Programmierer sind für neue Jobs offen

Arbeitgeber verstehen Entwickler nicht

20.02.2018 von Hans Königes
Programmierer fehlen in Europa an allen Ecken und Enden. Laut aktuellen Daten der EU-Kommission trifft dies besonders auf die DACH-Region zu. Arbeitgeber machen aber immer wieder Fehler im Recruiting von Entwicklern.
  • Developer beklagen, dass Personaler wenig bis gar nichts über das Programmieren wissen.
  • Jede zweite Programmiererstelle ist für Unternehmen nur schwer zu besetzen.
  • Entwickler ärgert sich über überholte Kontroll- und Reporting-Zwänge.

Keine oder nicht genug Programmierer für offene Stellen bedeutet gewaltige Wirtschaftseinbußen für Unternehmen. So gibt es in Deutschland bei jeder zweiten Besetzung von offenen Entwicklerpositionen Probleme. Hierzulande sollen etwa 50.000, in Österreich rund 5000 IT-Profis fehlen - der Großteil davon Developer. In der gesamten EU sind es laut EU-Kommission bis 2020 sogar eine Million IT-Fachleute zusätzlich, die benötigt werden. Und der aktuelle Wirtschaftsaufschwung verschärft die Nachfrage nach Developern noch einmal enorm.

Viele HR-Abteilung können sich mangels Expertise nicht richtig in das Berufsbild des Entwickler hineinversetzen.
Foto: ronstik - shutterstock.com

Öffentliche und private Ausbildungsinitiativen wie etwa das private Bildungsinstitut CODE für das Berufsbild Softwareentwickler gibt es noch immer viel zu wenige. Arbeitgeber müssen deshalb vorhandene Ressourcen besser ausschöpfen. Das ist die Kernaussage einer repräsentativen Studie, für die Mindtake Research im Auftrag der europäischen Programmierer-Plattform WeAreDevelopers 444 Entwickler aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und dem CEE-Raum (Osteuropa und Balkan) befragt hat. Erstes überraschendes Ergebnis: Nur sechs Prozent der Programmierer suchen aktiv einen neuen Arbeitgeber. Aber fast jeder zweite Entwickler (41 Prozent) wäre für einen neuen Job offen. Und noch ein bemerkenswertes Ergebnis: 86 Prozent der Programmierer sind zu einem Jobwechsel ins Ausland bereit. Beliebteste Ziele sind Deutschland, Schweden und Großbritannien.

Entwickler wollen flexible Arbeitszeiten und Home Office

Welche Konsequenzen können nun Unternehmen aus diesen Ergebnissen ziehen? Gewinnen werden im Rennen um die besten Tech-Köpfe jene Firmen, die Programmierer europaweit erreichen und professionell ansprechen. Genau das ist laut einer weiteren aktuellen WeAreDevelopers-Umfrage (507 Befragte) der größte Kritikpunkt der europäischen Programmierer-Community: mangelnde Programmierfachkenntnis der einstellenden Personen, sprich vor allem der CIOs und Personaler. Neun von zehn befragten Entwicklern beklagten sich darüber, dass die Abteilung Human Ressources wenig bis gar nichts über das Programmieren wissen. "Gerade Developer setzen IT-Kenntnisse für eine vernünftige und sinnvolle Kommunikation auf Augenhöhe voraus", so die Studie. Der zeithäufigste Kritikpunkt hängt eng mit dem ersten zusammen: 85 Prozent der Befragten bemängeln, dass die Arbeitgeberseite auf Anhieb Fragen zur konkreten Position und dem Tätigkeitsfeld nicht beantworten kann. Ebenfalls 85 Prozent der Entwickler kritisieren ein "unpassendes Arbeitsumfeld". Konkret bedeutet dies: Der Entwickler bevorzugt Flipflops und kurze Hose statt Anzug und Schlips, er wünscht sich flexible Arbeitszeiten inklusive Home Office und ärgert sich über überholte Kontroll- und Reporting-Zwänge.

Was Softwareentwickler 2017 verdienen ...
Was Softwareentwickler 2017 verdienen ...
... hängt nicht nur von Qualifikation und Berufserfahrung ab. Entscheidend ist auch, in welcher Branche er arbeitet und in welcher Region der Arbeitgeber angesiedelt ist. Das ergab eine aktuelle Gehaltsanalyse von Compensation Partner.
Softwareentwickler, die Frankfurt und Hessen ...
... arbeiten, haben die besten Verdienstperspektiven. Hier können sie mit über 63.000 Euro brutto im Jahr rechnen.
Aber auch in Stuttgart und Baden-Württemberg ...
... erwarten Backend-Entwickler mit knapp 63.000 Euro im Jahr überdurchschnittliche Verdienstperspektiven.
In Bayern und insbesondere der Hauptstadt München ...
... erhalten Entwickler jährlich knapp 61.000 Euro.
Die Hauptstadt Berlin ...
... bietet Programmierern mit einem Jahreseinkommen von knapp 54.000 Euro nur durchschnittliche Verdienstperspektiven.
In Leipzig und in Sachsen ...
... werden Entwicklern wie in den anderen neuen Bundesländern nur unterdurchschnittlich vergütet. Hier bewegen sich die Bruttojahresgehälter zwischen 43.000 und 45.000 Euro.
Banken und Versicherungen ...
... vergüten Entwickler mit über 69.000 Euro pro Jahr im Branchenvergleich am besten.
Softwareentwickler in der Medizintechnik ...
... verdienen mit knapp 65.000 Euro ebenfalls seht gut.
Auch der Maschinenbau ...
... zahlt seine Backend-Entwickler mit 63.200 Euro überdurchschnittlich.
In Groß- und Einzelhandel ...
... müssen sich Softwareentwickler mit einem Jahresgehalt von 52.000 Euro begnügen.
Auch die Druck- und Papierindustrie ...
... gehört zu den Branchen, die niedrigere Gehälter zahlen: 49.200 Euro für einen Backend-Entwickler im Jahr.
Softwareentwickler in Bildungsinstitutionen ...
... müssen sich mit 49.100 Euro im Jahr begnügen.
Auch in PR- und Werbeagenturen ...
... halten sich die Verdienstperspektiven von Softwareentwicklern in engen Grenzen: Knapp 47.000 im Jahr.
Young Professionals können nach drei bis sechs Jahren im Job ...
... mit einem Plus von 5000 Euro oder einem Jahresgehalt von 51.000 Euro rechnen.
Personalverantwortung zahlt sich für Entwickler aus.
Mit Personalverantwortung beträgt ihr Durchschnittsgehalt 97.500 Euro, ohne eine Führungsrolle sind es dagegen 56.600 Euro im Jahr.

Developer monieren schlechte Jobbeschreibungen

Weitere Kritikpunkte der Computerfachleute sind der mangelnde Wissensstand des künftigen Arbeitgebers zum Team, in dem der Entwickler arbeiten, wird gefolgt von offensichtlichen Fehlern in der Jobbeschreibung. Verärgert sind die befragten IT-Experten auch darüber, wenn sich beim Erstkontakt herausstellt, dass die beschriebene Position nichts mit der Realität und dem tatsächlichen Job zu tun hat. Dieser Punkt ist für drei von vier Programmierern genauso ausschlaggebendes Negativkriterium wie die vergebliche Überzeugungsarbeit für veraltete Technologien und Programmiersprachen, die im Unternehmen im Einsatz sind. Schließlich beklagt etwa die Hälfte der Studienteilnehmer ein mangelndes Feedback im Einstellungsverfahren sowie ein "wahres Bombardement" an Jobanfragen, und das auch dann, wenn die gewünschten Fähigkeiten beim Kandidaten offensichtlich nicht vorhanden sind.