Social Media Guidelines

Arbeitnehmerpflichten im Social Web

15.10.2012 von Holger Schrader
Risiken in sozialen Netzen erkennen und daraus Richtlinien für die eigenen Mitarbeiter abzuleiten, gehört für Unternehmen heute zum guten Ton.
Sich im Social-Media-Chaos zurechtzufinden, ist eine Herausforderung.
Foto: fotolia.com/arrow

Soziale Netze sind zu einem Instrumentarium geschäftlicher Kommunikation avanciert. Viel zu oft kommt es in diesem Umfeld aber noch zu Konflikten zwischen privatem Handeln und dienstlichen Pflichten der Mitarbeiter. Neben Reputationsschäden für das Unternehmen drohen weitere Gefahren. Es gilt, diese zu erkennen und sinnvolle Nutzungsrichtlinien für das Social Web zu entwerfen.

Wenn Privatleben und Job in Konflikt geraten

Analysiert man den Content von sozialen Netzen wie Facebook, wird schnell deutlich, dass es einen Konflikt zwischen den privaten und geschäftlichen Interessen geben kann. Die unbedachte Weitergabe von Informationen sowie die Abgabe privater oder politischer Meinungen können sowohl im privaten als auch im dienstlichen Umfeld zu Problemen für den Einzelnen und für seinen Arbeitgeber führen.

Basierend auf einer Studie der Hochschule Augsburg und des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz sind die wesentlichen Gefahren in Social Networks:

Richtlinien - Sicherheit für Unternehmen und Mitarbeiter

Jede Form der Kommunikation in derartigen Medien im Arbeitsalltag sollte daher festen Regeln unterliegen, wenn sich der Mitarbeiter dienstlich dort bewegt oder sich im privaten Umfeld als Angestellter des Unternehmens zu erkennen gibt. Richtlinien dienen dazu, den Handlungsspielraum zu definieren und Anweisungen zu geben, um einen Konflikt zwischen privatem Handeln und beruflichen Pflichten in sozialen Netzen zu vermeiden. Zudem geben sie im Streitfall Sicherheit.

Die sozialen Medien, die bei der Definition von Guidelines eine Rolle spielen, sollten soziale Netzwerke, Foren, Blogs und Wikis gleichermaßen umfassen. Im Unternehmen gilt es, die Einhaltung der Richtlinien zu überwachen, gegebenenfalls Prozessabläufe anzupassen und eine Nichteinhaltung dem Informationssicherheitsbeauftragten zu melden.

So empfiehlt es sich, dass Mitarbeitern ohne dienstlichen Bezug zu sozialen Medien während der Arbeitszeit die Nutzung nicht oder nur in dem Maße gestattet ist, wie es die Arbeit nicht beeinflusst. Mitarbeiter mit festen Aufgaben in sozialen Medien sollten ihre Aktivitäten nur hierauf beschränken oder sie zumindest nicht derart ausweiten, dass dies sich in irgendeiner Form auf die Arbeit auswirkt. Ihre Arbeit muss immer konform zu den Guidelines stattfinden.

Tipps für Facebook, Twitter & Co.
Vielen fehlt noch das Gefühl dafür, was in sozialen Netzwerken angemessen ist und was nicht. Dabei gibt es ein paar einfache Regeln.
Du sollst nicht zu viel preisgeben
Auf Facebook und Co. erfährt man häufig mehr über das Privatleben von Freunden oder Bekannten, als man eigentlich wissen möchte. TMFI nennt Raphael das Phänomen "Too much Facebook Information". Das muss gar nicht unbedingt Peinliches aus dem Privatleben sein. Manche Nutzer überfrachten ihre Kontakte mit Posts, unter anderem Details über die tägliche Joggingrunde, Fotos vom Mittagessen oder zu viele Bilder vom Nachwuchs.
Du sollst soziale Netzwerke nicht für Predigten nutzen
Hin und wieder in sozialen Netzwerken seine Meinung zu sagen tut gut, das steht außer Frage. Doch wer ständig politische oder moralische Diskussionen anzetteln möchte, wird seinen Kontakten damit schnell auf die Nerven gehen. Deshalb sollte man eines beherzigen: Was Familie und Freunde von Angesicht zu Angesicht nicht besprechen möchten, wollen sie wahrscheinlich auch auf Facebook nicht ständig diskutieren - seien es Vorträge zu Obama, zu den Zuständen in Tierfabriken oder Religion.
Du sollst nicht ständig jammern
Noch schlimmer als die Prediger findet Raphael die Jammerlappen, die seiner Meinung nach Facebook und Twitter als Therapieersatz nutzen. Ab und zu mal über die Arbeit oder das Wetter zu klagen, ist ganz natürlich. Die Kontakte ständig mit Negativ-Posts zu befeuern, ist es nicht.
Du sollst nicht so tun, als wärst du Sport- oder Klatschreporter
Raphael ist reichlich genervt von Facebook-Kontakten, die der Meinung sind, sie müssten ihre Freunde mit den neusten Nachrichten versorgen. "1:0". "Elfmeterschießen" oder "Tom Cruise und Katie Holmes lassen sich scheiden" sind nur drei Beispiele für die Einträge von Möchtegern-Reportern, die ohne Meinung oder wenigstens einen persönlichen Kommentar gepostet werden. Denn, wie Raphael richtig sagt - wer das Spielergebnis wissen möchte, wird es sowieso verfolgen.
Du sollst dich nicht für einen Guru halten
Einige Facebook-Nutzer pflegen das Ritual, jeden Morgen ein Zitat zu veröffentlichen. Wenn Raphael jeden Morgen Einstein-Zitate lesen muss, inspiriert ihn das keineswegs.
Du sollst deine Follower-Obsessionen für dich behalten
Wer noch zehn, fünf oder drei Follower von einer bestimmten Marke entfernt ist, muss das nicht akribisch dokumentieren und das Erreichen der Zahl dann mit einem eigenen Beitrag à la "Hurra! Die 1000 sind geschafft!" kommentieren. Wer dann auch noch mit speziellen Tools bei der Zahl seiner Follower nachhilft, versucht nach Meinung von JR Raphael etwas zu kompensieren.
Du sollst dich nicht für einen Social Media-Experten halten
Die starke Verbreitung der sozialen Netzwerke bringt immer mehr Social Media-Experten zutage. Natürlich gibt es da auch einige, die wirklich gut Bescheid wissen. Viele tun dies aber nicht unbedingt. Der Möchtegern-Experte prahlt mit seinen überwältigenden Fähigkeiten im Social Media-Marketing, pflastert seine Einträge bei Twitter mit Hashtags, möchte dauernd den effektiven Einsatz von Social Media besprechen und will ständig Diskussionen anzetteln - denn auf das Engagement kommt es in den sozialen Netzwerken seiner Meinung nach an
Du sollst deine Accounts nicht auf Autopilot stellen
JR Raphael findet nur eine Sache noch anstrengender als nervige Kontakte in sozialen Netzwerken - wenn Nutzer ihre Statusmeldungen über automatisierte Systeme einfließen lassen. So kommt es zum Beispiel vor, dass Personen, die bei Twitter und Facebook aktiv sind, ihre Tweets automatisch auch bei Facebook veröffentlichen lassen. Ebenso unlieb sind Raphael automatische Updates darüber, welche Musik seine Kontakte gerade hören oder welche Spiele sie gespielt haben.
Du sollst nichts veröffentlichen, was nur du verstehst
Wow, ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert ist!" Jeder hat wahrscheinlich schon einmal einen solchen Tweet in seiner Timeline gelesen. Solche Einträge kommen entweder von Personen, die soziale Netzwerke mit einem Tagebuch verwechseln oder von solchen, die um die Aufmerksamkeit anderer buhlen und auf möglichst viele Nachfragen hoffen. Statusupdates, die nur aus Andeutungen oder sinnfreien Sätzen bestehen, reihen sich für Raphael in die überflüssigen Facebook-Nachrichten ein.
Du sollst keine Fotos posten, die bei anderen Nutzern Fremdschämen verursachen
Wer vorhat ein Bild mit nacktem Oberkörper auf seiner Profilseite hochzuladen, sollte sich das ganz genau überlegen. Ebenso, wer ein Bild von sich besitzt, auf dem er dem Fotografen eine Kusshand zuwirft. Es gibt sicher auch andere Bilder. Da muss man nicht auf solche zurückgreifen die andere und später vielleicht auch einen selbst in Verlegenheit bringen.

Nützliches zur Erstellung von Guidelines

Damit der Handlungsspielraum auf dem Social-Media-Parkett ersichtlich wird, sind Regeln und Konsequenzen seitens des Unternehmens festzulegen. Eine Differenzierung zwischen Mitarbeitern mit dienstlichem Bezug und Mitarbeitern ohne beruflichen Bezug zu sozialen Medien ist innerhalb dieser Guidelines sinnvoll. Haben sie keinen dienstlichen Kontext, tragen sie die persönliche Verantwortung der durch sie veröffentlichten Inhalte. Die Mitarbeiter haben zum Beispiel dafür Sorge zu tragen, dass das Ansehen oder die Informationswerte des Unternehmens durch ihre Handlungen keinen Schaden nehmen. Sie sollten sich daher bei jeder Veröffentlichung die Frage stellen: "Könnte ich damit leben, wenn diese Information morgen unter meinem Namen auf der Titelseite einer Boulevardzeitung steht?".

Es gilt also, bei jeder Art von Posting Vorsicht walten zu lassen. Im Zuge dessen ist es sinnvoll, die Nutzungs- sowie Urheberrechtsbestimmungen im Detail zu lesen sowie die Voreinstellungen zu überprüfen. Hier verstecken sich oft Stolperfallen. Bei privater Nutzung sollten die Arbeitnehmer zudem von der Nennung des Arbeitgebers sowie der Verwendung des Logos oder Schriftzuges absehen. Außerdem sind Aktivitäten, die die Produktivität des Mitarbeiters oder das geistige Eigentum Dritter gefährden, in den Richtlinien zu definieren.

Für Mitarbeiter mit dienstlicher Nutzung der sozialen Medien sollte gelten, dass sie sich öffentlich identifizierbar machen und angemessen bezüglich der Angaben und Fotos agieren. Ein respektvoller Umgang mit Kunden, Kollegen etc. ist unabdingbar. Meinungsäußerungen in politischer, religiöser oder weltanschaulicher Richtung sollten grundsätzlich neutral gehalten sein respektive nicht stattfinden - stattdessen sind fachliche Inhalte gefragt. Sämtliche Meinungen, Vermutungen oder Gegendarstellungen sind zu vermeiden. Werden Erkenntnisse der Arbeit veröffentlicht, ist es empfehlenswert, im Vorfeld einen Disclaimer für diese Fälle zu definieren. Auch emotionale Reaktion auf Kritik am Arbeitgeber oder Ähnliches sind fehl am Platze. Vertrauliche Inhalte des Unternehmens dürfen nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

Dies sind nur einige Hinweise, welche Aspekte es in jedem Fall zu beachten gilt, wenn Richtlinien erstellt werden, die den Umgang mit Social Networks regeln. Es empfiehlt sich, im Vorfeld eine Risikobewertung und Zieldefinition vorzunehmen, um hieraus schließlich sinnvolle Guidelines abzuleiten. (sh)