Mobile machts möglich

Arbeit und Privatleben sind kaum noch zu trennen

23.04.2013 von Heinrich Vaske
In einer repräsentativen Umfrage kommt der ITK-Branchenverband Bitkom zu interessanten Erkenntnissen. Mobile Erreichbarkeit und das Arbeiten in Netzwerken heben die strikte Trennung von Arbeits- und Privatleben auf.

Mobile Technologien ermöglichen nicht nur flexible Arbeitsmodelle, sie fordern diese regelrecht heraus. Das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis, die der Bitkom aus einer repräsentativen Erhebung gewinnt. Befragt wurden 505 Berufstätige im Alter von 16 bis 65 Jahren sowie 854 Geschäftsführer und Personalverantwortliche aus Unternehmen mit mehr als drei Mitarbeitern.

Für Verbandspräsident Dieter Kempf bedeutet das, dass sich Arbeit von festen Arbeitszeiten und -orten entkoppelt. Für die neue Arbeitswelt müssten neben den technischen auch organisatorische und kulturelle Voraussetzungen geschaffen werden.

Arbeiten in der digitalen Welt
In einer repräsentativen Umfrage kommt der ITK-Branchenverband Bitkom zu interessanten Erkenntnissen. Mobile Erreichbarkeit und das Arbeiten in Netzwerken heben die strikte Trennung von Arbeits- und Privatleben auf.
Neue Technologien in der Arbeitswelt
Für die Studie wurden 505 Berufstätige und 854 Unternehmen befragt.
Nutzung privater Geräte im Job ist weit verbreitet
Nur knapp ein Drittel aller befragten Berufstätigen nutzen keine privat angeschafften Geräte für die tägliche Arbeit.
Computer und Handy gehören zur Standardausstattung
Arbeit ist selten an einen festen Platz gebunden
55 Prozent der Befragten arbeiten auch "von unterwegs" mithilfe eines Handys, Smartphone oder mobilen Computers.
Home Office ist weit verbreitet
Ein Drittel aller Berufstätigen arbeitet regelmäßig zu Hause.
Arbeit zu Hause versöhnt Job und Familie
Ansichten der Berufstätigen zum Thema Home Office
Unternehmen sehen positive Effekte flexibler Arbeitsmodelle
Ansichten der Personalverantwortlichen in Unternehmen zum Thema Home Office
Always on
77 Prozent der befragten Beschäftigten sind auch nach Büroschluss erreichbar.
Viele Beschäftigte checken dauernd ihre E-Mails
Ein Viertel der Befragten ruft auch nach der Arbeit noch regelmäßig die geschäftlichen E-Mails ab.
Unternehmen verlangen Erreichbarkeit
Zwei Drittel der befragten Unternehmen sind der Meinung, dass die Mitarbeiter auch außerhalb der regulären Arbeitszeit für Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden per Handy bzw. E-Mail erreichbar sein sollten.
Erreichbarkeit in der Regel nicht geregelt
Doch kaum ein Unternehmen verfügt über klare Regelungen zur Erreichbarkeit der Mitarbeiter außerhalb der regulären Arbeitszeit.
Was Unternehmen für die Work Life Balance tun
Berufstätige sehen das Teilen von Wissen positiv
Soziale Medien verändern die interne Kommunikation
Nur noch 32 Prozent der befragten Unternehmen nutzen keine Social-Media-Tools
5 Regeln für Arbeitgeber
4 Regeln für Beschäftigte


Mitarbeiter im gefährlichen Stand-by-Modus

Doch was bedeutet es, wenn Menschen immer und überall elektronisch erreichbar sind? Kempf betonte, dass es gefährlich werden könne, wenn Beschäftigte via Telefon, E-Mail oder Social Web immer ansprechbar seien und ihre Erholungsphasen zu kurz kämen. Arbeitgeber wie Beschäftigte müssten verantwortungsbewusst handeln.

Heute sei in fast zwei Dritteln der Unternehmen das Thema Erreichbarkeit nicht geregelt. Der Bitkom stellt in seiner Studie zudem fest, dass der Trend zu projektorientierter Arbeit in virtuellen Teams durch soziale Netzwerke noch einmal einen Schub bekommt. Das wirke sich auf klassische Hierarchien aus: „Feste Hierarchien und das Denken in Abteilungen oder Geschäftsbereichen verlieren an Bedeutung“, so der Bitkom-Präsident. Die schöne neue Welt der „Shareconomy“ bereite auch Ängste: Beschäftigte befürchten persönliche Nachteile, wenn sie zu viel Wissen preisgeben. Doch die Grundhaltung der meisten ist eher positiv, und die Sorgen werden von Praktikern, die bereits Erfahrung mit virtueller Teamarbeit haben, überwiegend nicht bestätigt.

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Industrie- und Wissensgesellschaft ticken unterschiedlich

Aus Sicht des Bitkom ist die Trennung von Berufs- und Privatleben eine Ausprägung des Industriezeitalters, in dem Arbeiter und Angestellte in Massen an ihre Werkbänke oder in die Büros strömten. Neue Technologien ermöglichten es, diese Trennung aufzuheben – zum Vorteil der Beschäftigten, die mehr Freiheiten bekämen. Allerdings falle der Übergang in diese Arbeitswelt nicht leicht und müsse gestaltet werden.

Der Verband schlägt Regeln vor, die flexibles Arbeiten und den Umgang mit der Erreichbarkeit erleichtern sollen. Es müsse geklärt werden, wann Mitarbeiter verfügbar sein sollten. Außerdem gelte es, das Personal am Erreichen seiner Ziele zu messen, nicht an der körperlichen Anwesenheit im Büro. Moderne Kommunikationsmittel könnten dazu einen Beitrag leisten. Entscheidend sei aber, dass die Organisations- und Führungskultur angepasst werde.

Für Beschäftigte bedeute die neue Arbeitswelt, dass sie sich selbst besser organisieren müssten. Wer viel außerhalb des Büros arbeite, müsse für die Kollegen und Vorgesetzten sichtbar und ansprechbar bleiben. Wichtig sei zudem, die eigenen Toleranzgrenzen zu definieren und sich vor Selbstausbeutung zu schützen. (mhr)