Analysten bewerten Antenna Gate

Apple muss schneller auf Probleme reagieren

19.07.2010 von Sabine Friedrich
Marktforscher erwarten, dass die iPhone 4-Umsätze nicht durch das Antennen-Problem beeinträchtigt werden - solange keine weiteren Macken auftreten.

Mit einer Pressekonferenz und kostenlosen Bumper-Schutzhüllen hat Apple am letzten Freitag die Zweifel der Kunden in Sachen Antennen-Problem behoben. Analysten kritisierten jedoch, dass Apple viel schneller auf die Bedenken der Kunden reagieren muss, bevor solche Probleme eskalieren und außer Kontrolle geraten.

Auf der Pressekonferenz versuchte Steve Jobs, das Empfangsproblem des iPhone 4 klein zu reden.

So hätten Kunden bereits in der ersten Woche nach der Marktfreigabe des iPhone 4 am 24. Juni in fünf Ländern von Empfangsproblemen und Schwankungen in der Anzeige der Signalstärke berichtet. Apple habe sich jedoch drei Wochen Zeit gelassen, bevor am letzten Freitag eine halbwegs zufriedenstellende Erklärung abgegeben und ein Lösungsansatz vorgestellt wurde.

Die in letzter Minute überraschend angesetzte Pressekonferenz war absolut untypisch für Apple, habe aber ihren Zweck erfüllt, so die Manöverkritik der Marktforscher. Jedoch sei die Maßnahme in diesem Fall zu spät erfolgt - wenn Apple sofort nach den Problem-Berichten der Kunden reagiert hätte, wäre eine solche Konferenz unnötig gewesen.

iPhone-Kunden wurden ruhiggestellt

Analysten erwarten, dass das Antennenproblem die Verkäufe des iPhone 4 nicht beeinträchtigen wird. Gleichzeitig warnen die Experten aber davor, dass die Erwartungen an Apple so hoch seien, dass auch kleinere Probleme die Kundenunzufriedenheit schnell hochkochen werden. Jeff Kagan, ein auf Wireless- und Telko-Produkte spezialisierte Analyst, geht jedoch davon aus, dass wahrscheinlich erst weitere Probleme beim iPhone 4 die Umsätze nachhaltig schädigen würden.

Apple gibt nach eigenen Angaben Millionen von Dollar für Empfangstests aus.

Sogar Jack Gold, Gründer der Marktforschungsfirma J. Gold Associations und bekannter iPhone-Kritiker, räumt ein, dass Apples Angebot von kostenlosen Schutzhüllen eine - für die Company - vorteilhafte Entscheidung war. "Die Hüllen kosten Apple nicht viel und werden die Kunden zufrieden stellen", sagte Gold. Der Schachzug von Apple werde die Wogen der Auseinandersetzung glätten - aber nicht ungeschehen machen oder gar völlig aus der Welt schaffen, warnt er.

Apple hatte in der Pressekonferenz die alleinige Schuld an dem Antennen-Problem übernommen. Gold erwartet allerdings, dass in Kürze auch der Carrier AT&T in den USA einen Schuld-Anteil eingesteht. Der exklusive iPhone-Partner testet jedes für sein Mobilfunknetz bestimmte Gerät ausgiebig vor dem Marktstart und dürfte als Netzbetreiber der erste Ansprechpartner bei Empfangsproblemen gewesen sein.

Größere Auswirkungen auf Datenverbindungen?

Apples Pressekonferenz hat allerdings einen Aspekt des Problems nicht angesprochen, bemängelte Gold. Der Marktforscher erwartete, dass auch der Einfluss des Antennen-Problems auf Datenverbindungen von Apple erläutert wird. "Datenverbindungen über ein Mobiltelefon sind weitaus schwieriger als Anrufe herzustellen. Sobald die Signalstärke nachlässt, verlangsamt sich der Datenaustausch", erklärte Gold.

Apple mit Blackberries verglichen: Der Todesgriff soll auch bei anderen Smartphones funktionieren.

Auch wenn Steve Jobs die Schuld für Empfangsprobleme auf physikalische Grundlagen zurückführte und von einer allgemeinen Schwachstelle bei allen Mobilgeräten sprach, bleibt ein fader Nachgeschmack: Die Verbraucherorganisation Consumer Reports hatte ursprünglich das iPhone 4 als eines der Top-Smartphones empfohlen, aber nach dem Testen der Antennenleistung diese Aussage offiziell wieder zurückgezogen. Immerhin bestätigten die Verbraucherschützer dabei, dass Apples Bumper-Schutzhülle dem Abschirmen der Antenne Abhilfe schaffen kann.