Der lange Weg zum Komplettanbieter

Kampf der IT-Titanen

24.08.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Hewlett-Packard - der Verfolger

Hewlett-Packard hat in den zurückliegenden Jahren zwar fulminant seinen Umsatz gesteigert, von 86,7 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2005 auf zuletzt 114,6 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 2009, und sich damit die Position als umsatzstärkster IT-Anbieter weltweit gesichert. Allerdings steckt der Konzern mitten im Umbau und hat noch etliche Baustellen zu bearbeiten. Vor allem das Hardwaregeschäft hat den Konzernverantwortlichen zuletzt Kopfzerbrechen bereitet. Während sich IBM in den vergangenen Jahren konsequent von problematischen Geschäftsfeldern im Hardwarebereich getrennt hat, bedeuten für Hewlett-Packard die Segmente Drucker, PC/Notebook, Server und Storage nach wie vor ein wichtiges, aber zunehmend wackliges Standbein.

Die Probleme zeigten sich in der jüngsten Jahresbilanz 2009. Das Produktgeschäft ging im Vergleich zum Vorjahr von 91,7 Milliarden Dollar um über 19 Prozent auf 74,1 Milliarden Dollar zurück. Demgegenüber verbesserte sich zwar das Servicegeschäft um über 50 Prozent von 26,3 auf 40,1 Milliarden Dollar, da erstmals die Zahlen des übernommen Servicespezialisten EDS mit verbucht wurden. Das reichte jedoch nicht aus, um ein Minus beim Gesamtumsatz von 3,2 Prozent von 118,4 auf 114,6 Milliarden Dollar aufzufangen.

Obwohl Hewlett-Packard sein Portfolio in den vergangenen Jahren beharrlich ausgebaut hat, bezeichnen missgünstige Wettbewerber den IT-Konzern auch heute noch despektierlich als Druckerhersteller. Und in der Tat steuerte die Printing Group im zurückliegenden Geschäftsjahr immerhin noch 21 Prozent zum Gesamtumsatz von 114,6 Milliarden Dollar bei. Unter dem Strich betrug der Anteil der Druckersparte am operativen Profit des Konzerns von insgesamt 13,4 Milliarden Dollar sogar 32 Prozent.

Doch das profitable Printer-Business lief längst nicht mehr so rund wie noch vor wenigen Jahren. Die Finanzkrise sorgte dafür, dass die Verkaufszahlen in den zurückliegenden Quartalen stetig zurückgingen. Allein im dritten Quartal 2009 brach der Absatz im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent ein. Um derartige Schwankungen besser abfedern zu können, muss der Konzern seine Geschäfte weiter auffächern. Dazu haben die Verantwortlichen in den vergangenen Jahren tief in die eigenen Taschen gegriffen. Die Zukäufe von EDS im Jahr 2008 und 3Com im November 2009 hat sich das Unternehmen insgesamt rund 15,7 Milliarden Dollar kosten lassen. Die Erweiterung des Portfolios ist indes auch mit Herausforderungen verbunden. HP muss sich mit den neuen Geschäftsfeldern neu aufstellen und verändern. Deutschland-Chef Volker Smid gab Ende vergangenen Jahres unumwunden zu, dass sich der eigene Schwerpunkt in Richtung Services verschoben habe.

Allerdings verläuft die Transformation HPs nicht reibungslos. Branchenbeobachter wie Andreas Zilch, Analyst bei der Experton Group, sehen massive Probleme in der wichtigen Servicesparte durch die Übernahme von EDS, die schleunigst überwunden werden müssten. Aus Sicht von IDC-Analyst Spies haben die HP-Verantwortlichen den Aufwand für die Integration von EDS offenbar unterschätzt. Dabei müssten völlig unterschiedliche Firmenkulturen unter einen Hut gebracht werden. Spies moniert außerdem, dass der Konzern momentan auf dem Software-Standbein relativ schwach sei. Die Sparte, die sich hauptsächlich auf System-Management für die eigene RZ-Infrastruktur spezialisiert hat, steuerte im zurückliegenden Geschäftsjahr gerade einmal 3,1 Prozent zum Umsatz bei.

Die HP-Verantwortlichen wollen die Lücke in der Softwaresparte offenbar durch Kooperationen schließen. Erst Mitte Januar kündigten die Verantwortlichen ein Abkommen mit Microsoft an. Beide Unternehmen beabsichtigen in den kommenden drei Jahren rund 250 Millionen Euro zu investieren, um ihren Kunden integrierte und vorkonfigurierte Gesamtpakete aus HP-Hardware und Microsoft-Software anzubieten. Damit reagiere man auf die veränderten Ansprüche der Anwender, sagte HP-Chef Mark Hurd. Diese wollten sich in Zukunft auf einige wenige, aber dafür vertrauenswürdige IT-Lieferanten verlassen. Mit der Kooperation, die sich IDC-Analyst Spies zufolge bereits abgezeichnet hat, planen beide Partner, ihr Standing gegen Konkurrenten wie IBM und Oracle zu verbessern.

Kennzahlen Hewlett-Packard

Börsenwert: 124 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 321.000;

Umsatz 2009: 114,6 Milliarden Dollar;

Gewinn 2009: 7,7 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010