AWS re:Invent

Amazon Q tritt gegen Microsofts Copilot an

30.11.2023 von Martin Bayer
Mit Amazon Q schickt AWS seinen eigenen KI-Bot ins Rennen. Das System könnte sich zur zentralen Steuerinstanz in der AWS-Cloud entwickeln und über kurz oder lang Microsofts Copilot in die Quere kommen.
AWS-CEO Adam Selipsky präsentierte seinem Publikum auf der re:Invent 2023 in Las Vegas Amazon Q als den KI-Bot, der die Zukunft des Arbeitens prägen werde.
Foto: Amazon

Auf seiner zentralen Kundenkonferenz re:Invent, Ende November 2023 in Las Vegas, brannte Amazon Web Services (AWS) einmal mehr ein wahres Feuerwerk an Neuankündigungen für seine Cloud-Plattform ab. Im Mittelpunkt standen, wie nicht anders zu erwarten, Funktionen und Tools rund um Generative AI. Anlässlich seiner Keynote präsentierte AWS-CEO Adam Selipsky den Star der diesjährigen re:Invent: Amazon Q, die Antwort des Hyperscalers auf Microsofts GPT-gesteuerten GenAI-Assistenten Copilot.

AWS bezeichnet Amazon Q als eine neue Art von GenAI angetriebenen Assistenzsystems. Der Bot, der sich per Eingabe in natürlicher Sprache steuern lässt, sei speziell für den Einsatz an persönlichen Arbeitsplätzen entwickelt worden, hieß es in einer offiziellen Mitteilung. Die Einsatzmöglichkeiten sind demzufolge breit gefächert. Amazon Q lasse sich unter anderem individuell auf den Geschäftsbetrieb von Kunden zuschneiden, indem sich das System mit Unternehmens-Daten verbindet. Darüber hinaus biete Q verschiedene Integrationen beispielsweise in bestehende AWS-Services, die AWS-Konsole, Entwicklungsumgebungen, sowie Chat-Applikationen wie Slack.

AWS will Zukunft der Arbeit neu erfinden

"Dies ist erst der Anfang, wie wir die Zukunft der Arbeit neu erfinden", sagte Selipsky. Der AWS-Chef kündigte weitere Innovationen auf allen Ebenen des Stacks an. Als Cloud-Provider wolle man seinen Kunden alle Möglichkeiten an die Hand geben, um die Leistung und Kosteneffizienz der eigenen IT-Infrastruktur durch generative KI zu verbessern. "Sie müssten dem Bot nur sagen, was sie haben möchten", verspricht Selipsky. "Ihr Wunsch ist Qs Befehl."

Amazon Q soll künftig offenbar eine zentrale Rolle dabei spielen, wie Kunden ihre Cloud-Infrastruktur in AWS konfigurieren und aufsetzen. Das Assistenzsystem fungiere dabei als Experte für das gesamte Cloud-Ökosystem von AWS. Den Anwendern helfe Amazon Q dabei, Anwendungen und Workloads auf AWS zu bauen, bereitzustellen und zu betreiben, hieß es. Dabei greife der Bot auf Best Practices, Dokumentationen und Lösungs-Implementationen aus 17 Jahren AWS-Geschichte zurück.

Über eine Konversations-Oberfläche in der AWS Management Konsole könnten Kunden Amazon Q Fragen stellen, um mehr über AWS-Services zu erfahren, neue Technologien kennenzulernen, Lösungen zu entwerfen und Probleme zu beheben. Amazon Q liefere Antworten inklusive Quellenangaben und Links. Um mehr Details zu erfahren, könnten User beliebig viele Folgefragen stellen. Beispielsweise lasse sich mit Amazon Q der am besten geeignete EC2-Instance-Typ für eine bestimmte Anwendung finden oder Fehler bei EC2- oder S3-Konfigurationen beheben. Um Probleme schneller beheben zu können, will AWS einen speziellen Button "Troubleshoot with Amazon Q" in sein Cloud-Angebot einbauen.

Amazon Q soll Programmierern das Entwickeln leichter machen

Auch Entwicklern soll Amazon Q künftig unter die Arme greifen. Beispielsweise soll der Assistent Fragen zur Programmlogik beantworten können. Darüber hinaus soll Q auch erklären können, wie bestimmte Aspekte eines Programms funktionieren, welche Services der Code nutzt und was einzelne Funktionen bewirken. Das kann zum Beispiel in Situationen hilfreich sein, wenn Programmieren Entwicklungsprojekte von Kolleginnen oder Kollegen übernehmen. Nutzer erhielten damit eine Beschreibung der Kernfunktionen einer Anwendung inklusive weitere Details wie sie implementiert werden und mit anderen Komponenten zusammenspielen.

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Amazon Q kann Entwicklern außerdem dabei helfen, Code zu debuggen, zu testen und zu optimieren. Dafür liefert der Bot AWS zufolge eine Beschreibung in natürlicher Sprache zusammen mit passendem Code, den Entwickler mit einem Klick übernehmen könnten. Darüber hinaus könne Q dabei helfen, neue Features und Funktionen für bestimmte Anwendungen zu entwickeln. Das reiche von der Planung, dem Ausbau der Programmierlogik über das Schreiben von Code und Testszenarien bis hin zur Integration. Entwickler könnten weite Teile dieses End-to-End-Prozesses automatisieren, versprechen die AWS-Verantwortlichen. Entwickler müssten die Vorschläge nur noch überprüfen, die erforderlichen Anpassungen vornehmen, das Update genehmigen und es bereitstellen.

Code-Modernisierung - aus alt mach neu

Zu guter Letzt soll Amazon Q Anwenderunternehmen auch bei der Modernisierung von altem Code unterstützen. Entwickler benötigten oft viel Zeit für die Wartung und Aktualisierung von Anwendungen, hieß es. Damit bleibe weniger Zeit für das Schreiben von Code oder die Erstellung neuer Anwendungen. Mit Amazon Q Code Transformation ließe sich der Pflegeaufwand laut AWS deutlich reduzieren.

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Amazon Q analysiere die Codebasis, identifiziere und aktualisiere die Abhängigkeiten, generiere die neue Code-Sprache, integriere die neuesten Sicherheits- und Leistungsverbesserungen und führe auch die notwendigen Tests durch, um zu überprüfen, ob die Anwendung ausgeführt werden können. Amazon Q Code Transformation unterstützt dem Anbieter zufolge derzeit Sprach-Upgrades von Java 8 auf Java 17 und demnächst auch Upgrades von .NET Framework auf plattformübergreifendes .NET. Weitere Transformationen sollen folgen.

Amazon Q klinkt sich in Geschäftsdaten und -systeme ein

Last but not least soll Amazon Q auch Geschäftsanwender als Business-Experte unterstützen, beispielsweise dabei, interne Quellen nach Informationen zu durchsuchen, Analysen zusammenzustellen, Berichte oder Präsentationen zu bauen, oder die Informationen für verschiedene Kunden oder Kontexte anzupassen. Kunden könnten dafür Amazon Q mit ihren Geschäftsdaten, Informationen und Systemen verbinden. AWS zufolge stünden derzeit mehr als 40 eingebaute Konnektoren für verschiedene Datenquellen wie Amazon S3, Dropbox, Confluence, Google Drive, Microsoft 365, Salesforce, Service Now und Zendesk zur Verfügung. Außerdem gebe es die Möglichkeit, eigene Konnektoren zu entwickeln.

"Amazon Q synthetisiert die Information aus den verbunden Datenquellen und bietet Unternehmen damit einen maßgeschneiderten Assistenten der nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch entsprechende Inhalte erzeugt und den Nutzer bei der Durchführung ihrer Aufgaben unterstützt", versprechen die AWS-Verantwortlichen ihren Kunden. Dabei nutze Amazon Q das Authentifizierungssystem des Unternehmens, um die Rollen und Zugangsberechtigungen der Nutzer zu verstehen und diese auch einzuhalten. Ein Nutzer, der auf bestimmte Daten nicht zugreifen dürfe, werden dies auch mit Hilfe von Amazon Q nicht tun dürfen, versicherte AWS-CEO Selipsky seinen Kunden.

AWS hat Amazon Q bereits in etliche bestehende Services integriert - wie zum Beispiel Amazon QuickSight, Amazon Connect und AWS Supply Chain. Zu den AWS-Kunden und -Partnern, die bereits auf Amazon Q setzen, zählen Accenture, die BMW Group, Gilead Sciences, Mission Cloud, Orbit Irrigation und Wunderkind.

AWS trimmt gesamten Cloud-Stack auf GenAI

"Generative KI hat das Potenzial, einen technologischen Wandel anzustoßen, der die Art und Weise, wie Menschen alle möglichen Dinge tun, neu gestalten wird", sagte Swami Sivasubramanian, Vice President of Data and Artificial Intelligence bei AWS. Das reiche von der Suche nach Informationen und dem Forschen an neuen Ideen bis hin zum Schreiben und Erstellen von Anwendungen. AWS unterstütze Kunden bei der Nutzung von generativer KI mit Lösungen auf allen drei Ebenen des Stacks, einschließlich speziell entwickelter Infrastruktur, Tools und Anwendungen. Es gehe darum, generative KI dorthin zu bringen, wo Kunden arbeiteten - unabhängig davon, ob sie auf AWS aufbauen oder mit internen Daten und Systemen hantierten.

Mit Amazon Q bringt der Hyperscaler einen GenAI-basierten Assistenten auf den Markt, der sich zum Dreh- und Angelpunkt im Handling des AWS-Kosmos entwickeln könnte - und darüber hinaus. Gerade die Vielfalt an Funktionen und Services im Cloud-Ökosystem stellt viele Kunden vor Herausforderungen. Hilfestellung, wie sie Q verspricht, könnte bei den Kunden gut ankommen.

Amazon Q vs. Microsoft Copilot

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Microsoft mit seinem Copilot. Immer wieder hat der Software- und Cloud-Konzern in den vergangenen Monaten angekündigt, seinen GenAI-Bot mit allen Softwarekomponenten im Microsoft-Universum zu verknüpfen. Inwieweit sich die Systeme der großen Anbieter in die Quere kommen, bleibt abzuwarten. Amazon Q lässt sich jedenfalls laut Anbieter mit Microsoft 365 verknüpfen und den Copilot sollen Anwender auch auf alle möglichen Daten loslassen können - egal, wo sie liegen, auch in der Amazon-Cloud.

Für die Anwenderunternehmen stellt sich die Frage, mit vielen Bots sie in Zukunft hantieren möchten. "Amazon Q kann alle grundlegenden Produktivitätsaufgaben erledigen, die auch Copilot erledigen kann", sagte Keith Kirkpatrick, Research Director of Enterprise Applications bei The Futurum Group. Außerdem lasse sich der Assistent für eine Vielzahl von Anwendungen im gesamten AWS-Stack verwenden. "Das dürfte für IT-Manager interessant sein, die die Anzahl der Assistenten, die überwacht werden müssen, begrenzen möchten."