Nach der Sun-Übernahme

Oracle nicht im Visier der Kartellwächter

28.04.2009
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Anzeige  Mit der Übernahme von Sun Microsystems durch Oracle sind zwei weltweit führende Datenbank-Angebote in einer Hand vereint. Eine kartellrechtlich bedenkliche Monopolstellung sei durch den Deal nicht entstanden, meinen die Experten unisono.

Für 7,4 Milliarden US-Dollar hat sich Oracle Sun und damit auch die gefragteste Open Source-Datenbank-Lösung MySQL gesichert und den Konkurrenten IBM ausgestochen, der seinerseits kurz vor dem Vollzug der Übernahme schien. Oracle ist seit Jahren Marktführer im Verkauf relationaler Datenbanken. Zwischen 2005 und 2007 erzielte das Unternehmen mit seinen Datenbanken einen Ertrag von 22 Milliarden US-Dollar. Das ist laut IDC doppelt so viel, wie der härteste Wettbewerber IBM erzielen konnte. Die am meisten gekaufte und die am meiste herunter geladene Datenbank sind nun also vereint. Eine widerrechtliche marktbeherrschende Stellung ist dadurch aber nicht entstanden, wie computerworld.com herausgearbeitet hat.

"Oracle ist eine Wirtschaftsmacht in Datenbank Management Systemen, aber wohl kaum ein Monopolist", so der Analyst Curt Monash. Er sehe keinen Hinweis darauf gefunden, dass das Unternehmen in Konflikt mit dem US-amerikanischen Antitrust-Gesetz geraten könne. "Die Wettbewerbshüter schauen genau hin, wenn es um kalten, harten Cash geht", bestätigt Kenneth Chin, Analyst bei Gartner. "Open Source haben sie nicht so auf dem Schirm." Aufgrund seines Open Source-Charakters werde MySQL den Gewinn von Oracle kaum signifikant erhöhen, lautet ein weiteres Argument. In der Natur der Sache liegt indes auch, dass Wettbewerber durchaus Bedenken äußern - allerdings nicht auf unmittelbarer Ebene. Gebremst werde eine Entwicklung, die MySQL von seinem Web-basierten Kerngeschäft vielleicht irgendwann zum ernsthaften Konkurrenten bei Business Intelligence-Applikationen hätte führen können. Und das reduziere die Wettbewerbsintensität durchaus.

Keine Anzeichen für Kannibalisierung

Zweifelsohne hat Oracle seine Position gestärkt. Aber anders als bei Microsoft im Markt für Betriebssysteme kann von einer Monopolstellung keine Rede sein. Die Kartellexperten weisen darauf hin, dass IBM vor acht Jahren Oracle sogar für kurze Zeit die Krone abjagen konnte und dass mit Teradata, Sybase und innovativen Start-Ups noch weitere konkurrenzfähige Wettbewerber vorhanden seien. Spekuliert wird darüber, dass Oracle - etwa beim MySQL-Support - womöglich die Open Source-Nutzer verstärkt zu Kasse bitten könnte. Andererseits hat das Unternehmen selbst betont, dass Sun eine selbständige Einheit im Unternehmen bleiben werde. Eine schleichende Kannibalisierung soll offenbar bewusst vermieden werden.