Ratgeber Data Center

10 Schritte zur RZ-Konsolidierung

18.08.2011 von Michael  Löbmann
Projekte zur RZ-Konsolidierung brauchen eine gute Planung. Lesen Sie, welche Schritte sich in der Praxis bewährt haben.
Foto: Fotolia / Spectral Design

Weniger ist mehr lautet die Devise vieler Unternehmen, die derzeit ihre bislang verteilten Data Center zusammenlegen. Der Grundgedanke: Runter mit den Kosten, rauf mit der Effizienz. Damit sich die gewünschte Wirkung jedoch einstellt, ist eine professionelle und vor allem langfristige Planung gefragt. Denn vermeintlich triviale Projektschritte entpuppen sich häufig als zeit- und kostenintensiv.

Die 10 Schritte bei der RZ-Konsolidierung
Schritt 1: Bau und Ertüchtigungsplanung
Sollen ein beziehungsweise mehrere Rechenzentren migriert werden, gilt es zunächst, die richtige Örtlichkeit zu finden und eine nachhaltige Planung aufzusetzen.
Schritt 2: Inventarisierung der Hardware
Häufig unterschätzt wird bei einer RZ-Konsolidierung die Inventarisierung der Hardware.
Schritt 3: Applikationsanalyse und -abhängigkeiten
Aufwändiger noch als die Bestandsaufnahme der Hardware gestaltet sich in den meisten Fällen die Analyse der Applikationen. Die Frage lautet: Wo läuft was und wie gestalten sich die Verbindungen?
Schritt 4: Endkundenanalyse und -kommunikation
Rund die Hälfte der Aufgaben, die bei einer Konsolidierung mit gekoppeltem Umzug anfallen, betrifft die Kommunikation. Vor einer Migration gilt zu erfassen, welche Abteilungen welche Applikationen nutzen und die jeweiligen Ansprechpartner mit ins Boot zu holen.
Schritt 5: Changemanagement
Ein Konsolidierungsprozess läuft in den meisten Fällen nicht strikt nach Plan. Umso wichtiger ist ein kontinuierliches Changemanagement.
Schritt 6: Besiedelungsplanung
Sind die vorbereitenden Maßnahmen auf den Weg gebracht, muss die Besiedelung der RZ-Räumlichkeiten mit IT-Komponenten konzipiert und umgesetzt werden. Die Frage lautet: Wo werden welche Komponenten am sinnvollsten aufgebaut?
Schritt 7: Kopplung von Rechenzentren
Werden mehrere Rechenzentren verschiedener Standorte zusammengelegt, gilt es bestehende Kopplungsleitungen zu überprüfen, gegebenenfalls neue Leitungen zu beantragen, diese zeitlich zu terminieren und ihre Qualität sicherzustellen.
Schritt 8: Risikomanagement
Risikomanagement ist neben dem Changemanagement einer der permanent laufenden Prozesse im Zuge einer RZ-Konsolidierung.
Schritt 9: Migrationsplanung
Wenn Inventarisierung, Analyse und Konzeption stehen, heißt es, konkrete Migrationsgruppen zusammenzufassen und den phasenweisen Umzug zu planen.
Schritt 10: Qualitätssicherung
Durch eine laufende Qualitätssicherung und Kontrolle muss während des gesamten Prozesses sichergestellt werden, dass der Übergang gefahrlos abläuft und die jeweiligen Services zum vereinbaren Zeitpunkt wieder zur Verfügung stehen.

Vom Thema Konsolidierung von Rechenzentren (RZ) muss wohl kaum ein IT-Verantwortlicher noch überzeugt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand, denn konsolidierte Rechenzentren sind dynamischer, effizienter und kostengünstiger. Auf welche Weise man eine Konsolidierung innerhalb eines Rechenzentrums angeht, ist altbekannt. Harmonisierung, Virtualisierung und Automatisierung bilden das klassische Methodenset und ebnen zudem den Weg zur Private Cloud. Doch eine Konsolidierung betrifft längst nicht mehr nur die Betrachtung eines einzelnen Rechenzentrums. In vielen Fällen müssen mehrere Rechenzentren zusammengeführt werden. Diese gilt es dann nicht nur technologisch, sondern auch physikalisch zu konsolidieren. Der Hintergrund: Die meist in den 1990er Jahren entstandenen Rechenzentren vieler Unternehmen sind geographisch breit gestreut und genügen in vielen Fällen nicht mehr den Anforderungen an einen modernen Betrieb. Hinzu kommt: Viele der der „historisch“ gewachsenen Rechenzentren rentieren sich nicht – denn mit ihnen verbunden ist ein Block an Fixkosten, der auch durch Verschlankungen in Bezug auf Hard- und Software nicht reduziert werden kann. Die Rede ist beispielsweise von ungenutzter Fläche oder großen Klima- und USV-Anlagen, die bei einer Konsolidierung des jeweiligen Rechenzentrums nicht gleichermaßen mitschrumpfen. Ein weiterer Faktor ist das Mehr an personellen Ressourcen, das bei einer Vielzahl kleinerer Rechenzentren aufgebracht werden muss.

Die Konsolidierung ihrer Rechenzentrumslandschaft und ein damit verbundener Hardware-Umzug stehen daher derzeit für viele Unternehmen auf der Agenda. Vor dem Hintergrund des in Aussicht stehenden Einsparpotenzials darf eines jedoch nicht vergessen werden: Eine erfolgreiche Migration fordert einen hohen Planungsaufwand, dessen Ausmaß häufig unterschätzt wird. Diese Planung ist naturgemäß sehr individuell. Dennoch gibt es einige Bausteine, die als Basis für eine allgemeine Vorgehensweise herangezogen werden können.

1. Bau und Ertüchtigungsplanung

Sollen ein beziehungsweise mehrere Rechenzentren migriert werden, gilt es zunächst, die richtige Örtlichkeit zu finden und eine nachhaltige Planung aufzusetzen. Unabhängig davon, ob ein neues Rechenzentrum gebaut wird oder vorhandene Räumlichkeiten ertüchtigt werden sollen, wirken sich Fehler meist langfristig aus. Was einmal falsch geplant war, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht oder nur mit hohem Aufwand änderbar. Zu beachten sind beispielsweise grundlegende Anforderungen an Energie, Brandschutz, Flächenkonzeption und passive Verkabelung. Grundsätzlich gilt es, bei der Planung dieser Komponenten immer vom Versorgungsmaximum auszugehen und den Blick acht bis zehn Jahre in die Zukunft richten.

Die fünf Don´ts bei der RZ-Konsolidierung
Ratgeber Data Center
Diese Fehler sollten Sie vermeiden (Foto: Rittal)
Fehler 1
Glauben Sie nicht an Kosteneinsparungen, wenn diese für einen Zeitraum von vier Jahren oder länger geplant sind. RZ-Konsolidierungen dauern häufig doppelt solange als geplant und erzielen nur knapp die Hälfte der erhofften Einsparungen. (Bild: Fotolia)
Fehler 2
Unterschätzen Sie die Auswirkungen auf das laufende Geschäft nicht. (Bild: Fotolia)
Fehler 3
Planen Sie nicht zuviel. (Foto: Microsoft)
Fehler 4
Verlassen Sie sich nicht auf Software-Tools, aber unterschätzen Sie auch deren Nutzen nicht. (Bild: Sun Microsystems)
Fehler 5
Überlassen Sie IT-Migrationen nicht den Fachabteilungen. (Foto: Google)

2. Inventarisierung der Hardware

Häufig unterschätzt wird bei einer RZ-Konsolidierung die Inventarisierung der Hardware. Das Wissen über die Geräte ist meist auf mehrere unstrukturierte Informationsquellen oder Datenbanken verteilt und nicht selten veraltet. Zudem kommt es vor, dass Zuordnungen nicht eindeutig sind. Einen validen Status zu erhalten ist daher häufig mit hohem Aufwand verbunden. Erfahrungen zeigen, dass die Anzahl der inventarisierten Geräte je nach Quelle in erheblichem Ausmaß variieren kann. Abhilfe schafft hier die Erstellung einer zentralen, softwaregestützten Konsolidierungsdatenbank, in die standardmäßig sämtliche Hardware eingepflegt wird. Mit der einmaligen Eingabe und Konsolidierung der Daten ist es allerdings noch nicht getan. Vielmehr muss die Aktualität der Datenbank durch kontinuierliche Pflege während des gesamten Migrationsprozesses – und möglichst darüber hinaus – sichergestellt werden.

3. Applikationsanalyse und -abhängigkeiten

Aufwändiger noch als die Bestandsaufnahme der Hardware gestaltet sich in den meisten Fällen die Analyse der Applikationen, deren Ergebnis ebenfalls in die Konsolidierungsdatenbank eingepflegt werden muss. Die Frage lautet: Wo läuft was und wie gestalten sich die Verbindungen? Dabei gilt es, Abhängigkeiten und Schnittstellen zu erkennen und zu erfassen. In den seltensten Fällen ist diese Brücke zwischen Hardware und Anwendungen ausreichend dokumentiert. Zwar gibt es lizenzpflichtige Softwarelösungen, die es ermöglichen, Applikationen, Hardware und Maintenance auf Knopfdruck abzurufen. Diese sind vielen Unternehmen jedoch mit einem zu hohen technischen und personellen Aufwand verbunden – ihr Einsatz wird aus diesem Grund gern vernachlässigt. Gleiches gilt für die Entwicklung und den Betrieb eigener Anwendungen, mit denen ein zentrales Management von Themen wie Umzug, Wartung, Notfallplanung oder Betriebsanleitungen erfolgen kann. Erfahrungen zeigen allerdings, dass sich die dadurch gewonnene Flexibilität auszahlt. Denn nur, wenn diese Zusammenhänge transparent sind, können Geräte risikofrei bewegt werden.

4. Endkundenanalyse und -kommunikation

Rund die Hälfte der Aufgaben, die bei einer Konsolidierung mit gekoppeltem Umzug anfallen, betrifft die Kommunikation. Vor einer Migration gilt zu erfassen, welche Fachabteilungen welche Applikationen nutzen und die jeweiligen Ansprechpartner sowie deren Vertreter ins Boot zu holen. Mit ihnen muss neben dem Freigabeprozess zur Migration auch die Aufrechterhaltung der vereinbarten Servicelevel abgestimmt werden. Festgehalten werden diese Informationen ebenfalls in der zentralen Konsolidierungsdatenbank.

5. Changemanagement

Ein Konsolidierungsprozess läuft in den meisten Fällen nicht strikt nach Plan. Im Laufe der Umsetzung ergeben sich immer wieder Abweichungen und veränderte Rahmenbedingungen. Umso wichtiger ist ein kontinuierliches Changemanagement. Jede Änderung, sei es im Hard- oder Softwarebereich, muss dokumentiert werden und tagesaktuell verfügbar sein. Entsprechend handelt es sich nicht um einen einmaligen Projektschritt, sondern um einen komplexen Prozess, der eine Konsolidierung fortwährend begleitet. Erfolgskritisch dabei ist, dass seine Bedeutung von allen Beteiligten verstanden wird und eine konsequente Umsetzung erfolgt.

6. Besiedelungsplanung

Sind die vorbereitenden Maßnahmen auf den Weg gebracht, muss die Besiedelung der RZ-Räumlichkeiten mit IT-Komponenten konzipiert und umgesetzt werden. Die Frage lautet: Wo werden welche Komponenten am sinnvollsten aufgebaut? Um dies zu entscheiden, müssen unter anderem Faktoren wie Klimatisierung, Stromversorgung, Verfügbarkeit und die Platzierung von Sondergeräten wie Bandrobotern oder Mainframes in die Betrachtung mit einbezogen werden. Zusätzlich gilt es festzulegen, welche Alttechnologien mitgenommen werden müssen und wo neue Technologien zum Einsatz kommen. Modernisierungen betreffen dabei vor allem den LAN- und SAN-Bereich. Stichworte sind hier unter anderem die Konvergenz von LAN und SAN ,10GbE und 16 Gb/s FC und deren Längenbeschränkungen, ein flexibles und ausfallsicheres Rackdesign, innovative Blade-Server-Technologien sowie Clusterfunktionalitäten über RZ-Module hinweg. Bei aller Begeisterung für einen Rundumschlag in Sachen Modernisierung sollte das grundsätzliche Ziel jedoch sein, einen weichen Übergang zu schaffen. Denn die Erfahrung zeigt, dass der Wunsch nach neuen Technologien nicht immer mit den Anforderungen an Betrieb und Verfügbarkeit vereinbar ist. Prinzipiell gilt das „Frozen Zone“-Prinzip: Je näher der Umzug rückt, desto weniger Technologie-Changes sollten durchgeführt werden. Umstellungen, seien es das Einspielen von Updates oder Upgrades bei Softwarekomponenten, die Durchführung von Konfigurationsänderungen oder Modifikationen von Netz- oder Serverressourcen sollten entweder mit genügend Vorlauf vor dem Umzug erfolgen oder in Ruhe danach. Ausgenommen von den „Frozen Zones" sind natürlich Störungsbehebungen und dringende Wartungsarbeiten.

7. Kopplung von Rechenzentren

Werden mehrere Rechenzentren verschiedener Standorte zusammengelegt, gilt es bestehende Kopplungsleitungen zu überprüfen, gegebenenfalls neue Leitungen zu beantragen, diese zeitlich zu terminieren und ihre Qualität sicherzustellen. In der Planung zu beachten sind dabei zentrale Parameter wie Hochverfügbarkeit, Sicherheit oder Laufzeitverhalten. Nicht selten ist übrigens die Qualitätssicherung die größte Herausforderung. Netzwerkverantwortliche müssen jederzeit die aktuelle Leistungsfähigkeit der Kopplungsleitungen beurteilen können, um ihre Netzwerke für eine optimale Leistung zu konfigurieren und die Qualität der zugekauften Services zu überprüfen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass sich Einsichtnahmen in Bezug auf die Einhaltung der vereinbarten Qualitity of Services (QoS) schwierig gestalten.

8. Risikomanagement

Risikomanagement ist neben dem Changemanagement einer der permanent laufenden Prozesse im Zuge einer RZ-Konsolidierung. Dabei geht es in erster Linie darum, sowohl interne als auch externe Risiken in ihrer Auswirkung zu analysieren und im Prozess durch geeignete Maßnahmen weitgehend zu minimieren. Dazu gehören beispielsweise Verzögerungen im Zeitplan, Einschränkungen in der Ressourcenverfügbarkeit und Einschnitte im Budget genauso wie technologische Risiken wie etwa Ausfallraten bei Altgeräten.

9. Migrationsplanung

Wenn Inventarisierung, Analyse und Konzeption stehen, heißt es, konkrete Migrationsgruppen zusammenzufassen und den phasenweisen Umzug zu planen. Mit Hilfe des laufenden Changemanagements ist eine Gruppierung der einzelnen Komponenten – gewissermaßen auf Knopfdruck – umsetzbar. Auf dieser Basis wird eine Zeit- und Ablaufplanung für den Umzug erstellt, in der Ausfallzeiten und Wiederinbetriebnahmen klar festgelegt sind.

10. Qualitätssicherung

Durch eine laufende Qualitätssicherung und Kontrolle muss während des gesamten Prozesses sichergestellt werden, dass der Übergang gefahrlos abläuft und die jeweiligen Services zum vereinbaren Zeitpunkt wieder zur Verfügung stehen. Dazu gehört neben dem klassischen Vier-Augen-Prinzip in der Konzeption auch die ständige Überprüfung der einzelnen Prozessschritte durch einen verantwortlichen Projektleiter.

Fazit

Werden die oben genannten Basisschritte berücksichtigt, steht einer erfolgreichen Konsolidierung geographisch verteilter Rechenzentren nichts im Wege. Das gilt übrigens auch, wenn der Prozess durch einen externen Anbieter übernommen wird und Services aus der Public Cloud das eigene RZ-Leistungsspektrum ergänzen oder in Gänze abbilden.

Bei der Betrachtung der künftigen Entwicklung spielt dieser Faktor ebenfalls eine wichtige Rolle. Denn die Dynamik von RZ-Konsolidierungen wird in Zukunft auch maßgeblich dadurch bestimmt, wie vertrauenswürdig und sicher Public-Cloud-Services angeboten werden. Das heißt: Dem Trend in Richtung großer und zentralisierter Rechenzentren könnte eine Auslagerung von Services entgegenstehen. Und zwar dann, wenn sie zu einer kostengünstigen und in Sachen Sicherheit und Compliance vertretbaren Alternative wird. (wh)