Tablet, Home Office & Sternekoch als Bonus

Benefits neben dem Gehalt aushandeln

08.02.2017 von Michael Sudahl
Fachkräfte zu finden oder zu halten wird für Unternehmen immer schwieriger. Für Arbeitgeber ist es daher ratsam, neben guten Argumenten in Sachen Gehalt auch mit einem Katalog an Incentives in Gespräche mit Bewerbern oder Mitarbeitern zu gehen. Gleiches gilt für die High Potentials. Sie sollten sich nicht scheuen, Prämien anzusprechen.
  • Incentives in Vorstellungsgesprächen anzusprechen ist für Bewerber kein Tabu.
  • Unternehmen versuchen, Mitarbeiter mit immer ungewöhnlicheren Benefits zu binden.
  • Viele Firmen bieten mittlerweile Sabbaticals, Elternzeitmodelle oder Mentoren-Programme an.

In den Vereinigten Staaten von Amerika häufen sich ungewöhnliche Mitarbeiter-Benefits. Hier einige Beispiele: Beim World Wide Fund For Nature (WWF) ist jeder zweite Freitag "Panda Friday". Alle Mitarbeiter haben frei. Beim Sportartikelhersteller Burton können Angestellte kostenlose Skipässe aushandeln, und der Immobilienriese Zillow sponsert Müttern im Außendienst den Transport der Muttermilch zum Kind nach Hause. Aber auch hierzulande wird längst nicht mehr nur in barer Münze vergütet.

Für die Mitarbeiterbindung sind nicht unbedingt Dinge entscheidend, die Unternehmen mehr Geld kosten.
Foto: Wright Studio - shutterstock.com

In Zeiten um Fachkräfte konkurrierender Unternehmen sollten High Potentials ihren Marktwert ausnutzen und kreativ verhandeln. Ein erster Schritt in diese Richtung ist, schon im Vorstellungs- oder Mitarbeitergespräch offen nach Boni zu fragen. Hier braucht es Kreativität und Eigeninitiative, denn kleinere und mittelständische Firmen haben oft keinen Katalog vorliegen, aus dem sich Mitarbeiter ein Extra aussuchen können.

Mitarbeiterfürsorge gehört zur Firmenkultur

Gesprächsbereit und kreativ sind die meisten Betriebe, wenn es darum geht, gut ausgebildete Leute zu akquirieren oder zu halten. "Sich konsequent auf die besten Mitarbeiter einzustellen, ist eine Frage der Firmenkultur", konstatiert Personalexperte Jörg Knoblauch. Er kennt Unternehmen, die ihre Kantine mit einem Sternekoch ausstatten oder höchst flexible Arbeitszeitmodelle einführen.

So etwa Mindsquare. Umsatz und Mitarbeiterzahl des IT-Beratungsunternehmens schnellen seit der Gründung vor sieben Jahren nach oben. Das Durchschnittsalter aller Informatiker im Haus liegt unter 30 Jahren - bei inzwischen 150 Beschäftigten. Es gibt fast keine Fluktuation. Für Personalleiter Timm Funke liegt der Schlüssel dafür auch in den Benefits wie zum Beispiel der Vier-Tage-Woche. Jeder Berater kann seine Arbeitswoche beim Kunden so trimmen, dass er am fünften Tag von zu Hause arbeitet.

Alternativen zur Gehaltserhöhung
Alternativen zur Gehaltserhöhung
Sicher, über Gehaltserhöhungen freut sich jeder. Aber nicht immer ist eine Gehaltserhöhung sinnvoll:
Kalte Progression
Etwa, wenn die kalte Progression zuschlägt und der Arbeitnehmer wegen der erhöhten Abgabenlast nichts mehr vom Zuschlag hat. Doch es gibt jede Menge Möglichkeiten, dem Mitarbeiter Gutes zu tun.
Einmal volltanken
Lange waren Tankgutscheine in Mode - doch die Handhabung erwies sich als zu kompliziert. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Inzwischen darf der Arbeitgeber seinem Angestellten Sachzuwendungen in Höhe von 50 Euro zukommen lassen - jeden Monat.
Bloß nicht auszahlen!
Auszahlen darf das Unternehmen die 50 Euro nicht - sonst wären Steuern fällig.
Selbst kochen statt Essen gehen
Besonders praktisch: Essenschecks können auch im Supermarkt eingelöst werden.
Dienstwagen
Nach wie vor heißgeliebt: der Dienstwagen. Doch nicht jeder Mitarbeiter ist schon auf einer Gehaltsstufe, die einen Dienstwagen erlaubt - und nicht jeder will einen. Zudem müssen Unternehmen oft mit ihren Mitarbeitern komplizierte Verträge schließen. Wie wäre es stattdessen ...
Dienstrad
... mit einem Dienstrad? Gerade in großen Städten ist das Rad eine umweltfreundliche und schnelle Möglichkeit, zur Arbeit und zurück zu kommen. Vorteil: Die Nutzung des Dienstrads ist privat uneingeschränkt möglich, ohne dass komplizierte Verträge geschlossen werden müssen.
Kleine Geschenke
Ein Unternehmen kann über "anlassbezogene Zuwendungen" dem Mitarbeiter etwas schenken.
Leasingverträge für Smartphones
Wenn der Arbeitgeber keine Diensthandys zur Verfügung stellt, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter über das Unternehmen ein Smartphone least. Das gilt natürlich für allerlei Elektrogeräte, etwa ...
Tablets
... iPads und andere Tablet-Computer. Für Wartung und Reparatur ist aber der Mitarbeiter selbst zuständig - und schenken darf die Firma dem Angestellten nach Ablauf des Leasingsvertrags das Gerät auch nicht.
Die Rechnung, bitte!
Alternativ kann der Arbeitgeber sich auch an der Telefonrechnung des Mitarbeiters beteiligen.
Prepaid-Kreditkarten
Einfach mit 50 Euro jeden Monat aufladen - und der Mitarbeiter kann sie ausgeben, wofür er möchte.
Karte für den ÖPNV
Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Monatskarte für den ÖPNV, kann er seinem Mitarbeiter die 50 Euro nicht mehr auf die Prepaid-Kreditkarte laden. Doch auch da gibt es Alternativen.
Geburtstags- oder Jubiläumsgeschenke
Drei Mal im Jahr kann das Unternehmen so im Wert von 60 Euro ein Geschenk machen.
Fast wie Bargeld
Rabatte auf die eigenen Produkte für Mitarbeiter sind bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei.
Kantinenessen
Gern genommen sind auch Zuschüsse zum Essen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.
Schlauer als vorher
Ein Arbeitnehmer kann auch in Weiterbildungen für seine Mitarbeiter investieren und für sie keine Steuern oder Abgaben zahlen, solange klar ist, dass die Weiterbildung direkt für den Job anwendbar ist.
Leere Kita
Ein Unternehmen kann außerdem anbieten, dem Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten für die Kinder zu leisten. Er ist ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei und kann das Budget einer Familie entlasten.
Gesundheit!
Auch für die Gesundheit des Mitarbeiters kann ein Unternehmen für 600 Euro im Jahr Ausgaben tätigen.
Und was ist im Alter?
Alle On-top-Leistungen werden nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Experten gehen nicht davon aus, dass der Rentenanspruch dadurch stark beeinflusst wird. Aber eine Rechnung aufstellen, schadet auf keinen Fall.

Sport schweißt zusammen

Genauso sieht das bei der Direkt-Gruppe aus. Allerdings treffen sich die meisten am Freitag in einem der drei Büros in Hamburg, Köln und München. "Das ist unser langer Tag", erzählt Geschäftsführer Gerald Jenner, denn die Berater nutzen die Zeit, um sich mit Kollegen auszutauschen. Darüber hinaus fördert der IT-Dienstleister, dessen 220 Mitarbeiter vor allem in der Finanzwirtschaft und im Einzelhandel tätig sind, Sportmaßnahmen. Beispielsweise finanziert die Geschäftsführung der Laufgruppe die Reise zu Wettbewerben und den Hotelaufenthalt. Dabei treffen sich die Teilnehmer meist einen Tag zuvor und sprechen über Projekte.

Feelgood-Managerin für die Mitarbeiter

In vielen Firmen gibt es inzwischen Sabbatical- und Elternzeitmodelle oder Mentoren-Programme. Darüber hinaus gönnt sich Mindsquare eine eigene Akademie und Persönlichkeitstraining für die vielen Hochschulabsolventen, die bei der Firma direkt nach der Uni durchstarten. "Wir rücken wirklich unsere Mitarbeiter in den Mittelpunkt", sagt Funke und meint damit, dass die Firmenstrategie an die Bedürfnisse der Leute angepasst wird. Denn neben Vergünstigungen wie kostenlosem Obst und Wasser, vier Firmenfeiern pro Jahr sowie einer Feelgood-Managerin will der Mittelständler künftig Consultants aus der Generation Y möglichst lange an die Firma binden. Das Top-Benefit dürfte ein Ausleihmodell werden, das es Angestellten ermöglicht, etwa während der Familienzeit an einem festen Standort zu bleiben - wenn nötig bei einer Partnerfirma, die Jobs für nicht reisende IT-Berater hat.

Übrigens: Bei Kununu bewerten 127 Bewerber und Mitarbeiter das Beratungshaus. Fazit: ganz viel Plus, nur beim Gehalt maulen ein paar Bewerter. Doch auch da ist Funke dran. So schwebt ihm vor, dass ein Berater nach fünf Jahren in der Firma mit einem Jahresgehalt von 75.000 Euro nach Hause geht.

Tablet oder Notebook für das Home Office

Bei der Direkt-Gruppe bekommt jeder Mitarbeiter ein Tablet oder Notebook, um im Home Office arbeiten zu können. Nicht nur Berater, sondern auch Angestellte aus dem Back Office können von zu Hause arbeiten, wenn es möglich ist. Jenner: "Wichtig ist, dass jeder seine Ergebnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt liefert, so dass die Prozesse ineinandergreifen." So können Eltern auch mal ihre kranken Kinder betreuen und bleiben über Telefon, Skype und den Zugriff auf die Firmendaten in den Ablauf eingebunden.

Top 10 der wichtigsten Benefits
Nach welchen Nebenleistungen halten Jobinteressierte Ausschau?
Auskunft gibt ein aktuelles Ranking der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.com. Aus über 100.000 Suchanfragen von Jobinteressierten wurden die TOP 10 der beliebtesten Nebenleistungen ermittelt.
Die Nutzung des Internets ...
... am Arbeitsplatz ist im Smartphone-Zeitalter nicht mehr so ausschlaggebend, darum nur Platz 10.
Zuschüsse zum Essen ...
... werden dagegen wichtiger, vor drei Jahren war diese Leistung noch nicht unter den Top Ten der wichtigsten Benefits.
Ein eigener Parkplatz ...
... ist für fünf Prozent der Bewerber eine wichtige Nebenleistung, die sie von ihrem neuen Arbeitgeber erwarten.
Ein Büro mit guter Verkehrsanbindung, ...
... das auch mit Bahn oder Bus gut zu erreichen ist, ist für manchen Beschäftigten ein Pluspunkt. Platz 7 im Ranking der wichtigsten Nebenleistungen.
Der Firmenwagen ...
... war einmal sehr begehrt, doch diese Zeiten sind vorbei. Er landet nur noch im Mittelfeld auf Platz 6.
Die Betriebliche Altersvorsorge ...
... ist ein Klassiker, den viele Mitarbeiter erwarten.
Sind Hunde im Büro erlaubt, ...
... schlägt das Herz von Frauchen und Herrchen höher. Platz vier für eine Nebenleistung, die nichts mit finanziellen Anreizen, aber viel mit Toleranz zu tun hat.
Auf Platz eins finden sich die flexiblen Arbeitszeiten.
Insgesamt 20 Prozent der Jobsuchenden legen größten Wert auf die Freiheit, sich ihre Arbeitszeit selbst zu gestalten.
Haben Unternehmen eine eigene Kantine, ...
... können sie bei den Bewerbern richtig punkten. Die Kantine schaffte es zum ersten Mal unter die Top 3 der beliebtesten Nebenleistungen.
Über Home Office ...
... wird viel diskutiert und geschrieben. Für 13 Prozent der Jobsuchenden ist die Möglichkeit, auch mal von zuhause aus zu arbeiten, die wichtigste Nebenleistung von Arbeitgebern.

Knoblauch, selbst Geschäftsführer der Unternehmensberatung Tempus Consulting, setzt ebenfalls Benefits ein. Dafür können die Leute unter 33 Incentives wählen, die in einem Booklet zusammengestellt sind. Jeder neue Mitarbeiter bekommt dieses Büchlein am ersten Arbeitstag überreicht. Auswählen können sich Angestellte zum Beispiel den monatlichen Mitarbeiterabend in einem Restaurant. Außerdem kann jeder statt Gehaltserhöhungen Anteile am Gewinn des Unternehmens aushandeln.

Oder: Die kommenden Strategietage verbringt das achtköpfige Personalteam nicht im Allgäu, sondern auf Mallorca. Günstige Flüge und familiäre Ferienwohnung machen die Auszeit kaum teurer, für die Mitarbeiter ist es aber ein Highlight. "Es zeigt sich immer wieder, dass für die Mitarbeiterbindung nicht die Dinge entscheidend sind, die mehr Geld kosten", sagt der Personalberater, sondern Wertschätzung und offene Kommunikation. (pg)