Barc-Studie: Data Warehousing wird strategisch

12.06.2003 von Carsten Bange
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Data Warehousing hat sich als Basistechnik analytischer Informationssysteme etabliert und gilt nicht länger als „Installationsalptraum“. Doch erst seit dem steigenden Wettbewerbsdruck kommt seine strategische Rolle als wichtige Ergänzung der operativen ERP-Systeme und Mittel zur IT-Konsolidierung voll zum Tragen.

Data-Warehouse-Techniken erlauben es, auch große Datenmengen konsistent zu halten und in einer für die Unternehmensführung geeigneten Form darzustellen. Immer mehr Firmen fragen diese Funktionalität nach, da sie die wachsende Menge operativer Daten aus unterschiedlichsten Applikationen für die unternehmens-, prozess- und kundenübergreifende Unternehmenssteuerung integriert bereitstellen müssen.

Foto: Argum

Dabei sollen auch Wildwüchse an diversen multidimensionalen Datenbanken für Online Analytical Processing (Olap), Reporting- und Analysewerkzeugen konsolidiert werden, um Kosten für Wartung und Lizenzen zu reduzieren.

Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten sind Informationen und Kontrolle wichtige Hilfsmittel für das Management, um strategische Entscheidungen zu unterstützen. Ein schnelllebigeres Umfeld, das sich zum Beispiel in kürzeren Produktlebenszyklen und einem hohen Kostendruck niederschlägt, erfordert kurzfristigere und flexiblere Entscheidungen, die nur auf Basis adäquater und einheitlicher Informationen getroffen werden können.

Ebenfalls steigen die Anforderungen an das externe Berichtswesen, da Banken zur Bewertung ihrer Kreditrisiken (Rating nach Basel II) sowie der Gesetzgeber nach diversen Bilanzskandalen mehr finanzielle Transparenz im Unternehmen fordern. Risiko-Management, Unternehmensplanung und Corporate Governance sind aber Aufgaben, die letztlich nur mit Daten aus Data Warehouses effizient gelöst werden können. Zudem hat der Markteintritt von Datenbankanbietern wie Microsoft und ERP-Herstellern wie der SAP für wachsendes Anwenderinteresse gesorgt.

Softwareriesen wittern Geschäfte

Die ERP-Hersteller versuchen dabei von dem Umstand zu profitieren, dass in vielen Unternehmen ERP-Systeme bereits einen Großteil der entscheidungsrelevanten Daten vorhalten. Sie werben daher mit integrierten Applikationen und vordefinierten Anwendungsmodellen, welche von der Datenextraktion bis zum Kostenstellenbericht sämtliche Prozessdefinitionen und Objekte liefern, mit denen sich ein Data Warehouse schnell und kostengünstig aufbauen lassen soll.

In der aktuellen Studie „Datenintegrationswerkzeuge und Data-Warehouse-Plattformen im Vergleich“ hat das Würzburger Barc-Institut nun führende Produkte im deutschen Markt unter die Lupe genommen und bewertet. Es zeigte sich, dass die Datenintegration ein entscheidender Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Implementierung eines Data Warehouse bleibt.

Hersteller auf dem Prüfstand: Data-Warehouse-Lösungen bilden den Kern für analytische Anwendungen des Enterprise Performance Management. Neue Anwendungsgebiete machen Softwarelösungen für die Integration, Speicherung und Aufbereitung von Daten noch wichtiger. Doch die Technik ist komplex, das Investitionsrisiko hoch.

Die CW und das Business Application Research Center (Barc) in Würzburg haben deshalb die Veranstaltungsreihe „Data-Warehouse-Lösungen im direkten Vergleich“ ins Leben gerufen. Sie soll helfen, die Lösungsangebote führender Anbieter besser bewerten zu können.

Veranstaltungsorte sind Hamburg (25.6.03), Düsseldorf (3.7.03) und Stuttgart (9.7. 03). Der Unkostenbeitrag der ganztägigen Veranstaltung beträgt 150 Euro. Anmeldung und weitere Auskünfte bei Herrn Keller unter 0931/ 8806510 oder unter 0931/ 88065128 (Fax)

Einige Datenbankanbieter decken mittlerweile mit ihren Produkten 70 bis 80 Prozent des Funktionsumfanges ab, den spezialisierte Integrationswerkzeuge von Ascential, Business Objects, Cognos, Hummingbird, Informatica oder Sagent bieten. Hervorzuheben sind IBM, Oracle und SAS, deren Tools inzwischen einen guten Leistungsumfang erreichen und eine häufig auch preiswertere Alternative zu separaten Tools für die Extraktion, Transformation und das Laden (ETL) eines Data Warehouse sein können.

Die Datenqualitätserfassung und -verbesserung sorgt im ETL-Prozess für einen Großteil des Projektaufwandes. Dennoch sind die angebotenen Möglichkeiten der untersuchten Datenintegrationswerkzeuge und Data-Warehouse-Lösungen meist schwach ausgeprägt. Ausnahmen bilden hier Ascential und SAS, die durch Zukäufe an Funktionalität gewonnen haben. Alle anderen Hersteller setzen auf Kooperationen mit Spezialanbietern wie Evoke oder Trillium, wobei die Integration der Drittsysteme mehr oder weniger gut ausgeprägt ist.

Datenbanken entwickeln sich zu umfassenden Business-Intelligence-Plattformen. Hinsichtlich der Integration von Speichertechniken führt hier Oracle mit dem neuesten Release „9iR2“ das Feld an. So ist innerhalb einer Datenbank-Engine jetzt sowohl relationale als auch multidimensionale Abspeicherung möglich. Allerdings wird eine proprietäre Anfragesprache für die hybride Technik verwendet, die bisher nur wenige Anbieter von Reporting- und Analysewerkzeugen unterstützen. IBM befindet sich hingegen mit seinen multidimensionalen „Cube-Views“ noch im Betastadium, und Microsoft setzt aktuell auf getrennte Datenbanken unter dem Dach des „SQL Servers“.

Andere untersuchte Anbieter wie Teradata, Sybase oder Sand verlassen sich vollständig auf relationale Datenbank-Management-Systeme - in der Regel mit optimierten Indizierungs- oder Abfragemechanismen. Oracle und Microsoft haben zusätzlich begonnen, Data-Mining-Algorithmen in die Datenbank zu implementieren, die jedoch noch nicht mit entsprechenden, separat angebotenen Produkten von IBM oder SAS konkurrieren können.

Um den wachsenden Datenmengen bei steigenden Benutzerzahlen und hohen Ansprüchen an die Abfragegeschwindigkeit gerecht zu werden, setzen Data-Warehouse-Anbieter auf die breite Unterstützung von 64-Bit-Hardware und den massiven Einsatz von Paralleltechnik. Auch mit Partitionierungsoptionen und Funktionen, die wie Aggregatbildung und Indexierung den Zugriff beschleunigen, lässt sich die Skalierbarkeit steigern. Für große Warehouses zeigten dabei insbesondere Teradata, IBM und Oracle gute Möglichkeiten, gefolgt von SAS und Microsoft. Die Anbieter Sand und Sybase konnten mit interessanten Indexierungsmethoden punkten.

Ein weiterer Aspekt sind analytische Anwendungen, die für schnellere Projekte sorgen sollen. Sie enthalten hierfür praxiserprobte, vordefinierte Datenextraktionsroutinen, Data-Warehouse-Datenmodelle sowie Berichts- und Analysevorlagen. Entsprechende Angebote haben vor allem Business Objects, Cognos, Informatica, SAP sowie SAS zu bieten. Andere Hersteller haben dagegen häufig nur punktuelle Lösungen im Programm.

Schließlich stehen Unternehmen vor der Frage, ob sie eine Data-Warehouse-Lösung besser mit Hilfe der Produkte eines Herstellers oder mit Werkzeugen verschiedener Anbieter aufbauen. Für integrierte Lösungen spricht in der Regel der geringere Aufwand für die Datenbereitstel-lung, während die Best-of-Breed-Lösungen einen größeren Funktionsumfang und anwenderfreundlichere Endbenutzerwerkzeuge bieten.

Die Studie ergab hierzu, dass sich mittlerweile nur noch wenige Anbieter auf das Backend einer Data-Warehouse-Lösung konzentrieren, etwa Ascential im Bereich Datenintegration und IBM, NCR, Sybase und Sand mit ihren Datenbanken. Die meisten Softwarehersteller bieten hingegen neben Komponenten zur Datenintegration auch Rolap-Engines (Microstrategy, Sagent, SAP) sowie Frontends für Business Intelligence. Über die vollständigste Palette verfügt SAS, besonders gute Noten im Frontend-Bereich erhielten Business Objects, Cognos und Microstrategy.