moment hat die Organisation zu hohe Kosten im Verhältnis zum Umsatz und den Margen. Ab April untersuchen wir, wie wir mehr Umsatz generieren können und wo und wie sich die Margen verbessern lassen. Daraus lässt sich dann ableiten, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, unter Umständen auch personelle.

CW: Wie groß wird der Personalabbau ausfallen?

BISCHOFF: Das kann ich jetzt noch nicht abschätzen. Der alte Plan sah kein großes Umsatzwachstum vor. Wir denken aber, dass wir die Einnahmen stark erhöhen können, vor allem in den nächsten beiden Jahren. Ich bin der Überzeugung, dass sich auch die Margen steigern lassen.

CW: Das Stichwort Margen dürfte auch die PC-Sparte betreffen. Sie produzieren ja in Augsburg an einem relativ teuren Standort...

Bischoff (lacht): ...München ist noch teurer.

CW: Dell, Ihr Mitbewerber im PC-Bereich, versucht die sinkenden Margen mit Dienstleistungen auszugleichen. Wäre das auch für FSC eine Option?

BISCHOFF: Dell hatte seinen Service in die Slowakei ausgelagert, und das hat sich nicht bewährt. Man muss einen Service und einen Helpdesk anbieten, den der Kunde versteht. Das ist ein Sprachproblem, insbesondere, wenn es um technische Hilfe geht.

CW: Sie produzieren also die PCs weiter in Deutschland?

BISCHOFF: Wir versuchen, das hinzubekommen. Wir haben es bis jetzt immer geschafft, mit Produktivitätsgewinn und Flexibilität diesen Unterschied an Arbeitszeit und Lohn mehr oder weniger auszugleichen.

CW: Die Margen sind ausreichend?

BISCHOFF: Ausreichend sind sie nicht, aber das gilt für alle Hersteller. Wenn wir alle sagen würden, wir heben die Preise um zehn Prozent an, dann würde es stimmen. Aber es schert immer einer aus. Es gibt keine so hart umkämpfte Industrie wie die Computerindustrie. Vielleicht noch die der Mobiltelefone...

CW: ... da steigen Sie jetzt gerade wieder ein.

BISCHOFF: Nein, nein, wir haben einen PC, der telefonieren kann. Das ist kein Smartphone und kein Organizer, sondern ein Computer mit Microsoft-Betriebssystem.

CW: Was die PC-Margen auch schmälern wird, ist die drohende Urheberrechtsabgabe, gegen die Sie ja klagen.

BISCHOFF: Wir klagen nicht, wir versuchen diese ungerechtfertigten Forderungen wegzubekommen.

CW: Aber auf dem Gerichtsweg.

BISCHOFF: Anders ist das nicht möglich. Die VG Wort hat uns verklagt.

CW: In erster Instanz haben Sie verloren.

BISCHOFF: Verloren würde ich nicht sagen, die wollten zuerst 30 Euro je Gerät, und das Landgericht hat das auf zwölf Euro gesenkt plus Zinsen, denn wir verhandeln ja rückwirkend. Das Oberlandesgericht hat die Summe auf zwölf Euro ohne Zinsen festgelegt. Jetzt sind wir beim Bundesgerichtshof, und der sagt vielleicht, dass nichts abzuführen ist, was unseres Erachtens richtig wäre.

CW: Wie sollen die Urheber ihre Rechte durchsetzen?

BISCHOFF: Mit Digital-Rights-Management kann heute jeder Autor seine intellektuellen Werke schützen und für sie Geld verlangen. Das Gesetz, auf das sich VG Wort stützt, ist 30 Jahre alt und wurde damals für den analogen Kopierer eingeführt. Dieses Gesetz auf den PC anzuwenden, da sträuben sich mir wirklich die Nackenhaare. Leider weiß auch keiner so richtig, wo das Geld hingeht, da die VG Wort ihre Bücher nicht offen legt. Erschreckend ist auch, dass Deutschland das einzige Land ist, das so etwas plant. In Frankreich beispielsweise liegt auf den Datenträgern eine Abgabe - und das gibt ja auch Sinn.

CW: Meinen Sie nicht, dass eine solche Abgabe das Abrechnen digitalisierter Inhalte vereinfachen würde?

BISCHOFF: Was würden Sie sagen, wenn Sie beim Autokauf gleich pauschal 1000 Euro Strafe für zu schnelles Fahren zahlen müssten? Man soll doch den bestrafen, der zu schnell fährt.

CW: Führen Sie einen Musterprozess stellvertretend für alle Hardwarehersteller?

BISCHOFF: Ja, es wurden ja alle PC-Hersteller verklagt. Wir haben heute in Deutschland bereits Abgaben in Höhe von zirka zehn Euro auf jeden CD- und DVD-Brenner und jeden Scanner. Jetzt wollen sie noch die Drucker und die Multifunktionsgeräte mit Abgaben belasten, und die Vorstellungen liegen bei 100 Euro je Gerät. Da geh ich doch nach Holland und kaufe dort. Jemand hat ausgerechnet, dass ein Drittel der Privatanwender ihren PC im Ausland kaufen werden, falls die Abgabe kommt. Wir sprechen dann von einem Umsatzverlust von mindestens einer Milliarde Euro - das kostet dann nicht zuletzt auch ein paar Arbeitsplätze.

CW: Haben Sie schon einen Termin für die Verhandlung beim BGH?

BISCHOFF: Ich denke, dass das noch ein Jahr dauern wird.

CW: Bis dahin zahlen Sie nicht?

BISCHOFF: Natürlich nicht.

CW: Falls der Prozess verloren geht, kann das richtig teuer werden mit den Nachzahlungen.

BISCHOFF: Ja. Wichtiger ist aber für uns, dass die Gesetzgebung das digitale Zeitalter berücksichtigt. Alles andere wäre technologiefeindlich.

CW: Kommen wir zu Ihrer langjährigen Technologiepartnerschaft mit Sun. Gemeinsam entwickeln Sie die Advanced Product Line (APL) der Sparc-Chips. Dort scheint Sand im Getriebe zu sein. Kürzlich wurde eine weitere Verzögerung des Sparc-64-VI-CPU gemeldet.

BISCHOFF: Das stimmt, den Highend-Chip entwickelt Fujitsu, und der kommt zwei bis drei Monate später als geplant.

CW: Sun vermarktet sehr erfolgreich Geräte mit dem Ultrasparc-T1-Prozessor.

BISCHOFF: Das Lowend, also der Niagara-Prozessor, ist unter der APL-Vereinbarung auch in unserem Portfolio. Wir werden ebenfalls solche Produkte anbieten.

CW: Die jüngsten Marktzahlen der IDC zeigen ein Wachstum des Server-Marktes um 4,4 Prozent für das Jahr 2005. Fujitsu und FSC konnten aber nur um 0,4 Prozent mehr verkaufen.

BISCHOFF: Ich kenne die Zahlen von Fujitsu nicht, aber wir sind stärker gewachsen als 4,4 Prozent.

CW: Im vierten Quartal 2005 verzeichnet IDC sogar einen Umsatzrückgang von 10,9 Prozent für beide Firmen, und der Marktanteil hat sich von 4,7 auf 4,2 Prozent verringert.

BISCHOFF: In Euro gerechnet schrumpft der Server-Markt im Moment, aber Fujitsu-Siemens Computers wächst in Europa zweistellig. Wir sind sogar im Mainframe-Geschäft stabil geblieben, weil wir gegen IBM ein paar Kontrakte gewonnen haben.

CW: Wer sind die größten Konkurrenten derzeit?

BISCHOFF: Hewlett-Packard und Dell sind im PC-Geschäft fast immer Mitbewerber. Dazu kommen die lokalen Anbieter wie Medion, ohne die es zwar leichter wäre, die aber auch nicht mehr so große Erfolge vorweisen können. Bei den Servern konkurrieren wir mit HP, IBM und Sun, Dell findet man da selten.

CW: Wollen Sie das Direktgeschäft forcieren?

BISCHOFF: Nein, wir haben eine klare Channel-Partner-Strategie. Laut IDC macht das Direktgeschäft seit fünf Jahren ziemlich stabil 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Da lasse ich doch lieber die Mitbewerber hinter den 20 Prozent herlaufen und konzentriere mich auf die 80 Prozent.

CW: Wie beurteilen Sie den Verkauf der PC-Sparte von IBM an Lenovo?

BISCHOFF: Für die IBM war das ein logischer Schritt, zumal sie mit ihrem PC-Geschäft Verluste erzielt haben. Es gibt aber derzeit ernstere Gegner als Lenovo.