Analysten winken ab

Auch das Apple iPhone 3G S ist nicht voll Business-tauglich

15.06.2009 von Manfred Bremmer
Trotz neuer Features wie Remote Wipe und hardware-basierender Verschlüsselung vermissen Experten bei dem Kultgerät nach wie vor wichtige Funktionen für den breiten Einsatz in großen Unternehmen.

Mit dem auf der WWDC vorgestellte iPhone 3G S hat Apple in erster Linie weitere Produktpflege betrieben. Während sich optisch wenig getan hat, soll das neue Smartphone dank (normal getaktetem) 600 Mhz-Prozessor zwei- bis dreimal so schnell arbeiten wie sein Vorgänger. Außerdem unterstützt es HSDPA mit 7,2 Mbit/s, hat eine längere Akkulaufzeit und eine verbesserten Kamera mit 3 Megapixel Auflösung, Autofokus und Videoaufnahme. Im Business-Umfeld ist vor allem die eingebaute Hardware-Verschlüsselung zu nennen. Softwaretechnisch bringt das Betriebssystem-Update iPhone 3.0 die seit langem geforderte Unterstützung für Cut/Copy/Paste, eine Tastatur im Querformat für alle wichtigen Programme sowie die Möglichkeit, das Gerät als Modem zu verwenden (Tethering). Außerdem kommen die bereits für iPhone 2.1 angekündigten Push Notifications als Alternative für das nach wie vor nicht unterstützte Multitasking und die Daten auf dem Gerät lassen sich über einen "Remote-Wipe"-Befehl komplett löschen.

Analysten sind skeptisch

Wie eine Umfrage der Schwesterpublikation "Computerworld" ergab, reichen diese Maßnahmen allein aus Analystensicht jedoch nicht aus, um dem iPhone die letzten Business-Weihen zu verleihen. Die Experten vermissen vor allem ein System, mit dem die IT-Abteilung iPhones in einem großen Unternehmen verwalten und kontrollieren kann. Konzerne "müssen sicherstellen, dass alles, was sie tun, nachgeprüft werden kann. Zu diesem Zweck müssen sie Sachen beim Nutzer durchsetzen können, um eine konsistente Umgebung zu schaffen", erklärte Gartner-Analyst Ken Dulaney gegenüber Computerworld. Das Problem mit dem iPhone 3G S sei, dass es keine Konsole gibt, um Corporate Policies für eine ganze Gruppe von Mitarbeitern durchzusetzen, stimmte Kevin Burden, Analyst bei ABI Research, zu.

Als weiteren Punkt führten die Experten an, dass das iPhone 3G S keine Prozesse im Hintergrund erlaube, über die die IT-Abteilung Updates einspielen und andere von großen Unternehmen gewünschte Management-Tools einsetzen könne. Dies sei vor allem für Finanzdienstleister wichtig, die besonders strengen Gesetzesvorschriften unterliegen, was die Behandlung von Daten anbelangt. "Apple hat diese (Hintergrundprozesse) nicht aktiviert und ohne dieses Feature ist die Sicherheit begrenzt", erklärte Gartner-Analyst Dulaney.

Fehlende Management-Tools

Sein Kollege bei ABI Research verweist auf die Tatsache, dass es - anders als beim iPhone - für Blackberry- und Windows-Mobile-Geräte ausreichend Management-Werkzeuge für die Verwaltung von großen Smartphone-Deployments gebe. Und während Drittanbieter zahlreiche Tools entwickelt haben, um das iPhone in Geschäftsumfeld einsetzen zu können, so IDC-Analyst Steven Drake, seien diese im Vergleich schwieriger zu implementieren und zu nutzen. Drake sagte, er kenne einige Unternehmen, die viele Mitarbeiter mit dem iPhone ausstatten wollten und letztendlich wegen Bedenken hinsichtlich Management und Sicherheit des Geräts davon Abstand genommen hätten. Trotz seiner Vorbehalte bezeichnete Drake die Summe der Verbesserungen des iPhone 3G S für das Business aber als einen "guten Schritt" von Apple.

Steve Hilton, Analyst bei der Yankee Group, ist ähnlicher Meinung: Seit das erste Modell 2007 vorgestellt wurde, habe das iPhone unter "Enterprise-Neid" gelitten, erklärte er. "Ursprünglich für den Consumer-Bereich gebaut, sucht das iPhone nach dem Wundermittel, um sich auch in den Unternehmen breit zu machen. Remote Wipe, Verschlüsselung und Modem-Funktion sind dazu notwendig, aber nicht ausreichend."

Einige Großkunden

Trotz aller Mankos hat es das iPhone bereits geschafft, in einigen Großunternehmen Fuß zu fassen, zu nennen sind in den USA insbesondere Kraft Foods und Oracle: Der Softwarekonzern hat seit Januar 2009 bereits 4000 Geräte im Einsatz, Kraft Foods bestellt nach eigenen Angaben seit Juli 2008 monatlich etwa 400 iPhones - bis Ende 2009 sollen 4000 bis 5000 der Apple-Devices im Betrieb sein. Beide Unternehmen nutzt Forrester in einer Studie als Referenz um die Business-Tauglichkeit des iPhones unter Beweis zu stellen. Das Analystenhaus bezieht sich dabei jedoch primär auf die Nutzungsmöglichkeiten und den Kostenpunkt. Punkte wie die Möglichkeiten des Managements, insbesondere das Durchsetzen von Policies, lagen weniger stark im Fokus. Hierzulande dürften die größten Deployments mit rund 1400, beziehungsweise 1000 iPhones beim IT-Dienstleister Logica und dem Axel Springer Verlag zu finden sein.

Finanzdienstleister waren bislang schwerer zu überzeugen. Wegen der Möglichkeit, die Smartphones über den Blackberry Enterprise Server zentral zu verwalten, zieht etwa die Bank of America ihre Blackberries gegenüber dem iPhone vor.