Autorikschas und Hightech - Bangalore ist Indiens IT-Hauptstadt

11.08.2006
Laut hupend bewegen sich die Autorikschas durch die Straßen Bangalores. Die kleinen gelben Wagen mit drei Rädern verbreiten einen beißenden Geruch in den Geschäftsstraßen und bahnen sich den Weg durch den Verkehr.

Rote Ampeln oder Fußgänger, nichts scheint die Taxi-Rikschas stoppen zu können. Wer hupt hat Vorfahrt. Bangalore gilt als IT-Hauptstadt Indiens und ist voller Gegensätze: Neben den Glasfassaden der Niederlassungen von IT-Unternehmen ist der Weg zum nächsten baufälligen Gebäude nicht weit.

Doch diese Gegensätze und auch die schlechte Infrastruktur schrecken die Konzerne nicht, in der drittgrößten Stadt Indiens zu investieren, denn Indien gilt als zukunftsträchtiger Markt. Die Analysten von Deutsche Bank Research haben Indien für den Zeitraum 2006 bis 2020 ein durchschnittliches reales Wirtschaftswachstum von sechs Prozent prognostiziert.

"Arbeit von Indien stark beeinflusst"

Microsoft gründete im Jahr 2005 ein Forschungszentrum in Bangalore. "Unsere Forschung ist wichtig für die ganze Unternehmensgruppe", sagt Direktor Padmanabhan Anandan, bevor der Strom kurz ausfällt. 35 Mitarbeiter aus der ganzen Welt arbeiten derzeit im Microsoft-Forschungszentrum in Bangalore.

"Unsere Arbeit ist von Indien stark beeinflusst", sagt Anandan. Wer die Projekte sieht, an denen die Mitarbeiter arbeiten, versteht sofort was er meint: Ein Lernprogramm für bis zu zehn Kinder an einem Computer zum Beispiel. Gemeinsam sitzen die Kinder vor dem PC und spielen mit zehn Computermäusen gegeneinander. Viele Schulen in Indien können sich nur ein oder zwei Computer leisten. "Der dominanteste Schüler setzt sich dann durch", sagt Mitarbeiter Udal Singh Pawar. Die vielen Mäuse sollen allen Kindern eine Chance geben, den PC zu bedienen.

Nutzen von Computern für Analphabeten

Ein anderes Projekt befasst sich mit dem Nutzen von Computern für Analphabeten. 120 Menschen ohne Lesekenntnisse hat Mitarbeiterin Indrani Medhi in Bangalores Armenvierteln befragt, um eine Software zu entwickeln, die auch für Analphabeten bedienbar ist. Herausgekommen ist der Prototyp eines Stellenbörsenprogramms, mit der Hausangestellte vermittelt werden. Sie können sich ihre Stelle selbst raussuchen, ohne Lesen zu müssen. Symbole erklären ihnen unter anderem die Art der Arbeit und die Arbeitszeit. "Die Erkenntnisse dieser Befragungen sind auch wichtig für andere grafische Anwendungen, die wir entwickeln", sagt Medhi.

Nützliche Sprachenvielfalt

Aber auch die Sprachenvielfalt des Landes macht sich Microsoft zunutze. Mehr als 20 offizielle Sprachen kennt das Land, tausende Regionalsprachen gibt es zudem. Eine Projektgruppe arbeitet an einer automatischen Übersetzungssoftware für den Instant Messenger, eine andere an einem Kartenprogramm, das Straßennamen in unterschiedliche Sprachen übersetzt. Wenn die Entwicklung Erfolg hat, könnte das Programm einmal Teil von Microsofts Kartensoftware Virtual Earth werden.

Schon jetzt gibt es einen lokalen Ableger der Kartensoftware, Virtual India. Doch bislang sind nur die großen Städte erfasst, die Straßennamensoftware nur auf den Computern der Entwickler verfügbar. Noch macht also auch Virtual India den Rikschafahrern mit ihrer Ortskenntnis nicht ernsthaft Konkurrenz. (dpa/tc)