Elektronische Patientenakte

Eklat: Ärzteverbände rufen zum Boykott der Gesundheitskarte auf

25.01.2008
Der Konflikt um das größte Telematik-Projekt der Welt gewinnt an Schärfe. Vor allem die geplante Speicherung von Patientendaten treibt die Gegner auf die Barrikaden.

In einem gemeinsamen Kommunique haben sich heute Bürgerrechtsorganisationen, Datenschützer, Patienten und Ärzteverbände gegen die geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gestellt. Das Bündnis "Aktion: Stoppt die e-Card" fordert die Bundesregierung auf, das Projekt "elektronische Gesundheitskarte" (eGK) sofort zu stoppen. Die Einführung der eGK werde die Gesundheitsversorgung verteuern und elementare Rechte der Bürger verletzen. Das Bündnis fordert einen unabhängigen und demokratischen Diskussionsprozess in der Öffentlichkeit.

Transparenz gefordert

Vor allem verlangen die Kritiker, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die von den Spitzenverbänden und dem BMG mit der Projektkoordination betraute Gesellschaft für Telematik-Anwendungen der Gesundheitskarte (Gematik) alternative und kostengünstigere Ansätze zur eGK ergebnisoffen testen sollten, wie dies der Deutsche Bundestag bereits 2004 vereinbart hatte ( Informationen zu eGK finden Sie auch auf der Webseite des BMG). Zudem soll es keine zentrale Datenspeicherung geben und das Bürgerrecht auf informationelle Selbstbestimmung soll geschützt werden. Nach Plänen des BMG und der Gematik wird mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im April dieses Jahres begonnen. Damit setze sich die Bundesregierung über die Ablehnungsbeschlüsse des Deutschen Ärztetages, Kassenärztlicher Vereinigungen und Ärztekammern sowie über die Kritik zahlreicher Patienteninitiativen hinweg, heißt es in dem Schreiben.
Aber auch Datenschützer und Bürgerrechtler würden das Projekt kritisieren, da es technisch nicht ausgereift sei und durch die geplante Speicherung sensibler Daten auf zentralen Servern eine weitere Form der Vorratsdatenspeicherung anstrebe. Befürworter der eGK verteidigen sich damit, dass es bisher noch keine Entscheidung bezüglich der Speicherung der Daten gebe. Die geplante Anwendung "elektronische Patientenakte" lässt allerdings auf eine zentrale Speicherung schließen (siehe auch "Ärzte laufen Sturm gegen die Gesundheitskarte").

Wird die Öffentlichkeit getäuscht?

Die Öffentlichkeit sei bisher in keiner Weise objektiv über die Folgen der Einführung einer zentralen Krankendatei auf Servern bei Krankenkassen oder kommerziellen Anbietern informiert worden, sagen Kritiker. Schlechte Ergebnisse der bisherigen Kartentests würden regelmäßig unterschlagen, und bezahlte Umfragen der Industrie bezüglich der Akzeptanz in der Öffentlichkeit würden mit irreführenden Fragestellungen vorgenommen und dann veröffentlicht. Zu befürchten sei, dass durch dieses verfehlte Projekt deutlich weniger Geld für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen werde, so die Unterzeichner (siehe auch "Zitterpartie Gesundheitskarte").

Praxistests sollen boykottiert werden

Die am Bündnis beteiligten Verbände und Vereinigungen kündigen ihren Widerstand im Fall einer Einführung der "elektronischen Gesundheitskarte" an: "Wir als Ärzte werden die Lesegeräte für die neue Versichertenkarte in unseren Praxen nicht einführen, solange die schwerwiegenden Bedenken, die im Beschluss des Deutschen Ärztetages im Mai 2007 formuliert wurden, nicht ausgeräumt sind", erklären die ärztlichen Vertreter. "Wir als Versicherte werden an der Ausgabe der Karten für dieses Projekt nicht mitwirken und zum Beispiel die verlangten Fotos nicht zur Verfügung stellen", so die Patientenvertreter. (as)

Die Unterzeichner sind: