Deutsche Post

Aufbruchstimmung auch ohne Startup-Partys

05.06.2011 von Alexander Freimark
Bereichsvorstand Georg Rau über die digitale Strategie der Deutschen Post und die Bedeutung von IT-Talenten für den Erfolg.
Foto: Deutsche Post DHL, Georg Rau

CW: Sie sind 2008 von SAP zur Deutschen Post gewechselt. Laut aktuellem IT-Graduate-Barometer ist das ein Abstieg um 74 Ränge. Warum haben Sie sich das angetan?

Rau: Auch wenn es überraschend klingt - ich bin aus gutem Grund zur Post gegangen. Der Konzern ist im Umbruch, neue Geschäftsfelder entstehen und werden erschlossen, persönliche Chancen tun sich auf, und man kann tatsächlich etwas bewegen. Die Aufbruchstimmung macht unsere Arbeit und das Umfeld extrem spannend.

CW: Sie sind nicht der einzige Manager, der das von seiner Firma behauptet.

Rau: Von außen betrachtet, mag es ein kleiner Schritt vom Brief zum E-Postbrief sein. Aber wir starten hier keinen Testballon. Ich will nicht den Vergleich mit einer Revolution bemühen, aber wir arbeiten daran, unser Geschäft in eine andere Dimension zu führen. Die Aufbruchstimmung in der Post ist nicht die Vision einiger Manager, die fröhliche Web-Startup-Partys feiern. Sie ist Folge eines Commitments, das sich von der obersten Management-Ebene durch das Unternehmen zieht. Wir arbeiten daran, unsere Leistungsangebote gezielt in den digitalen Raum zu erweitern. Alle Mitarbeiter sind auf die Strategie eingeschworen, und gemeinsam werden wir sie zum Erfolg führen.

CW: Für die Umsetzung brauchen Sie viele IT-Talente und erfahrene Spezialisten. Wie können Sie die für ein Engagement bei Ihnen interessieren?

Georg Rau ...

... verantwortet als Bereichsvorstand im Unternehmensbereich Brief der Deutschen Post DHL die Produktentwicklung und den Betrieb des E-Postbriefs. Der Physiker hat an der University of Oxford promoviert, bevor er 1999 zu McKinsey nach Frankfurt am Main wechselte. Von 2004 bis 2008 arbeitete Rau für SAP, zuletzt als Vice President Emea Ecosystem & Partner Group.

Rau: Der Umbruch bringt auch für IT-Profis spannende Tätigkeitsbereiche - weil wir neue Grundlagen schaffen müssen, die es vorher nicht gab. Zudem geht es nicht um technische Banalitäten. Unsere große Herausforderung beim E-Postbrief liegt darin, ein bequemes Interface für Millionen Nutzer mit effizienten Prozessen und einem Höchstmaß an Sicherheit zu kombinieren. Das ist wie die Quadratur des Kreises. So hat die Arbeit hier von den Details bis zu den Rahmenbedingungen einen besonderen Reiz.

CW: Welche zentralen Aufgaben werden der IT im Konzern der Deutschen Post übertragen?

Rau: Einerseits, und da sind wir keine Ausnahme in der Industrie, muss unsere IT die steigenden Leistungserwartungen der Kunden erfüllen. In den Bereichen Brief und Paket wird die Flexibilität immer wichtiger, aber auch die Skalierbarkeit und der Automatisierungsgrad. Das schaffen Sie nur durch IT. Parallel dazu wird die IT zunehmend integraler Bestandteil unserer erweiterten Produktpalette. Das ist eine neue Qualität.

CW: Wie hat die Deutsche Post ihre IT in das Business integriert?

Rau: Bei uns sind alle Geschäftsprozesse von IT durchdrungen, anders können Sie in der Logistik nicht bestehen. Für die klassische IT-Bereitstellung haben wir die Sparte "IT-Services" in der Dienstleistungsorganisation Global Business Services. Die Geschäftsbereiche selbst steuert die IT aus einer Anforderungssicht heraus mit Spezialisten, die eine Brücke zwischen Business und IT schlagen können. Deshalb ist die Aussage unseres Vorstands gerechtfertigt: Wir sind ein IT-Haus mit angeschlossener Zustellung.

CW: Das Image des Konzerns ist noch durch historische Symbole geprägt - das Amt, der Bote, die Kutsche. Wie wollen Sie das ändern, um den Konzern für IT-Talente interessanter zu machen?

Rau: Dass wir ein ernst zu nehmendes IT-Powerhouse sind, wird sich im Rahmen unserer Strategie zeigen, weil unsere IT-Produkte im täglichen Leben viel präsenter werden. Spätestens wenn eine zunehmende Zahl der Briefe über den PC kommt, wird den Kunden klar, dass wir viel mehr können, als Papier zuzustellen. Je deutlicher die IT in den Produkten erkennbar wird, desto schneller wird sich das Image wandeln. Das geht zwar nicht von heute auf morgen, aber in naher Zukunft sollten wir das grundsätzlich gedreht kriegen. Wichtig ist, dass unsere Kunden die Expansion in die IT-Welt und den damit verbundenen Nutzen wahrnehmen.

CW: Welche elektronischen Bereiche sind denn für Sie neben dem E-Postbrief lukrativ?

Rau: Die Deutsche Post baut in der digitalen Welt auch ein Standbein für Dialog-Marketing auf. Mit der Akquisition von Nugg.ad 2010 wurde ein wichtiges Signal gegeben, und im April haben wir den Online-Vermarkter Adcloud akquiriert.

CW: Entwickelt die Deutsche Post auch eigene Angebote?

Rau: Die Marketing-Kollegen haben den "Werbemanager.de" ins Rennen geschickt, um kleine Firmen bei ihrer Online-Vermarktung zu unterstützen. Ohne innovative IT-Lösungen können Sie heute in unseren Branchen keine zeitgemäßen Angebote mehr schaffen. Der E-Postbrief ist dabei ein zentraler Baustein für das elektronische Geschäft, und er steht sinnbildlich für die digitale Strategie der Deutschen Post.

Wer sind die beliebtesten 30 IT-Arbeitgeber 2011?
Fast 7000 Informatikstudenten haben im "Trendence Graduate Barometer German IT " ihre Stimme abgegeben. Auf Platz 30 ist Accenture gelandet und damit die am besten platzierte IT-Beratung in dem Ranking, das insgesamt über 100 Plätze umfasst. Sehen Sie nun die Top 30 der IT-Arbeitgeber!
Auf Platz 29 folgt das ....
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kurz DLR.
Den Reiz der Forschung....
übt auch das deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz auf Nachwuchsinformatiker auf. In diesem Jahr schaffte es die renommierte Einrichtung mit mehreren Standorten in Deutschland auf Platz 28.
Nvidia, mit Hauptsitz im kalifornischen Santa Clara,...
.. ist einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer und Spielkonsolen. Auf Platz 27 der beliebtesten Arbeitgeber.
Jeder schaut Fernsehen...
...warum sollte dann ein Fernsehsender wie ProSiebenSat1 nicht ein attraktiver Arbeitgeber sein. Die private Sendergruppe hat es auf Rang 26 geschafft.
Oracle.....
...ist einer von vielen amerikanischen IT-herstellern, die beim deutschen Informatiknachwuchs hoch im Kurs stehen. Platz 24.
Abenteuer Forschung...
Auch die Max-Planck-Gesellschaft ist für den IT-nachwuchs eine wichtige Adresse, wenn es um den Berufsstart geht. Platz 24.
Die Lufthansa Systems...
hat im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze verloren und findet sich nunmehr auf Rang 23 des Trendence-Rankings wieder.
EADS auf Platz 22...
...gehört auch für Informatiker schon seit Jahren zu den 30 beliebtesten Arbeitgebern.
Bosch ist....
...nicht nur für Ingenieure ein attraktiver Arbeitgeber, sondern auch für informatiker. Platz 20.
Harald Esch, Deutschland-Chef von Adobe,....
...kann sich nicht so recht freuen. Sein Unternehmen fiel in der Gunst der deutschen informatikstudenten: Von Platz 14 auf Platz 20.
Volkswagen....
...ist Deutschlands größter Automobilhersteller und landet beim IT-Nachwuchs auf Platz 18. Sieben Plätze besser als noch 2010.
Intel....
...ist weltweit der größte Prozessorhersteller. In diesem Jahr auf Platz 18.
Die Deutsche Telekom....
...sponsort nicht nur den FC Bayern, sondern investiert auch viel in das Recruiting. Das wird vom IT-Nachwuchs honoriert. Ein steiler Aufstieg von Platz 29 im Vorjahr auf Platz 17 in 2011.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik....
...kurz BSI ist für Informatikstudenten eine feste Größe, seit Jahren unter den Top 20, in diesem Jahr auf Platz 16.
Die Welt der Computerspiele.....
scheint den Nachwuchs magisch anzuziehen. Elektronic Arts (Platz 15) ist einer von drei Spieleherstellern unter den Top 30.
Gutes Produkt = guter Arbeitgeber
Diese Rechnung geht auch für Daimler auf. Die Informatikabsolventen wählten den schwäbischen Autokonzern auf Platz 14.
Amazon...
..ist das größtes Online-Kaufhaus und stieg in diesem Jahr neu auf Platz 13 ein.
Spielehersteller Crytek...
...ist in diesem Jahr der steilste Aufsteiger: von Platz 24 auf 11. Personalfrau Andrea Hartenfellner macht dafür die Veröffentlichung des Titels "Crysis 2" und das spannende, international geprägte Arbeitsumfeld verantwortlich.
Der Reiz des Geheimen....
zieht Informatiker zum BND. Der Bundesnachrichtendienst ist die Behörde, die mit Abstand am besten im Ranking platziert ist. Der BND ist auch auf diversen Recruitingveranstaltungen präsent.
Schnelle Autos....
machen nicht nur Männer sexy, sondern auch Arbeitgeber. Porsche schaffte in diesem Jahr den Sprung unter die Top Ten.
Auf Platz 9 folgt mit BMW...
ein weiterer Automobilkonzern, der auch 2010 schon unter den Top Ten war.
Audi....
...ist für Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure der Traumarbeitgeber, aber auch bei Informatikern können die Ingolstädter punkten. Platz acht und in diesem Jahr erstmals einen Platz vor BMW.
Siemens-Chef Peter Löscher....
...kann mit dem siebten Platz seines Konzerns eigentlich nicht zufrieden sein. Noch vor zehn Jahren führte Siemens das Ranking an. Für Informatiker ergeben sich hier aber auch deutlich weniger Chancen, nachdem die TK- und IT-Sparten ausgelagert beziehungsweise geschlossen werden.
Die Fraunhofer Gesellschaft....
mit ihren vielen Forschungseinrichtungen war für Informatikstudenten schon immer ein attraktiver Arbeitgeber, in diesem Jahr auf Platz 6 des Trendence-Rankings.
Microsoft...
..auf Platz vier in diesem Jahr wurde schon mehrfach als guter Arbeitgeber ausgezeichnet. Für junge Leute hat der Softwarehersteller auch ein gut dotiertes Traineeprogramm im Angebot.
SAP ist immer noch....
der größte deutsche Softwarehersteller. Für den IT-Nachwuchs war er früher der Traumarbeitgeber, mittlerweile ist er auf dem dritten Platz gelandet.
IBM...
hat nicht nur den Supperrechner Watson entwickelt, sondern ist auch für Informatiker eine feste Größe und behauptet sich seit Jahren auf Platz 2.
And the winner is...
im vierten Jahr in Folge Google. Für fast jeden vierten Informatikstudenten ist der Internet-Konzern der Traumarbeitgeber.

Die IT der Deutschen Post...

... ist Teil der Dienstleistungsorganisation "Global Business Services" (GBS). Deren Sparte "IT Services" mit über 5000 Mitarbeitern ist einer der größten Servicebereiche. Gemäß der Aufteilung des IT-Bereichs in Demand und Supply bildet sie eine einheitliche Supply-Organisation innerhalb des Konzerns, die den Fachabteilungen Entwicklungs-, Betriebs- und Integrations-Services anbietet. Zudem gibt es das IT Global Business Services & Corporate Center, das die IT-Strategien der Sparten von GBS unterstützt. Die Geschäftsbereiche selbst managen die IT aus einer Anforderungssicht heraus. Hierbei handelt es sich zwar um IT-nahe Rollen, jedoch nicht um die klassischen Entwickler. Im Vordergrund steht die Verbindung von geschäftlichen Vorgaben und der IT.

Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades, der bei IT-Experten für die Weiterentwicklung des E-Postbriefes gefordert ist, wird derzeit eine eigene Produktentwicklung aufgebaut. Diese wird für den Ausbau des E-Postbriefes zu einer Plattform für Mehrwertdienste verantwortlich sein. Hierfür werden eine Vielzahl an IT-Experten gesucht, etwa in den Bereichen IT-Beratung, IT-Projekt-Management, IT- und Business-Architektur, Entwicklung, Release- und Produkt-Management, Business-Analyse, IT-Betrieb, Service- und Qualitäts-Management sowie Test und Abnahme.