Durchgängige Modelle

BPMN - ein Standard weckt Hoffnung

29.08.2011
Von Stefan Ueberhorst
Große Erwartungen setzt die BPM-Szene in Version 2.0 der OMG-Spezifikation Business Process Modeling Notation (BPMN). Werden der Modellaustausch zwischen unterschiedlichen Werkzeugen und die Annäherung von Fachabteilung und IT durch das Update endlich möglich?

Die Branche beschwört das Alignment, doch die Praxis in den Unternehmen sieht meist anders aus. Nachdem in den 90er Jahren die Modellierung der Fachabteilungen mit klassischen Notationen wie ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK) von IDS Scheer oder Adonis ihren Höhepunkt erlebte und die so in Form von Modellen dokumentierten Prozesse reihenweise Büroschränke füllten, änderte sich die Situation spätestens mit der SOA-Welle. Mit ihr verstärkte sich der Trend zur IT-getriebenen Prozessautomatisierung etwa mit der Business Process Executive Language (BPEL) oder der XML Process Definition Language (XPDL).

Diese Schwerpunktverlagerung weg von der fachlichen hin zur technischen Modellierung hat allerdings auch zu bedenklichen Entwicklungen geführt. So haben die letzten Jahre gezeigt, dass gerade die wenig technikaffinen Fachbereiche nicht mehr so strikt auf Standardmodellierer wie etwa Aris setzen, sondern auch aus Kostengründen weniger syntaktisch definierte Formate verwenden, indem sie zum Beispiel mit Visio-Flow-Charts, Excel-Tabellen oder Powerpoint-Zeichnungen arbeiten. Damit läuft man Gefahr, sich im Vergleich zu den 90er Jahren zurückzuentwickeln, da solche "Mal"-Werkzeuge keinen Rahmen mehr für eine einheitliche Modellierung bieten, geschweige denn für den Austausch von Modellen.

Letzterer war allerdings schon vor dem SOA-Hype kaum möglich. Wer glaubte, die im Fachbereich entstandenen Modelle könnten ohne größeren Aufwand für die maschinelle Automatisierung herangezogen werden, wurde oft enttäuscht. In der Regel dienen auch heute noch die fachlichen Modelle nur als Vorlage, um auf ihrer Basis im technischen BPM-System meist manuell ein neues Modell zu erstellen. Der Grund: Die Ursprungsmodelle beschreiben organisatorisch-betriebswirtschaftliche Abläufe und beinhalten damit zwangsläufig viele Aspekte, die für die technischen Modelle zur Prozessautomatisierung völlig irrelevant sind. Gleiches gilt umgekehrt, wenn die IT mit ihren Werkzeugen Prozesse automatisiert und meint, die dabei entstehenden Modelle mit ihren systemseitigen Ausführungsinformationen seien auch im Fachbereich zu gebrauchen.