Neuauflage des Kult-Smartphones

Apple gibt Startschuss für neues iPhone 3G

10.07.2008
Rund ein Jahr nach dem ersten Apple-Handy kommt am Freitag der Nachfolger iPhone 3G mit schnellerer Datenverbindung in 22 Ländern in den Handel.

Das neue Modell, das auch den Mobilfunkstandard UMTS unterstützt, kostet deutlich weniger, weil es nun von den Mobilfunk-Betreibern subventioniert wird. In Deutschland bietet Exklusiv-Partner T-Mobile das Gerät mit 8 oder 16 Gigabyte Speicher gebunden an verschiedene Datentarife zu Preisen zwischen 1 und 250 Euro an. Das Vorgängermodell schlug noch mit rund 400 Euro zu Buche. Erstmals wird das iPhone in Deutschland auch über andere Partner wie etwa Gravis verkauft.

Über den schnellen UMTS-Standard lädt das iPhone 3G Seiten aus dem Netz etwa doppelt so schnell wie das Vorgänger-Modell. Dies und einige weitere Funktionen gehen allerdings auch zulasten der Akku-Laufzeit. Manche Branchenbeobachter bemängeln zudem, dass die eingebaute Antenne für den GPS-Empfang für genaue Navigation zu schwach sein dürfte. Dennoch erhielt das iPhone 3G bereits viele Vorschusslorbeeren in der Branche. Vor allem der gleichzeitige Start des Online-Angebots in Apples "App Store" mit Software von Drittanbietern (größtenteils auch für erste iPhone-Generation) gilt als große Attraktion für das neue Gerät.

Mit seiner Multi-Touch-Bedienung hat das iPhone neue Maßstäbe gesetzt.
Foto: Apple

Zum Verkaufsstart des iPhone 3G sollen bereits gut 500 Programme wie Spiele und zahlreiche Hilfssoftware von verschiedenen Entwicklern zur Verfügung stehen. Das neue iPhone repräsentiere damit einen seltenen Start einer neuen "Computerplattform", sagte Apple-Chef Steve Jobs dem "Wall Street Journal". Bisherige Versuche, eine mobile Software-Plattform zu etablieren, hätten eher "blutleere Anwendungen" hervorgebracht. "Für ein Handy gibt es bis heute nicht einen Bruchteil dessen, was es auf dem PC gibt", sagte Jobs. Etwa ein Viertel der Programme im App Store sei kostenlos. Von dem Rest kosteten 90 Prozent weniger als zehn Dollar. Bei Apple bleiben 30 Prozent der Erlöse, der Rest geht an die Entwickler. Ein 100 Millionen Dollar schwerer Fonds gewährt ausgewählten Entwicklern die nötige Finanzierung.

Das erste iPhone von Apple avancierte vor einem Jahr bereits kurz nach Verkaufsstart zum Kultobjekt und wurde trotz einiger bemängelter Schwächen schnell zum Maßstab für die ganze Handy-Industrie. Vor allem die leichte Bedienbarkeit mit dem Finger über das "Multi-Touch"-Display hatten viele Handy-Hersteller zu kopieren versucht. Mit dem neuen Gerät, das sich mit Microsoft-Exchange-Servern verbinden kann und somit erstmals auch Business-Funktionen wie Push-E-Mail oder Kalender unterstützt, zielt Apple nun neben der Zielgruppe der privaten Verbraucher auch auf Geschäftskunden. In diesem Jahr will Apple insgesamt zehn Millionen iPhones verkaufen. Sollte Apple dieses Ziel erreichen, würde das iPhone rund ein Prozent des weltweiten Handy-Marktes ausmachen.

Apple legt mit dem iPhone 3G die Messlatte für Konkurrenz höher

Den Rummel um das erste iPhone vor gut einem Jahr können selbst die Werbe-Profis von Apple nicht beliebig oft wiederholen. Deshalb werden sich am (morgigen) Freitag vor den Apple-Läden in der Regel auch keine langen Schlangen bilden, wenn das neue iPhone 3G erstmals angeboten wird. Für Apple wird der Verkaufsstart der zweiten iPhone-Version jedoch ein weiterer Meilenstein auf dem Vormarsch im hart umkämpften Handymarkt.

Die erste iPhone-Generation überzeugte die Besitzer vor allem durch die leichte Bedienbarkeit mit den Fingerbewegungen, das große Glas-Display und das elegante Design. Konkurrenten und Kritiker konnten allerdings noch eine lange Liste von Funktionen aufzählen, die das Apple-Handy nicht beherrschte. Vor allem die fehlende Unterstützung der dritten Mobilfunkgeneration wurde damals bemängelt. Dieses Manko räumt Apple nun aus, wie man bereits am Namen iPhone 3G ablesen kann.

Das Apple-Handy erreicht jetzt Datengeschwindigkeiten von bis zu 1400 Kilobit pro Sekunde, fast sieben Mal so schnell wie der EDGE-Funk beim ersten iPhone. Beim Aufbau von Webseiten oder dem Herunterladen von E-Mail-Anhängen macht sich der Unterschied allerdings nicht so deutlich bemerkbar, da hier auch die Rechenleistung des Handys eine Rolle spielt. Bei Tests ging der Download der Seiten etwa doppelt so schnell vonstatten.

Zusätzlich zu dem UTMS-Chips von Infineon haben die Apple-Ingenieure in dem neuen iPhone auch einen Empfänger für das Satelliten-Navigationssystem GPS untergebracht, mit dem die Besitzer sich ihre exakte Position auf einer Google-Karte anzeigen lassen können. Ob Spezialisten wie TomTom künftig aus dem neuen iPhone ein echtes Navigationssystem machen können, das auch Fahranweisungen geben kann, wird noch mit Apple verhandelt.

Wichtiger als die Unterstützung von UMTS und GPS erscheinen den iPhone-Testern wie David Pogue ("New York Times"), Walt Mossberg ("Wall Street Journal") oder Michael Spehr ("FAZ") die neue Software. Das Betriebssystem "iPhone 2.0" steht auch den Besitzern der ersten Generation als Update zur Verfügung und macht das iPhone vor allem fit für den Einsatz in Unternehmen. Künftig kann das iPhone nämlich ohne großen Aufwand vollwertig an einen Exchange-Server von Microsoft angedockt werden, der in immer mehr Unternehmen das technische Fundament für E-Mail, Kalender und andere Groupware-Funktionen bildet.

Mit dem Verkaufsstart des iPhone 3G öffnet auch der so genannte App Store, ein Online-Laden für iPhone-Anwendungen, die von Drittfirmen programmiert wurden. Neben einer Reihe von Computerspielen werden vor allem etliche kleine Helfer-Programme angeboten werden, mit denen iPhone-Besitzer die Funktionalität ihres Handy sinnvoll erweitern können. 16 dieser Programme wurden bereits vor einem Monat auf dem Entwicklerforum WWDC in San Francisco präsentiert, hunderte werden zur Eröffnung des App Stores erwartet.

Dieses neue Ökosystem rund das iPhone könnte entscheidend dazu beitragen, dass sich Apple auf Dauer als ein "Big Player" im Handy-Geschäft etabliert. Die Messlatte für die Konkurrenz hat Apple allemal höher gelegt.

Dabei sind die neue iPhone-Software und auch das iPhone 3G alles andere als perfekt. So unterstützt das Betriebssystem (noch) nicht das Kopieren und Einfügen von Inhalten ("Copy & Paste"). In dem Apple-Handy steckt nach wie vor nur eine eher schwache Zwei-Megapixel-Kamera, mit der man zwar Fotos, aber keine Videos aufnehmen kann. Die neuen Funkkomponenten des iPhones ziehen jetzt so viel Strom, dass das Gerät abends wieder an die Steckdose muss. Und die Batterie des iPhones kann weiterhin nur von einem Servicetechniker ausgetauscht werden.

Kritik wird sich auch an den Tarifen entzünden. Zwar hat auch T-Mobile die Preise insgesamt gesenkt. Der Mobilfunk-Betreiber nutzt aber das Recht der Exklusivvermarktung in Deutschland reichlich aus und verlangt beispielsweise beim Einsteigertarif "Complete S" 170 bzw. 250 Euro (je nach Speichergröße von 8 bzw. 16 Gigabyte) für das iPhone 3G plus monatlich 29 Euro. Eine Datenflatrate erhalten die Kunden ab der Tarifstufe "Complete M" (60/150 Euro für das iPhone 3G und 50 Euro monatlich). In Ländern wie Österreich, in denen mehrere Anbieter das iPhone im Programm haben, kommen die Kunden auf die gesamte Vertragslaufzeit gerechnet deutlich billiger an ein neues Apple-Handy. Immerhin ist das gut ausgebaute UMTS-Netz von T-Mobile in Deutschland deutlich schneller als das 3G-Netzwerk des Apple-Partners AT&T in den USA. (dpa/tc)