Tagesschau-App

ARD und Verleger kriegen sich in die Haare

23.12.2009
Die deutschen Verleger und Privatsender protestieren auf breiter Front gegen die ARD-Ankündigung, kostenfreie Nachrichten-Apps auf Smartphones zu bringen.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) sowie die Axel Springer AG kritisierten das Vorhaben, eine kostenlose Tagesschau-App für das Apple iPhone anzubieten, am Dienstag scharf. "Wir haben die Ankündigung der ARD, ein kostenloses Applet der "Tagesschau" in Apples AppStore anzubieten, mit Befremden zur Kenntnis genommen", sagte Springer-Unternehmenssprecherin Edda Fels in Berlin. Der zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) wies die Argumente zurück.

Die gebührenfinanzierte ARD dehne erneut ihren Auftrag zu Lasten der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger aus, heißt es in einem Brief von VDZ-Geschäftsführer Wolfgang Fürstner an Kulturstaatsminister Bernd Neumann und die Ministerpräsidenten der Länder. Die ARD solle sich auf ihren Grundversorgungsauftrag beschränken. Fürstner unterstrich, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel während der VDZ Zeitschriftentage im November auf die Seite der Verlage gestellt und Schutz vor Marktverzerrungen zugesagt habe. Dazu zählten nicht nur Werbeverbote, sondern auch gebührenfinanzierte Verdrängungsversuche. Der Verband will nun auch mögliche rechtliche Schritte prüfen.

Unverständnis äußerte auch der BDZV über "den Alleingang des Senders offenbar ohne Einbindung der Gremien", wie es in einer Mitteilung hieß. Vor diesem Hintergrund erwarte der BDZV einen Stopp aller weiteren Pläne für dieses neue Telemedienangebot. "Es gehört ganz sicher nicht zum Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten, kostenlose Applets auf dem iPhone zur Verfügung zu stellen", sagte Springer-Sprecherin Fels weiter und sprach von einer "nicht tolerierbaren Marktverzerrung". Mit der "unrühmlichen Fortsetzung ihrer gebührenfinanzierten Kostenlos-Strategie" nun auch im App-Store versuche die ARD erneut, private Marktentwicklung im Keim zu ersticken, sagte der VPRT-Präsident Jürgen Doetz.

Mein Markt, dein Markt ...

Der NDR wies die Kritik zurück: "Der geplanten Kooperation liegt kein neues oder geändertes Telemedienangebot im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zugrunde", sagte Sprecher Martin Gartzke. "Es geht auch nicht um exklusive Inhalte. Vielmehr sollen bereits seit Jahren mobil verfügbare Inhalte, die schon seit langem über tagesschau.de/mobil oder wap.tagesschau.de abgerufen werden können, für eine Verbreitung über Smartphones wie das iPhone dargestellt und optimiert werden." Abgesehen von einem überschaubaren einmaligen Programmieraufwand und den auch sonst für Tagesschau.de entstehenden Verbreitungskosten fielen dafür keine zusätzlichen Kosten an.

Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust hält den Vorwurf der "Wettbewerbsverzerrung" durch die Axel Springer AG und die Zeitungsverleger für völlig unverständlich. Er sagte: "Bereits seit Jahren sind im absoluten Einklang mit der Mediengesetzgebung die Inhalte von tagesschau.de auch auf Handys oder Smartphones mobil verfügbar. Warum dies nun mit einer simplen Software zur Wahrnehmung des Angebots von tagesschau.de auf dem iPhone nicht möglich sein soll, verstehe wer will." Die ARD halte die Regeln des entsprechenden Staatsvertrages vollständig ein. Boudgoust fügte hinzu: "Offensichtlich geht es den Kritikern nicht um die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen, sondern darum, uns von den Entwicklungen im Netz abzukoppeln."

ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke hatte in einem dpa-Gespräch am Montag gesagt, dass die Anwendung auf Smartphones im Gegensatz zu anderen Apps (wie zum Beispiel das kostenpflichtige Angebot der "Bild"-Zeitung) kostenlos zur Verfügung gestellt werden solle, da sie bereits aus der Rundfunkgebühr finanziert seien. "Mehrere Hunderttausend iPhone-Nutzer dürfen von uns erwarten, dass wir sie auch unterwegs mit seriösen Nachrichten versorgen", so Gniffke. Noch im ersten Quartal 2010 soll Tagesschau.de für mobile Nutzer abrufbar sein. (dpa/ajf)