"Cloud" gewinnt an Tempo

SAP macht sich in der Datenwolke breit

28.07.2012
Mit zwei Milliardenübernahmen binnen weniger Monate machte die Softwareschmiede SAP deutlich, wohin die Reise geht.

In die "Cloud", wo Kunden via Internet Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Auch dort heißt einer der größten Rivalen: Oracle aus den USA. Europas führender Softwarehersteller SAP drückt beim jungen Geschäft mit Cloud-Diensten aufs Tempo. Der Anteil am Gesamtgeschäft ist zwar noch klein, wächst aber mit riesigen Sprüngen: War die Sparte noch im vorigen Jahr praktisch nicht sichtbar, weisen die Walldorfer nun für das zweite Quartal 52 Millionen Euro Umsatz aus, nach 29 Millionen im ersten Vierteljahr 2012. Das teilte SAP am Dienstag mit. "Wir sind einfach schneller darin, zu bauen, was Kunden brauchen", sagte Co-Chef Jim Hagemann Snabe dem Fernsehsender Bloomberg TV.

Dienste in der Internet-Datenwolke gelten als ein entscheidendes strategisches Zukunftsfeld, auf dem SAP derzeit Milliarden in Zukäufe investiert: Ende 2011 wurde für 3,4 Milliarden Euro das Unternehmen SuccessFactors gekauft, ein Spezialist für Personaldienstleistungen aus der Cloud. Und vor kurzem hatte SAP eine weitere, 4,3 Milliarden Dollar teure Cloud-Übernahme angekündigt. Damit ist SAP in einem rasanten Wettlauf gegen den Dauerkonkurrenten Oracle, der zuletzt ebenfalls mit großen Cloud-Übernahmen zugeschlagen hatte. SuccessFactors und Ariba sind beide im Oracle-Heimatland USA zuhause.

SAP belohnte sich unterdessen nach einem Rekordquartal auch unter dem Strich mit einem Gewinnsprung. Der Gewinn nach Steuern kletterte im Dreimonatsabschnitt April bis Juni gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent auf 661 Millionen Euro. Damit ging die Softwareschmiede als erster der 30 Dax-Konzerne mit den endgültigen Zahlen für das zweite Quartal 2012 an den Start.

Erste Eckdaten hatte SAP bereits vor knapp zwei Wochen vorgelegt: Demnach steigerte der Konzern den Umsatz im zweiten Quartal um 18 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro - den höchsten Wert, der je in diesem Zeitraum erreicht worden sei. Allein das Schlüsselgeschäft mit Software legte um 26 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro zu. Zuwächse bei Lizenzen sind bedeutsam, weil in der zweiten Runde in der Regel Geschäfte mit Wartung nach sich ziehen.

Im Cloud-Geschäft weist SAP darauf hin, dass sich die Übernahme von SuccessFactors bereits auszahle: "Durch die starke Verbindung mit SuccessFactors kann SAP ihre Strategie, führender Anbieter im Cloud-Bereich zu werden, schneller umsetzen", heißt es in der Mitteilung.

Derweil zieht sich der Rechtsstreit zwischen SAP und Oracle um Datenklau weiter in die Länge. Ursprünglich war ein Gerichtstermin für den 18. Juni angesetzt worden. Dieser Termin verschiebt sich aber nun um mehr als zwei Monate, wie SAP mitteilte. "Aufgrund von Terminkonflikten seitens des Oracle-Rechtsteams wurde der Gerichtstermin auf den 27. August 2012 verlegt."

Der Rechtsstreit geht bereits in sein fünftes Jahr, nachdem Oracle die im vergangenen Jahr zugebilligte Schadenersatz-Summe zu niedrig war. Eine Jury hatte dem US-Softwarekonzern 1,3 Milliarden Dollar zugesprochen, die Richterin empfand den Betrag jedoch als "extrem übertrieben" und stutzte ihn auf 272 Millionen Dollar. Daraufhin hatte sich Oracle entschieden, das Verfahren neu aufzurollen.

Die Verfehlungen, um die es geht, liegen lange zurück. Die Mitarbeiter der 2005 übernommenen und mittlerweile geschlossenen SAP-Tochterfirma TomorrowNow hatten im großem Stil unrechtmäßig Updates bei Oracle heruntergeladen. Die Staatsanwaltschaft von San Francisco kam bei ihren Ermittlungen auf mindestens 6249 Fälle und brummte SAP eine Strafe von 20 Millionen Dollar auf, die die Deutschen auch klaglos zahlten.

SAP hat die Verfehlungen längst eingestanden und sich öffentlich entschuldigt. Die Deutschen sind zudem grundsätzlich bereit, Oracle den Schaden zu ersetzen. Doch scheiden sich die Geister an der Höhe der gerechten Wiedergutmachung: SAP bietet Millionen, Oracle verlangt Milliarden. (dpa/tc)