Alles über Netweaver: Anwendungsschranken überwinden

03.04.2007 von Gerhard Kopper
SAP will mit Netweaver und seiner Enterprise Service-oriented Architecture (E-SOA) das Rückgrat der Unternehmens-IT bilden. Drittanbieter sollen sich über Standardschnittstellen hier einklinken können. Von Gerhard Kopper*

Mit Hilfe von Netweaver und der E-SOA will SAP die Offenheit seiner Plattform gewährleisten und sie zur Basis unternehmensweiter IT-Infrastrukturen machen. Damit könnten Nicht-SAP-Anbieter ihre Lösungen flexibel auf Basis standardisierter Schnittstellen in eine SAP-zentrierte Anwendungslandschaft einbinden. Dies gilt beispielsweise auch für Data Warehouses, die nicht aus dem Hause SAP stammen. Durch den virtuellen Durchgriff auf die Daten lässt sich eine doppelte Datenhaltung vermeiden.

Hier lesen Sie ...

  • welche Schnittstellen Netweaver zur Anbindung von Nicht-SAP-BI-Anwendungen bereitstellt;

  • was Anwender bei der Integration von BI-Lösungen in Netweaver beachten sollten;

  • welche Vorteile Firmen aus dem Zusammenspiel von SAP- und Nicht-SAP-Komponenten ziehen können.

Bei der Integration in eine SAP-zentrierte Lösungsarchitektur werden die gesetzten Standards der IT nicht umgangen. Die Integrationsfähigkeit der Systeme bringt Anwendern einen doppelten Vorteil: Einerseits werden Investitionen für bestehende Anwendungen geschützt, andererseits wird auch die Einführung von SAP-Anwendungen erleichtert und beschleunigt, so dass neue Geschäftsapplikationen rasch bereitgestellt werden können.

Integrationsszenarien am Beispiel Teradata Active Data Warehouse. (Quelle: Teradata)

Viele Unternehmen versuchen derzeit, sich durch effizientere Business-Intelligence-Tools (BI) im Markt zu differenzieren. Früher ging es dabei vor allem darum, den Einsatz von BI zu einer unternehmensweiten "Enterprise Business Intelligence" auszuweiten. In jüngerer Zeit rückt immer mehr die zeitnahe und prozessorientierte Bereitstellung von Entscheidungs-unterstützenden Informationen in den Blickpunkt der Verantwortlichen - so genannte "Active Enterprise Intelligence".

Daten zeitnah und konsolidiert bereitstellen - das erfordert im Rahmen eines verteilten Daten-Managements aufwändige, komplexe und damit letztlich auch teure Architekturen. Deshalb werden Daten zunehmend zentral in unternehmensweiten Enterprise Data Warehouses (EDW) vorgehalten. Hier stehen sie für Standardberichte und strategische Analysen bereit.

Sollen die Unternehmensdaten darüber hinaus für Ad-hoc-Anfragen verfügbar sein, stellt dies hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit der eingesetzten Data-Warehouse-Lösungen. Datenbanken müssen große Mengen an Informationen, viele Anwender und unterschiedliche Anwendungsprofile mit einer stabilen Performance handhaben. Traditionelle OLTP-orientierte Systeme stoßen dabei schnell an die Grenzen eines effizienten Einsatzes - ganz im Gegensatz zu den linear erweiterbaren Datenbanklösungen auf der Basis von Massive Parallel Processing (MPP), die auf solche Leistungsanforderungen spezialisiert sind.

Nahtlose Integration ohne Systembrüche

Um eine solche externe Data-Warehouse-Lösung für eine SAP-zentrierte Infrastruktur nutzen zu können, bedarf es allerdings einer nahtlosen Integration, bei der Systembrüche vermieden werden können. Hierbei spielt SAP Netweaver eine zentrale Rolle. Dessen wichtigste Komponenten für die Integration von Anwendungen anderer Anbieter sind das "Business Warehouse" (BW), die "Netweaver Exchange Infrastructure" (XI) sowie das "Netweaver Portal".

Werden große Datenmengen in einem Nicht-SAP-Data-Warehouse gespeichert, stellt sich die Frage, wie sich diese Daten von SAP BW verwenden lassen. Ein klassischer ETL-Prozess, bei dem die Informationen in die mit der SAP-Software unterlegte Datenbank übertragen werden, scheidet aus - aufgrund der hohen Datenvolumina, der inakzeptablen zusätzlichen Transferzeiten sowie der damit verbundenen zusätzlichen Systemlast und der daraus resultierenden Kosten. Wer diesen Weg dennoch einschlägt, muss deshalb das Volumen reduzieren und möglichst nur aggregierte Daten übertragen. Dies löst zwar das technische Problem, gibt aber den Endbenutzern nicht die erforderliche Analysefähigkeit.

Um Datenredundanzen zu vermeiden und dennoch detailliert Daten auswerten zu können, bietet Netweaver zwei Schnittstellen für die Integration von Data Warehouses und die Nutzung von Daten in Reports und Queries an: "Universal Data Connect" (UDC) und "Virtual Provider with Function Module". Dabei lassen sich die ausgewählten Daten entweder in exklusiven Reports verwenden oder über Multi-Cubes mit Daten aus anderen Cubes in einem Report verbinden. Mittels Multi-Cubes können Daten, die in der mit SAP BW unterlegten Datenbank gespeichert sind, mit Daten aus dem Nicht-SAP-Data-Warehouse verknüpft werden.

Für die Anbindung relationaler Datenbanken durch UDC dient als Schnittstelle der JDBC Connector. Dabei generiert UDC ein datenbankunabhängiges Standard-SQL-Statement, um die für den Report erforderlichen Daten aus der externen Datenbank auszuwählen. Da UDC nur jeweils eine Tabelle ansprechen kann, muss entweder die externe Datenbank alle erforderlichen Attribute in einer Tabelle zur Verfügung stellen, oder es muss ein entsprechender Datenbank-View eingerichtet werden. Derzeit ist UDC von den Herstellern Teradata, Sybase und Netezza zertifiziert.

Sollen anbieterspezifische Features eines Data Warehouse genutzt werden, erfolgt die Netweaver-Anbindung mittels des "Virtual Provider with Functional Module". Dazu muss der Anbieter in eigener Verantwortung ein Funktionsmodul zur Verfügung stellen, welches die Query-Anforderung von SAP BW übernimmt und bearbeitet. Ein solches Funktionsmodul mit einem spezifischen SQL-Generator hat Teradata mit der "Teradata Virtual Access Solution" (TVAS) entwickelt. Diese generiert aus der Anforderung des SAP BW ein auf die eigene Lösung abgestimmtes SQL-Statement. Da es dabei keine Begrenzung auf nur eine Tabelle gibt, kann das kundenspezifische Datenmodell einfach berücksichtigt werden. Durch eine Reihe von Optimierungen wird das Datenvolumen, das für die Bearbeitung durch den SAP-Olap-Prozessor und die Anzeige im Report zurückgegeben wird, verkleinert. Insbesondere bei Anfragen auf große Tabellen und Datenvolumina ist das von Vorteil.

SAP- und Nicht-SAP-Daten zusammenführen

Zwar lassen sich Daten aus der mit SAP BW unterlegten Datenbank mit einem Nicht-SAP-Data-Warehouse über Multi-Cubes zusammenführen. Dennoch kann es von Vorteil sein, Detaildaten aus SAP-Quellsystemen im Nicht-SAP-Data-Warehouse abzulegen. Für die kontrollierte Extraktion von Daten aus SAP BW bietet Netweaver mit dem "SAP Open Hub" eine Schnittstelle, die über zwei Verfahren verfügt: erstens die Extraktion in eine Datei, zweitens die Extraktion durch ein Third-Party-Tool mittels Open-Hub-APIs. Bei der Extraktion in Dateien muss die Übertragung durch entsprechende Job-Scheduler und Monitoring-Programme sichergestellt werden. Zudem müssen die erzeugten Dateien durch die datenbankspezifischen Ladeprogramme weiterverarbeitet werden. Eleganter - und ins Monitoring von SAP BW eingebunden - funktioniert die Anbindung jedoch über Third-Party-Tools, wie sie beispielsweise von Teradata und IBM bereits zertifiziert worden sind. Mit Hilfe dieser Tools lassen sich Daten direkt aus der Quell- in die Zieltabelle schreiben.

Für die zunehmend geforderte zeitnahe Versorgung mit Informationen unterstützt Netweaver mit der Komponente XI (Exchange Infrastructure) eine "Near real-time"-Integration. Diese hält eine Anzahl generischer technischer Adapter bereit. Für die Anbindung an Nicht-SAP-Systeme bieten sich der FTP Adapter (für den Datei-basierenden Datenaustausch), der JDBC Adapter (für den direkten Zugriff auf eine relationale Datenbank) und der JMS Adapter (für die Nachrichten-basierende Übertragung) an.

Operative und BI-Anwendungen, sowohl von SAP als auch von anderen Anbietern, sollten Anwender zweckmäßig auf der Ebene des Benutzerzugriffes und des übergeordneten Workflows integrieren. Hierfür dient das Portal als Integrations- und Visualisierungsplattform. Mit SAP Visual Composer lassen sich Portalanwendungen ohne Codierung interaktiv erstellen. Das Werkzeug unterstützt zudem die Anbindung von Nicht-SAP-Anwendungen über Web-Services. Für die direkte Nutzung von Daten aus relationalen Datenbanken wird JDBC verwendet.

Auch wenn SAPs Visual Composer aktuell noch keine multidimensionalen Strukturen unterstützt, können Anwender damit viele Lösungen mit Nicht-SAP-Komponenten vergleichsweise einfach entwickeln. Dabei ist die zeitnahe Visualisierung von Ereignissen im Data Warehouse, in Kombination mit einem direkten Durchgriff auf die operationalen SAP-Anwendungen, ein Beispiel von innovativem "Active Data Warehousing".

Mit den offenen Schnittstellen in Netweaver hat SAP eine Infrastruktur geschaffen, die Anwender auf dem Weg in Richtung SOA unterstützt. Eine Service-orientierte Architektur wird auch die Möglichkeiten zur Einbindung eines Nicht-SAP-Data-Warehouse in eine SAP-Anwendungslandschaft grundsätzlich erweitern. Stand bisher das Daten-Management im Vordergrund, wird zukünftig die Bereitstellung von BI-Services an Bedeutung gewinnen. BI-Services werden als aktive Komponenten einer Anwendungsarchitektur ereignisgesteuert verdichtete Informationen bereitstellen. Die Ausführung eines Service wird dabei angestoßen durch einen Prozessschritt des Anwenders oder durch eine Veränderung der Daten im Data Warehouse. Die bereitgestellten Informationen können komplexe KPIs repräsentieren oder das Ergebnis anspruchsvoller Ad-hoc-Auswertungen oder Hochrechnungen sein. (ba)