Digital-Twin-Vorteile

4 Argumente für digitale Netzwerk-Zwillinge

28.03.2024 von Bob Violino
Heutige Netzwerkumgebungen sind zu komplex, um sie manuell zu überwachen. Die Digital-Twin-Technologie kann helfen.
Die Digital-Twin-Technologie ist weltweit auf dem Vormarsch.
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Digitale Zwillinge gewinnen zunehmend an Zugkraft, versprechen sie doch, die Kluft zwischen physischer und virtueller Welt zu überbrücken. Laut Grand View Research soll der globale Digital-Twin-Markt von 2024 bis 2030 jährlich um 36 Prozent wachsen - mit Blick auf Europa prophezeien die Marktforscher mit 38 Prozent sogar eine noch bessere, jährliche Wachstumsrate. Das sei in erster Linie der Integration von Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI), Cloud Computing und IoT zuzuschreiben, die das Digital-Twin-Wachstum weiter ankurbelten, so die Analysten.

Dabei haben digitale Zwillinge laut Jonathan Lang, Research Director bei IDC, bislang vor allem in physischen und anlagenintensiven Branchen wie der industriellen Fertigung oder der Ölindustrie Anklang gefunden. "In diesen Bereichen liegen die Benefits auf der Hand: ein besserer Einblick in den Zustand der Anlagen, höhere Zuverlässigkeit sowie Kosteneinsparungen", konstatiert der Chefanalyst. "IT-Umgebungen wie Infrastruktur, Netzwerk-Equipment oder Connected Devices weisen die gleichen Werttreiber auf", fügt er hinzu.

Im Folgenden vier schlagende Argumente für digitale Netzwerk-Zwillinge.

1. Mehr Sicherheit

Die Cybersicherheit zu optimieren, hat für die meisten Unternehmen kontinuierlich hohe Priorität. Da trifft es sich gut, dass die Digital-Twin-Technologie im Bereich Netzwerke das Sicherheitsniveau von IT-Infrastrukturen auf vielfältige Weise optimieren kann. Das könne insbesondere Security-, Netzwerk- und Cloud-Operations-Profis das Arbeitsleben leichter machen, meint Chiara Regale, Senior Vice President beim Digital-Twin-Spezialisten Forward Networks: "Den Teams in diesen Bereichen fehlt eine 'Single Source of Truth', die Daten zu Netzwerktopologie, -verhalten, -konfiguration, -segmentierung und -richtlinien bereithält. Von ihnen wird also erwartet, etwas zu managen und abzusichern, in das sie nicht wirklich Einblick haben. Möglicherweise kommen Monitoring-Tools zum Einsatz, aber die arbeiten isoliert und werfen jeweils unterschiedliche Anforderungen an Datengenauigkeit und Aktualität auf."

Im Gegensatz dazu würden digitale Zwillinge im Netzwerk-Bereich laut der Managerin dabei unterstützen, das gesamte Netzwerkverhalten zu verstehen, und Operations-Profis kontextbezogene, zuverlässige und umsetzbare Daten liefern. Sie spezifiziert: "Sie sammeln Konfigurations- und Zustandsinformationen über alle Netzwerk-Devices hinweg - vom Load Balancer über Router bis hin zu Firewalls, Switches und Cloud-Umgebungen. Diese Daten werden dazu verwendet, alle möglichen Pfade innerhalb des Netzwerks zu berechnen, Daten zum Netzwerkverhalten zu analysieren und die Konfiguration durchsuchbar und überprüfbar zu machen. Digitale Netzwerk-Zwillinge bieten bemerkenswerte Sicherheitsvorteile, etwa mit Blick darauf, kritische Schwachstellen zu identifizieren oder Remediation-Pläne auf Basis individueller Gerätekonfigurationen und -Funktionen zu entwickeln."

Darüber hinaus könnten Network Digital Twins auch Incident-Response-Analysen beschleunigen, weil sie unvermittelt Aufschluss über die Reichweite von kompromittierten Hosts geben könnten. Das verkürze laut Regale den Zeitrahmen, um Sicherheitsvorfälle zu beheben, erheblich.

2. Optimierte Dokumentation

Digitale Zwillinge können jedoch auch Infrastruktur-Insights ermöglichen, die über die reine Konfiguration hinausgehen - etwa dazu, was in der Netzwerkumgebung vor sich geht.

Das ist wiederum eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Dokumentation, die in vielen (Groß-)Unternehmen ein Problem darstellt, wie Michael Wynston, Director of Network Architecture and Automation beim Finanzdienstleister Fiserv, erklärt: "Unternehmen haben in Sachen Dokumentation regelmäßig Nachholbedarf, weil ihre Priorität auf dem Deployment liegt, keine Standards für die Dokumentation von Infrastrukturanpassungen existieren und diese Arbeit allgemein ausufert."

Deswegen setzt Wynstons Arbeitgeber in diesem Bereich auf den Support einer Digital-Twin-Plattform. So konnte der Finanzdienstleister Geräte identifizieren, die nie ordnungsgemäß außer, beziehungsweise in Betrieb genommen wurden. "Ohne einen digitalen Zwilling kennen Sie weder Ihre Umgebung noch CVE-Risiken und können nicht automatisieren. Das kann die gesamte IT-Infrastruktur lähmen", warnt der Manager.

3. Bessere digitale Experiences

Digitale Zwillinge können auch dazu beitragen, die User Experience zu optimieren. Die hat bei den meisten Unternehmen angesichts diverser Interaktionspunkte typischerweise hohe Priorität. "Digital Experience Twins sind ein neues Konzept, das einen Endbenutzer, eine Anwendung oder ein IoT-Gerät virtualisiert, um das Netzwerkerlebnis zu validieren und Probleme vorherzusagen, bevor sie sich auf das Benutzererlebnis auswirken", erklärt Bob Friday, Chief AI Officer bei Juniper Networks.

Der KI-Chef fügt hinzu: "Diese digitalen Zwillinge sind vielseitig und lassen sich nahtlos in Live-Netzwerke integrieren, die auf einer bestehenden IT-Infrastruktur betrieben werden. Eine nahtlose Konnektivität und optimierte Benutzer-, Geräte- und Anwendungserlebnisse sind essenziell für den Geschäftserfolg."

4. Erhöhte Effizienz

Die Digital-Twin-Technologie ermöglicht, Daten über mehrere Business-Systeme hinweg zu simulieren. Laut Analyst Lang zeigten Daten von IDC, dass IT-Organisationen viel Zeit damit verlieren, nach Informationen zu suchen. "Indem sie Daten in einem einheitlichen Interface zusammenführen und Datensatz-übergreifende Analysen ermöglichen, verbessern digitale Zwillinge die Effizienz der Mitarbeiter genauso wie die Qualität und Genauigkeit der Analyseresultate", konstatiert der IDC-Mann. Zudem böten Digital Twins intuitive User Interfaces für komplexe Prozesse und Datensätze, die auch nicht-technikaffinen Benutzern zugänglich seien. "Die Geschäftsbereiche können unabhängiger agieren und die Mitarbeiter Daten schneller und genauer interpretieren, um bessere Entscheidungen zu treffen", schlussfolgert Lang.

Dan Issacs, General Manager und CTO des Digital Twin Consortium, hat ein Praxisbeispiel für Effizienzsteigerung auf Digital-Twin-Basis auf Lager: "Es geht dabei um einen multinationalen Automobilhersteller. Dessen IT-Infrastruktur umfasst mehr als 5.000 Server, wobei jeder digitale Zwilling eines Servers mehr als 400 Datenpunkte aus mehreren Systemen enthält und 2.000 Events pro Sekunde verarbeitet. Ein Digital Twin der IT-Infrastruktur ermöglicht dem Unternehmen, mehrere unterschiedlicher IT-Managementsysteme in einer einzigen Ansicht zu integrieren, um Events systemübergreifend zu überwachen, vorherzusehen und optimal darauf zu reagieren", erzählt Issacs und fügt an: "Das realisiert betriebliche Effizienz und ermöglicht sogar, ungeplante Ausfallzeiten zu verhindern." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Network World.