" Verlorenes" iPhone 4G

Apple zur besten Sendezeit vorgeführt

29.04.2010 von Jan-Bernd Meyer
In einer der beliebtesten US-Fernsehsendungen, "The Daily Show", hat deren Host Jon Stewart vor einem Millionenpublikum Apple heftig durch den Kakao gezogen.

Stewart ist Gastgeber der Late Night Show. Diese wird auf dem US-Kabelkanal Comedy Central gesendet und ist als satirische Nachrichtensendung ausgelegt.

Kabarettist Jon Stewart macht sich in seiner Late Night Show über Apple lustig.
Foto: Youtube

Jetzt hat Stewart Apple aufs Korn genommen. Er ätzte über die juristischen Manöver, die das Unternehmen im Zusammenhang mit dem in einem Restaurant im kalifornischen Redwood City "verlorenen" iPhone-4G-Prototypen gegen den Redakteur des Technik-Blogs Gizmodo, Jason Chen, lancierte. Der hatte dem Finder des Nächste-Generations-Smartphones von Apple 5000 Dollar gezahlt und das iPhone in einem Video auf der Gizmodo-Website ausführlich beschrieben.

Deshalb rückte ein Ermittlungskommando bei Chen ein und verschaffte sich in seiner Abwesenheit etwas rustikal Zutritt zu dessen Haus. Stewart kommentierte die Hausdurchsuchung mit der Frage: "Die Polizei trat Chens Tür ein? Wissen die denn nicht, dass es dafür eine App gibt?" Unter dem Gelächter des Publikums sah man im Hintergrund ein App-Icon "Ram IT".

Im weiteren Verlauf geriet die Satire für Apple immer mehr zu einer handfesten Abrechnung wegen der humorlosen Art, mit der die Jobs-Company die Affäre um das angeblich verloren gegangene iPhone handhabt.

Stewart dachte laut und voll triefender Ironie darüber nach, dass Apple einmal für das Gute in der Welt gestanden habe und als Vertreter der Schwachen und Unterprivilegierten posierte, die sich gegen die Unterwerfung durch die bösen Mächte der Welt auflehnen. Er zeigte dabei einen kurzen Ausschnitt aus dem berühmt gewordenen Werbespot, mit dem Apple 1984 den Macintosh eingeführt hatte.

Dieser Spot lief zur besten Werbezeit während des Superbowl-Finales. Er zeigte eine junge Frau, die an einer Heerschar stromlinienförmig ausgerichteter und der Ansprache des großen Bruders aus George Orwells Roman "1984" ergeben lauschenden Menschen vorbeiläuft. Sie wirft einen Hammer in den überlebensgroßen Bildschirm und zerstört damit sinnbildlich die Macht dieses Diktators. Stewart kommentiert diese Szene mit der ironischen Aufforderung an Apple-Chef Steve Jobs: "Schau in den Spiegel! Dieser Mann, das bist heute Du! So war das nicht gedacht: Microsoft sollte eigentlich der Böse sein. Und jetzt geht ihr her und tretet Türen ein."

Spiegelnde iPad-Oberfläche

Der Kabarettist machte sich dabei en passant lustig über die spiegelnde Oberfläche des iPad und meinte, Jobs könne genauso gut hier reinschauen. Das tue seine Dienste als Spiegel auch.

Abgesehen davon, dass Stewarts Witze die juristischen Aspekte der Affäre möglicherweise nicht korrekt würdigen, dürfte die Sendung einen nachdrücklichen Eindruck in der Öffentlichkeit hinterlassen.

Kabarettistisches wie der folgende Spruch als direkte Ansage an Apple dürften in der Öffentlichkeit haften bleiben: "Ihr tretet in Palo Alto Türen ein, während Kommandant Gates die Welt von Malaria befreit. Was zum Teufel ist denn hier los?" Damit verwies Stewart ironisch auf die frühere Gegnerschaft von Microsoft und dessen Gründer Bill Gates und Apple. Gates konzentriert sich mittlerweile völlig auf die Bill and Melinda Gates Foundation. Mit dieser geldträchtigsten Stiftung der Welt unterstützt der ehemalige Microsoft-Chef unter anderem den Kampf gegen die von Stechmücken (Moskitos) übertragene Malaria-Krankheit.

Ärgerlich für Apple

Dann wurde Stewart - verpackt in einen ironischen Spruch - ernst. All das sage er nur deshalb, weil es eine ernste Angelegenheit sei, was da mit Apple und Gizmodo passiert sei. Dann kam die Drohung Richtung Apple: "Seid Euch sicher, ich werde meine große Chance nutzen (diesen Apple/Gizmodo-Fall zur Sprache zu bringen, Anm.d.Red.)." Hier habe er sein Publikum. Und seine Kritik in der Öffentlichkeit entfalte eine wesentlich explosivere Wirkung, als wenn er "Mohamed seinem Publikum im Bikini vorführen" würde.

Der US-Technikblog TechCrunch glaubt, dass Apple die Fernsehsendung des beliebten Kabarettisten nicht ignorieren sollte. Das Unternehmen habe es sich zwar immer leisten können, wütende Blogger oder Entwickler mit deren Kritik an bestimmten Unternehmenstrategien von Apple einfach zu ignorieren. Aber die Zuschauer, die Stewarts Sendung konsumieren, würden auf dessen Meinung hören. Und, so glaubt Techcrunch, aus dieser Zuschauerschaft rekrutiere sich ein Grossteil der Käufer, die Apple-Produkte wie iPhones und iPods kauft. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Gizmodo, der Redakteur Chen oder gar der Finder des iPhone-4G-Prototyps angeklagt würden wegen möglicher juristischer Verfehlungen. Dann könnte die positive Stimmung gegen Apple möglicherweise umschlagen. (jm)