Sapphire 2012 Madrid

SAP will Kunden zu mehr Innovation überreden

14.11.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Renovierung des eigenen Software-Portfolios ist für SAP eine Gratwanderung. Der Konzern ist gefordert, rund um die Cloud, wachsende Datenberge, Mobile und Social Innovationen zu präsentieren, darf aber nicht den Anschluss an seine Kunden verlieren. Die sind schon froh, wenn sie ihre SAP-Systeme im Griff haben.

Keiner kann behaupten, dass die SAP-Spitze nicht dazulernt. Stand in den vergangenen Jahren meist die Technik im Vordergrund, bemühten sich die Verantwortlichen des größten deutschen Softwareherstellers anlässlich der diesjährigen Kundenveranstaltung Sapphire in Madrid, den Nutzen und die Auswirkungen ihrer Softwareentwicklungen auf das Business ins Rampenlicht zu rücken.

Oft hatten sich die Anwender in der Vergangenheit gefragt, warum es sie in ihrem Geschäft weiterbringe, wenn ein Report nun in wenigen Sekunden vorliege und nicht erst in einigen Minuten. Anstatt neue Geschwindigkeitsrekorde zu verkünden, wie schnell die In-Memory-Datenbank HANA riesigen Mengen an Daten verarbeiten kann, fokussierte sich das Führungsduo aus dem US-Amerikaner Bill McDermott und dem Dänen Jim Hagemann Snabe in diesem Jahr auf mögliche neue Business-Szenarien, die durch SAP-Lösungen Wirklichkeit werden sollen.

Glaubt man dem SAP-Management, dann stehen den Unternehmen in den kommenden Jahren dramatische Veränderungen ihres Geschäftsumfelds ins Haus. McDermott, Co-CEO des Softwarekonzerns, spricht von fünf Milliarden Konsumenten weltweit, die im Jahr 2030 adressiert werden wollen. Zudem verlangten die künftigen Verbrauchergenerationen eine zunehmende Digitalisierung. "Wir werden nicht mehr in einer B2B- oder B2C-, sondern in einer B2B2C-Welt leben", prognostiziert der Manager. Sein Amtskollege Snabe spricht von einer "neuen Realität" in der Wirtschaft: Die Unsicherheit und kaum mehr vorhersagbare Entwicklungen würden in Zukunft das Bild des Business prägen. Daher müssten die Verantwortlichen neuen Ideen aufgeschlossen begegnen. "Alte Gewohnheiten sind nicht automatisch Best Practices", mahnt der SAP-Chef.

Digitalisierung krempelt Branchen um

Um diese Herausforderungen zu meistern, müssten die Verantwortlichen in den Unternehmen bereit sein, ihre Geschäftsmodelle und Prozesse zu hinterfragen, sowie sich stärker für neue Ideen zu öffnen. Die bestehenden Verhältnisse könnten sich binnen weniger Jahre fundamental verändern. Als Beispiel führt Snabe die Entwicklungen der Musikindustrie in den vergangenen 15 Jahren an. Hier habe sich durch Techniken wie die Erfindung des MP3-Formats, das Aufkommen von Peer-to-Peer-Netzen und Tauschbörsen wie Napster sowie Apples iPod-Player und dem Online-Marktplatz iTunes ein klassisches Geschäftsmodell, das über Jahrzehnte Bestand hatte, innerhalb von nur wenigen Jahren komplett verändert. Das könne im Grunde in sämtlichen Industrien und Branchen passieren, stellt Snabe fest.

So fundamental sich das Geschäft der Anwender aus Sicht der SAP-Oberen verändern könnte, mischen diese Entwicklungen wohl auch das SAP-Produktportfolio kräftig auf. Auch wenn das Management bemüht ist, Stabilität und Kontinuität gerade rund um die Kernprodukte ERP und die Business Suite zu vermitteln, rumort es rund herum doch kräftig. Treibende Kräfte sind dabei die Entwicklungen, die die Marktforscher von Gartner erst kürzlich unter dem Begriff "Nexus of Forces" zusammengefasst haben: Cloud, Data, Social und Mobile. "Das ist heute schon real", sagt McDermott.

Für die Cloud hat SAP auf der Sapphire mit "Financials OnDemand" einen weiteren Funktionsbaustein vorgestellt, neben den bereits bestehenden Cloud-Modulen "Sales OnDemand" und "Travel OnDemand" sowie den mit der Übernahme von SuccessFactors zugekauften Human-Resources-Lösungen (HR) aus der Cloud. Anwender sollen damit sämtliche Finanzprozesse im Unternehmen abwickeln können. Buchungsregeln und Steuervorschriften verschiedener Länder seien in dem System bereits berücksichtigt. Außerdem lasse sich Financials OnDemand mit zentralen SAP-ERP-Systemen integrieren, die Unternehmen nach wie vor meist On-Premise betrieben.