Customer-Relationship-Management

arvato koppelt Microsoft Dynamics CRM mit SAP ERP

08.06.2009 von Frank Niemann
Für ihre verzweigte Firmengruppe mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern hat die Bertelsmann-Tochter arvato eine einheitliche Microsoft-CRM-Software entwickelt und mit dem hauseigenen SAP-System verbunden.

Die Bertelsmann-Tochter arvato AG ist in an zahlreichen Standorten in mehr als 30 Ländern vertreten und bietet Druckdienstleistungen, digitale Vervielfältigung, Call-Center-Services und Logistik sowie IT- und Finranzdienstleistungen. Im Jahr 2008 erwirtschaftete arvato mit mehr als 60.000 Mitarbeitern fast fünf Milliarden Euro Umsatz. Da der Unternehmensverbund dezentral aufgestellt ist, haben Kunden häufig Kontakt zu mehreren arvato-Gesellschaften. Die Geschäftseinheiten nutzten früher jeweils eigene Software für das Kundenbeziehungs-Management (Customer-Relationship-Management, kurz CRM). Einige der Lösungen waren veraltet,und die Benutzerführung entsprach nicht mehr dem Stand der Technik. Deshalb entschloss sich arvato, ein gemeinsames CRM-System für die Einzelgesellschaften zu erarbeiten und innerhalb des dezentral organisierten Konzerns zu etablieren. "Trotz ihrer unterschiedlichen Geschäftsfelder wiesen die Sparten einige Gemeinsamkeiten in den Kernprozessen auf", so Thomas Urban, der die CRM-Einführung als Projektleiter verantwortete. Dennoch war es erforderlich, die Vertriebsprozesse der mehr als 20 Organisationen zu harmonisieren.

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Um das Budget einzuhalten, wurde vereinbart, dass die Kosten für Anpassungen und Sonderwünsche von der jeweiligen Gesellschaft zu zahlen sind.

Allerdings gab es keinen Master-Plan für die CRM-Einführung: Das intern als "Sales Toolkit of arvato services" (Stars) bezeichnete Vorhaben sah vor, dass die einzelnen Geschäftseinheiten ihr bisheriges System weiternutzen können.

"Wir waren gezwungen, die Vorteile der CRM-Lösung jeder Gesellschaft plausibel zu machen", beschreibt Urban. Die Methode hatte Erfolg: Im Zuge des Projekts entwickelte arvato eine gruppenweit einheitliche Vertriebsmethode. Und durch die Budgetrichtlinien bezüglich der Anpassungswünsche beschränkten sich die Gesellschaften auf die wirklich wichtigen CRM-Eigenschaften.

Komplexes Berechtigungskonzept

"Der größte Aufwand bei der Realisierung entfiel auf die Berechtigungsstrukur", erklärt Thomas Urban. Alle Gesellschaften sollten einerseits auf eine gemeinsame, firmenweit einheitliche Struktur der Stammdaten zugreifen können. Die Aktivitäten dürften jedoch nur für die Mitarbeiter der jeweiligen Firma aus der arvato-Gruppe zugänglich sein.

Einheitlicher Verkaufsprozess für verschiedene Gesellschaften

Den Verkaufsprozess hat arvato vereinheitlicht und in der CRM-Software entsprechend abgebildet. Der Vorgang umfasst acht Schritte vom Erstgespräch mit dem Kunden bis zum Vertragsabschluss. Für die Vertriebsaktivitäten ermittelt die Software Eintrittswahrscheinlichkeiten für den Vertragsabschluss. Die Werte fließen in die Unternehmensplanung ein.

Der Fokus der CRM-Nutzung liegt auf Vertriebsunterstützung, Vertriebssteuerung und Marketing. "Wir haben zu diesem Zweck zahlreiche Dashboards und auf Kennzahlen basierende Berichte mit den Fachbereichen entwickelt und für alle Benutzer hinterlegt", erläutert Urban. Im Call-Center findet das CRM-Programm indes keine Verwendung.

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arvato realisierte das Projekt mit "Dynamics CRM" von Microsoft. Dafür sprach, dass "Microsoft Outlook" das Standardprogramm für die E-Mail-Kommunikation und die Terminverwaltung innerhalb der Firmengruppe ist: Das Frontend der CRM-Software ähnelt dem der E-Mail- und Kalendersoftware. Darüber hinaus hatte die Sparte arvato systems Technologies im Rahmen von IT-Projekten bereits Erfahrung mit dem Microsoft-CRM-Produkt sammeln können.

Integration in die SAP-Software

Microsoft Dynamics CRM erinnert an Microsoft Outlook. Arvato musste das Berechtigungssystem stark anpassen.

Die Bertelsmann-Tochter nutzt ERP-Software von SAP und wollte die CRM-Software damit verbinden. Die Aufgaben beider Systeme sind klar getrennt: Dynamics CRM deckt den vertrieblichen Teil bis zum Vertragsabschluss ab, die Anlage des Auftrags und der Unteraufträge erfolgt dann ausschließlich im SAP-System. Die Trennung betrifft auch die Datenhaltung: Für Interessenten ist das CRM-Programm das führende System, für Kunden das ERP-System. Somit liegen alle Angebotsprozesse, Termine, E-Mails, Kontaktpersonen, Angebotsdokumente etc. in der CRM-Software. Alle debitorisch relevanten Daten (Debitor = Kunde) können die Anwender über die CRM-Software im SAP-Programm anlegen. Danach führt die SAP-Seite. Somit müssen Stammdatenänderungen ERP-seitig erfolgen. Datenänderungen werden an das CRM-System übermittelt, Änderungen sind dort aber nicht möglich. Nach Angaben von Projektleiter Urban konnte arvato für die CRM-/ERP-Anbindung Standardroutinen von SAP und Microsoft verwenden (siehe auch "So integriert Jägermeister das SAP-Backend mit mobiler CRM-Software").

Angefangen hatte arvato das Projekt mit Dynamics CRM 3.0, stieg aber dann auf das aktuelle Release 4.0 um (siehe auch "Vergleich von SAP CRM und Microsoft Dynamics CRM").

Datenintegration und Dubletten-Check

Eine CRM-Software nutzt nur etwas, wenn man sie mit hochwertigen Kundendaten füttert. Die Kundeninformationen lagen jedoch in unterschiedlichen Quellsystemen vor. Mit Hilfe einer Drittsoftware entwickelte Urbans Team eine Importschnittstelle, die Daten in einem definierten Format verarbeiten und auf die einzelnen Datenbereiche innerhalb von Dynamics CRM verteilen kann. "Jeder Bereich kann seine Daten damit in Excel an unserer ´Bordsteinkante´ abliefern, und wir importieren sie dann."

Dubletten lassen sich erkennen, indem die Daten vor dem Einlesen in die CRM-Datenbank über das arvato-Tochterunternehmen Bedirect mit einer eindeutigen ID versehen werden. Beispielsweise erhalten auf diese Weise die Adressen "Porsche AG" und "Dr. Ing. h.c.f. Porsche AG" die gleiche ID und werden noch vor dem Import als Dubletten erkannt.

Was hat die CRM-Software gebracht?

Vertriebsprozesse sind transparent geworden: arvato-Vertriebler können nun sehr rasch erkennen, welche anderen Gesellschaften bereits Kontakt zu einem Kunden aufgenommen haben. Durch eine einheitliche Plattform ließen sich Vertriebsabläufe per Software harmonisieren. Zudem gestattet die gemeinsame Applikation ein einheitliches Reporting aufgrund von gruppenweit gültigen Kennzahlen.

Nicht zuletzt hat arvato Geld gespart. Durch die Ablösung von 20 Einzelsystemen und den Wegfall von Wartungskosten haben sich die Aufwände für CRM-Software um 20 bis 30 Prozent reduziert.

Wo steht das Projekt heute?

Mittlerweile läuft das CRM-System in insgesamt 22 nationalen und internationalen Tochtergesellschaften. Beim Produktivstart Ende 2007 hatte es 100 Nutzer, mittlerweile sind es mehr als 650.