Green IT – nicht nur für Gutmenschen

13.09.2007
Ex-Umweltminister Klaus Töpfer betonte auf dem "European ICT-Forum" die wirtschaftlichen Vorteile energie- und rohstoffsparender Hardware.

"Wenn ich mit der Wirtschaft rede, würde ich nie mit dem Klimaschutz anfangen, sondern immer mit den wirtschaftlichen Faktoren." Mit dieser Aussage fasst Klaus Töpfer zusammen, worum es beim Thema "Green IT" vorrangig geht. Der ehemalige deutsche Umweltminister, heute unter anderem Professor für Umwelt und nachhaltige Entwicklung an der Tongji-Universität in Shanghai, war einer der Keynote-Sprecher auf dem "European ICT Forum" des Marktforschungsunternehmens IDC.

Zu Töpfer Statement passen auch die Umfrageergebnisse, die IDC kürzlich präsentierte: Danach sieht sich nicht einmal jeder vierte der rund 1.000 befragten IT-Entscheidungsträger selbst in die Verantwortung genommen. Der größere Teil, etwa 28 Prozent, schiebt den schwarzen Peter lieber zu den IT-Anbietern hinüber, 20 Prozent machen sich offenbar überhaupt keine Gedanken darüber, und etwa 15 Prozent wollen sich ausschließlich an der Gesetzgebung orientieren.

Gesetze hindern moralische Freibeuter

Ist also der Gesetzgeber gefordert, die Unternehmen zu umweltschonender IT zu zwingen? "Das ist immer einfach", schimpfteTöpfer im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. "Man sagt, die Märkte sollen sich selbst regeln, aber wenn es Probleme gibt, dann soll es der Staat richten." Der Wirtschaft seien gesetzliche Vorgaben vor allem aus einem Grund lieb: "Die Unternehmen sagen: Tut ihr doch was, damit wir nicht die Einzigen sind." Auf den guten Willen zu setzen bedeute leider auch immer, moralische Freibeuter herauszufordern.

Aus Töpfers Sicht ist es deshalb weder sinnvoll noch notwendig, den moralischen Zeigefinger zu heben. Statt an das Gewissen der Unternehmen zu appellieren, will er ihnen lieber die Vorteile des effizienten Umgangs mit den Rohstoffen und der Energie vor Augen führen: "Erstens ergeben sich daraus Kostenvorteile für die IT, zweitens hilft es ihr, sich auf gesetzliche Bestimmungen vorzubereiten, die ganz sicher kommen werden."

Bislang sei der Energieverbrauch für die Informationstechnik nie ein Entscheidungskriterium gewesen, jetzt werde er zu einem ökonomischen Faktor, so Töpfers Überzeugung. Allerdings zeichnet auch die Online-Umfrage der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation "CIO" kein wirklich positives Bild vom Umweltbewusstsein der IT-Chefs. Knapp 60 Prozent der Befragten interessieren sich offenbar brennend für das Thema, mehr als 40 Prozent lässt es hingegen kalt.

Chancen für ganz neue Märkte

Last, but not least sieht Töpfer – verursacht durch die zunehmenden Energie- und Rohstoffbeschränkungen – auch Entwicklungschancen für ganz neue Märkte. Sie werden sich mit der Ressourcen schonenden Produktion, dem energieeffizienten Betrieb, der Wiederverwendung von Rohstoffen und der umweltverträglichen Entsorgung von Hardwarekomponenten beschäftigen: "Technischer Erfolg fällt ja nicht wie Manna vom Himmel, sondern entsteht immer aus Beschränkungen," konstatierte der Ex-Minister. (Siehe auch: "Grüne IT – immer wichtiger")

Der Titel von Töpfers Vortrag lautete: "Green IT – Fashion oder Challenge?". Die Antwort des Umweltexperten auf diese – rhetorische – Frage: "Grüne IT ist eine ökonomische Notwendigkeit." In einer Welt, die im Jahr 2050 wahrscheinlich mehr als acht Milliarden Menschen beherbergen werde, müsse sich der Materialverbrauch drastisch verringern, damit überhaupt noch ein wirtschaftliches Wachstum möglich sei. Dazu, dass die Hersteller das verinnerlichten, könnten die Verbraucher einiges beitragen: "Der Kunde sollte umweltverträgliche Produkten nachfragen, dann gibt es für die anderen keinen Markt mehr." (qua)