Das große Doag-Interview

Oracle-Anwender fordern mehr Einfluss

10.11.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Der J.D.-Edwards-Markt in Deutschland ist tot

COMPUTERWOCHE: Wie steht es um andere Altanwendungen wie beispielsweise J.D. Edwards?

SAACKE: Aus unserer Sicht ist J.D. Edwards auf dem deutschen Markt tot. Seit der Übernahme durch Oracle ist nicht erkennbar, dass es eine nachhaltige Entwicklung in Richtung Neukundengeschäft gibt. Die Bestandskunden setzen nach wie vor überwiegend die alte Technik auf Basis der AS/400 ein. Die Initiativen Oracles in diesem Umfeld, die weltweit angeblich auch von Erfolgen gekrönt sind, kommen in Deutschland überhaupt nicht an. Ich sehe auch nicht, dass sich Oracle wirklich bemüht, den J.D. Edwards-Markt zu adressieren. Die Mitarbeiter in diesem Umfeld werden immer weniger. Es ist bedauerlich, dass Oracle in einen Markt, der sich schlecht entwickelt, nicht investiert, sondern sich nur auf die Dinge konzentriert, die sowieso schon gut laufen. Das ist in Deutschland vor allem Siebel. Hier stürzt sich bei Oracle alles darauf, dieses Umfeld noch erfolgreicher zu machen. Auch das J.D. Edwards-Geschäft könnte gut laufen, hat aber keine Sponsoren innerhalb von Oracle. An dieser Stelle hat der Hersteller keinen langen Atem.

COMPUTERWOCHE: Ist Oracle das Risiko zu groß?

SAACKE: Oracle sagt gar nichts dazu. Die Verantwortlichen beschäftigen sich mit dem Thema nicht. Es fällt durch das weltweite Raster einfach durch. Die Strategien werden aus einem weltweiten Blickwinkel entwickelt, aber nicht aus einem lokalen. Das lokale Management ist dann darauf bedacht, kurzfristige Erfolge auf Basis dieser weltweiten Strategie zu erzielen. Das sind reine Umsetzer, die daran gemessen werden, ob sie ihre Quartalsvorgaben schaffen. Sie haben zudem kein eigenes Investitionsbudget, mit dem sie einen eigenen Markt entwickeln könnten.

COMPUTERWOCHE: Und da fallen Produkte wie J.D. Edwards irgendwann einfach hinten runter?

SAACKE: Genau das ist der Fall. Ich glaube, Oracle könnte hierzulande wirklich einen Marktanteil von zehn Prozent im Applications-Bereich schaffen, wenn sich der Konzern endlich einmal ernsthaft engagieren würde. Im Grunde sind Oracles Marktanteile hierzulande eher peinlich. Es gibt genügend unzufriedene SAP-Kunden, die unter der Marktmacht ihres Softwarelieferanten leiden. Hier könnte Oracle doch anknüpfen. Aber Kunden, die sich auf diesen Weg begeben, sind nach wenigen Jahren sauer, weil hinterher wenig passiert und sie letztendlich alleine stehen. Es gibt zu wenige Kunden, und das zieht dann wieder Probleme mit der Lokalisierung nach sich.