Der Turbo-WLAN-Standard 802.11n erlangt Hochschulreife

29.11.2007
Ein US-College hat das wahrscheinlich weltweit erste großflächige WLAN auf Basis des Draft-Standards 802.11n in Betrieb genommen.

Obwohl der Wireless-Standard IEEE 802.11n vermutlich nicht vor 2009 vollständig von der Wi-Fi Alliance abgesegnet wird, ist er inzwischen (als Draft 2.0) so stabil, dass Hersteller auf Basis bestehender Chipsets erste Produkte auf den Markt bringen. In den USA hat nun eine Hochschule das vermutlich erste großflächige 802.11n-WLAN-Netz in Betrieb genommen – mit positiver Resonanz seitens der Studenten. Obwohl sich das drahtlose Campusnetz des Morrisville State College noch in der Stabilisierungsphase befindet und der Einsatz generell nicht ganz unproblematisch ist, sehen sie bereits eine deutliche Verbesserung zum bisherigen WLAN. Zwar war noch keine Zeit für systematische Leistungs- und Kapazitätstests. Die Studenten und IT-Mitarbeiter registrieren jedoch eine deutliche gestiegene Abdeckung und Reichweite gegenüber der bisherigen WLAN-Infrastruktur. So laufen bandbreitenhungrige Anwendungen merklich schneller. Klassenräume können zudem Video-Newsfeeds und Online-Konferenzen nutzen, ohne dass es zu Verzögerungen durch Zwischenspeichern kommt. Auch der Ärger mit Verbindungsstörungen scheint Vergangenheit zu sein.

Die Universität startete die Migration auf 802.11n im Sommer. Zusammen mit Meru Networks und IBM Global Services wurden zunächst zehn Access Points (AP) in Caferias, Speisesäalen und anderen Räumen, in denen sich Studenten versammeln, installiert. Im vergangenen Monat wurde dann nach dem Ende der Lieferschwierigkeiten die Zahl auf 700 APs ausgeweitet. Das 802.11n-Netz ersetzt eine alte WLAN-Infrastruktur aus dem Jahr 1999. Die Migration sei notwendig geworden, nachdem sich 2006 abgezeichnet hatte, dass das Raytheon-Raylink-Netz mit modernen Betriebssystemen wie Windows Vista nicht kompatibel ist, erklärt Jean Boland, Leiterin IT-Services am Morrisville State College.

Die Anforderungen an die neue Infrastruktur sind nicht trivial: Aktuell sind zu Spitzenzeiten bis zu 1200 Wireless-Clients in dem neuen Netz eingebucht. Offiziell gibt es insgesamt 3000 registrierte Nutzer. Neben Laptops greifen noch rund 80 andere Devices wie "iPod Touch" und "iPhone" von Apple, verschiedene Handhelds und sogar Spielekonsolen auf das WLAN zu.

Power over Ethernet

Ein bislang ungelöstes Hauptproblem ist die Frage, ob der Campus wegen der höheren Wattzahl auf den Power-over-Ethernet-Standard 802.3at, auch bekannt als PoEPlus, wechseln soll. Aktuell nutzen 90 Prozent der Meru-Access-Points die bestehende, 802.3af-basierende PoE-Infrastruktur mit 15 Watt. Die Stromzufuhr erfolgt dabei über die Gigabit-Ethernet-Ports der Lan-Switches von Enterasys Networks. Die APs können dadurch aber nur eine 2x2-Antennenkonfiguration (MIMO = Multiple in, Multiple out) nutzen, die den Datenstrom in zwei Unterströme für Empfang und Versand aufteilt. Um alle drei in den APs integrierten Sender und Empfänger zum Transport der Streams einzusetzen und somit mehr parallele Nutzer zu versorgen, bedarf es speziellen PoE-Equipments, basierend auf dem 802.3at-Standard mit 30 Watt. Dieses Zubehör kommt jedoch erst allmählich auf den Markt.

Was die Aufteilung der Kanäle betrifft, nutzen Notebooks mit Draft-n-Unterstützung das 5-GHz-Band. Im 2,4GHz-Kanal ist ein 20Mhz-Band für 11b/g-Clients reserviert, die verbleibenden zwei 20 MHz-Channel werden kombiniert und unterstützen Laptops mit 11n-Karte oder USB-Dongles – diese arbeiten fast alle im 2,4GHz-Band. Der Schritt soll verhindern, dass es zu Interferenzen zwischen verschiedenen Access Points kommt.

Zu prüfen ist allerdings noch, inwieweit Legacy-Clients die Performance von 802.11n-Clients behindern. So kann man in 11g-Access-Points beobachten, dass 11b-Geräte die moderneren 11g-Clients ausbremsen, so dass sich letztere auch wie 11b-Clients verhalten. Laut Meru sollte dies beim Morrisville State College allerdings kein Problem sein, da der Controller den Zugang zum Access Point kontrolliert und jedem Client die gleiche Zeit zum Empfang und Versand von Daten einräumt. Ohne diese Aufteilung wäre ein langsamerer Client in der Lage, die Verbindung in Beschlag zu nehmen und die Performance potenziell schnellerer Nutzer zu behindern. (mb)