Die besten Hoaxes

Angelina Jolie adoptiert Bonsai-Katzen aus Nigeria

25.08.2008 von Alexander Freimark
Erleben Sie Angelina Jolie nackt, sichern Sie sich die Millionen aus Nigeria, kaufen Sie ein Bonsai-Kätzchen: E-Mail ist eine echte Killerapplikation, wenn es um den Ernst bei der Arbeit geht.

Die Medien haben sich geändert, die Inhalte nicht: Früher wurden auf Jahrmärkten Freak-Shows veranstaltet, wo dem staunenden Publikum Monstrositäten wie die Dame ohne Unterleib, die Frau mit Bart oder der stärkste Mann der Welt vorgeführt wurden. Inzwischen hat sich die Zielgruppenansprache auf das Internet respektive die E-Mail verlagert, und auch hier wird mehr versprochen, als letztlich gehalten werden kann. Ein Lotteriegewinn, der reiche Politiker aus Nigeria und die schönsten Frauen der Welt sind nur einen Schritt entfernt.

Das Absurde an Hoaxes und Fallen ist, dass immer noch Menschen den Versprechungen erliegen und der offensichtlichen Spur folgen. Einer neuen Studie zufolge sollen knapp 30 Prozent der Befragten eingeräumt haben, schon einmal ein Produkt gekauft zu haben, das mittels einer Spam-Mail beworben wurde. Gelegentlich ist die Versuchung tatsächlich groß, einfach den Link in der E-Mail anzuklicken und sich auf eine glücksstiftende Erfahrung einzulassen. In diesen schwachen Momenten hilft es, sich der besten Hoaxes, Fallen und Versuchungen zu erinnern, die das Internet bislang hervorgebracht oder aus alten Medien kopiert hat. Und in der Tat sind einige Hoaxes an Kreativität kaum zu überbieten.

1. Bonsai-Kätzchen aus der Flasche

Den Witz mit Bonsai-Katzen aus der Flasche fanden Tierschützer erwartungsgemäß nicht lustig.

Katzen gehörten von Beginn an zu den beliebtesten Tieren im Internet, folglich war das Interesse an der Site Bonsaikitten.com (Mirror) phänomenal. Die Tatsache, dass Menschen kleine Kätzchen in Flaschen zwängen und diese verkaufen, führte auch noch zu erzürnten Kettenbriefen von aufgebrachten Zeitgenossen, als längst klar war, dass es sich nur um einen Hoax gehandelt hat. Das Produkt: Nach mehreren Monaten im Glas sollen die Katzen die Form des Behälters angenommen haben, ihre Fütterung erfolgt durch Strohhalme. Andere Körperöffnungen wurden mit "SuperGlue" versiegelt. Der bizarre Spaß ("der neueste Trend in New York, China, Indonesien und Neuseeland") ging angeblich auf das Konto von Studenten des MIT. Die Nachricht von den perversen Züchtern machte per E-Mail die Runde. Innerhalb von Tagen waren alle Tierschutzorganisationen auf das Thema angesprungen, selbst das FBI soll ermittelt haben. Seitdem sind kleine Katzen mit Abstand die beliebtesten Tiere im Internet.

2. Stoppt Dihydrogenmonoxid

Petitionen zum Verbot von Wasser haben sich glücklicherweise nicht durchsetzen können.
Foto: Ronald Wiltscheck

Dieser geniale Hoax hatte seine Ursprünge schon vor dem Web, wurde aber durch das neue Medium einem breiten Leserkreis zugeführt. Studenten hatten die potenziellen Gefahren des Dihydrogenmonoxid (H2O) zusammengetragen ("Einatmen kann zum Tod führen") und eindringlich vor der chemischen Substanz gewarnt. Leser der Warnung mailten diese eifrig weiter und beteiligten sich an Petitionen, um den Umgang mit Wasser zu unterbinden. Müßig zu berichten, dass auch Teile der Presse auf die Aktion hereingefallen sind. Im vergangenen Jahr unterstützte eine Politikerin aus Neuseeland kurzfristig den Antrag eines Bloggers, H2O zu verbieten.

3. Handy-Strahlen poppen Corn

Popcorn - powered by Nokirola.
Foto:

Es ist unbestritten, dass Mobiltelefone strahlen - die Frage ist nur, inwieweit die Strahlung Auswirkungen auf organisches Gewebe hat. Da sich in diesem Bereich jede Aussage inzwischen mit mehreren Untersuchungen "belegen" lässt, hat sich die Diskussion um schädliche Handy-Strahlung zu einer Glaubensfrage entwickelt. Dessen ungeachtet haben Jugendliche "nachgewiesen", dass man mit strahlenden Handys Popcorn herstellen kann: Man lege ein paar Körner in einen Kreis von vier Handys und rufe die Mobiltelefone an - fertig ist der Puffmais. Geniale Videos. Ersonnen wurde der Hoax von der Firma Cardo Systems, die mit den Filmen ihren Handy-Headset-Absatz ankurbeln wollte. Gegenüber CNN musste der CEO des Unternehmens einräumen, dass die Telefone und der Mais zwar echt gewesen sind, jedoch die Bilder anschließend kombiniert wurden. Wie weit reicht hier der Einfluss der Mobilfunk-Mafia?

4. Bill Gates verschenkt Geld

Und wenn Du diese Mail weiterleitest, schenke ich Dir 1000 Dollar ...
Foto: Microsoft

Dass Microsoft-Gründer Bill Gates nicht am Hungertuch nagen muss, dürfte hinlänglich bekannt sein. Zudem hat sich der Gründer mit seiner milliardenschweren Stiftung einen Namen gemacht. Dennoch hat Gates ein gravierendes Problem: er hat schlicht zu viel Geld und weiß nicht, wohin damit. Folglich verschenkt er 1.000 Dollar … an den Empfänger von Hoax-Mails. Man müsse lediglich die Mail weiterleiten, was von Microsoft "kontrolliert" und anschließend vergütet werde. Ziel sei es, die Dominanz des Browsers IE zu sichern. Seitdem warten viele Menschen auf eine Überweisung aus Redmond.

5. Atomarer Erstschlag vom PC

Ein Hoax von Dr. Strangelove - per Modem auf die Norad-Computer zugreifen.

Im Jahr 2002 hat angeblich der Sicherheitsanbieter Symantec eine Mail verschickt, in der vor ziemlich heftigem Schadcode gewarnt wurde. User sollten unter keinen Umständen eine E-Mail mit dem Betreff "LAUNCH NUCLEAR STRIKE NOW" öffnen. Andernfalls werde der PC direkt mit den Computern des NORAD verbunden und ein atomarer Erstschlag auf Russland sowie die Staaten der ehemaligen Sowjetunion ausgelöst. Glücklicherweise funktionierte die Datenverbindung nicht. Die Mail-Warnung kam natürlich auch nicht von Symantec, sondern von einem Spaßvogel, der vermutlich in seiner Jugend den Film "WarGames" gesehen hatte.

6. Knochenhobel fürs iPhone

Kleinere Finger steigern die Effizienz am Smartphone-Arbeitsplatz.

Ein wundervoller Hoax war die Geschichte vom Mann aus dem US-Bundesstaat Colorado, der sich in einer Operation seine Finger verkleinern ließ, um die "Tasten" des "iPhones" von Apple besser bedienen zu können. Die Zeitschrift "North Denver News" hatte einen diesbezüglichen Text veröffentlicht, musste jedoch schon bald zurückrudern. Hauptperson war der 28jährige Thomas Martel, der mit dem Satz zitiert wurde: "Sowohl auf meinem alten Treo, dem Blackberry als auch auf dem iPhone war es sehr schwer, die richtigen Tasten zu treffen, und die kleinen Stylus-Stifte habe ich immer verloren." Folglich habe er sich für eine Operation entschieden, bei der seine Daumen operativ verkleinert wurden. "Wir setzen die plastische Chirurgie nicht nur aus persönlicher Eitelkeit ein, sondern zur Steigerung der Effizienz am Arbeitsplatz", wurde der "behandelnde Arzt" zitiert.

Urheber des Späßchens war indes die Zeitung selbst. Sie hatte den Text als satirischen Kommentar geplant, doch irgendwie ist die Geschichte aus dem Ruder gelaufen. Im Internet hätten viele Leser die Ironie nicht verstanden, berichtete ein Redakteur. Bei genauem Lesen hätte man aber erkennen müssen, dass es sich um Humor und nicht um eine Nachricht gehandelt hat. Dies - also das genaue Lesen - sei in einer Zeit, die von "Fake News" à la Paris Hilton überschwemmt werde, nötiger denn je. Auch einige Nachrichtensites und Blogs sind dem Hoax aufgesessen, darunter MacDailyNews, Engadget und The Inquirer.

7. Nigerianisches Erbe

Was man nicht alles tut, um das Geld anderer Menschen zu ergaunern.

Hello, My Name is Mr. Paul Agabi, a Lawyer in Nigeria--Can You Help Me? Bei Nigeria denkt man unweigerlich an kaputte Öl-Pipelines, Fußballtalente und Millionen grüner Dollars, die seit geraumer Zeit darauf warten, dass sie auf das eigene Konto transferiert werden können. Der Deal ist klar: Ein bisschen Geld geht als Türöffner nach Nigeria, im Gegenzug strömt viel Geld nach Europa. Die Nigeria-Mails sind inzwischen Teil der Internet-Kultur, auch wenn sie ihre Anfänge bereits in den frühen Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben. Bekannt sind sie als "419 Scam", nach dem Paragraphen im nigerianischen Strafrecht für Betrug. Die Prüfung des Angebots ist einfach: "Wenn es zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es vermutlich nicht wahr." Die beste Site zu dem Thema ist "419 Eater". Deren Betreiber haben es mit geheucheltem Interesse an einem Deal und monatelanger Korrespondenz geschafft, mehrere 419-Scammer so weit hinters Licht zu führen, dass man unweigerlich Mitleid mit den Gaunern hat.

8. Angelina Jolie nackt/schwanger/platzt/solo

Mit den Namen von Weltstars schafft man es immer, einen Kommunikationsimpuls im Betrachter auszulösen. Das wussten schon die Medienmacher, und dies wissen auch die Übeltäter, die ihren Schadcode hinter einem schnöden Link verbergen. "Lieschen Müller nackt" macht nicht viel her, aber wenn die aufgespritzten Lippen von Angelina Jolie im Video zu platzen drohen, fällt der Widerstand gegen die Reflexe im eigenen Zeigefinger schwer. Zwar laufen derartige Fallen mit den Ködern Madonna, Paris Hilton, Britney Spears und Lara Croft ebenfalls gut, doch die ungekrönte Königin der Versuchung ist und bleibt Jolie. Der ultimative Köder ist indes der Mashup-Betreff "Angelina Jolie and Britney Spears lesbian sex tape". Übrigens hängt der Haussegen in Brangelina-Land derzeit mächtig schief, berichtet der "ORF". Wer weiß, was in den kommenden Wochen für Videos auf den Markt kommen werden …

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