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Aigner legt nach

Google weist Kritik an "Street View" zurück

23.02.2010
Der Internet-Konzern Google hat die auch von Mitgliedern der Bundesregierung geäußerte Kritik an seinem Geodienst "Street View" zurückgewiesen.

"Wir nehmen den Datenschutz sehr ernst", sagte der Leiter der deutschen Rechtsabteilung des Unternehmens, Arnd Haller, am Dienstag bei einer Präsentation in Berlin. So sei in Deutschland bereits ein Widerspruch gegen eine geplante Veröffentlichung möglich, bevor die Bilder überhaupt im Netz stehen. Bei Street View werden Straßen und Häuser für das Internet fotografiert.

Digitale Straßenansicht Google Street View

Street View ist Teil des werbefinanzierten Online-Kartendienstes "Google Maps". Mit dieser Zusatzfunktion können Nutzer statt der klassischen Ansicht aus Karten und Satellitenbildern auch Fotos der Straßenzüge aufrufen. Anbieter Google spricht von der "letzten Zoom-Ebene". Der detaillierte Rundum-Blick zeigt Häuser, Autos und Fußgänger. An dieser Detailfülle haben sich in einigen Ländern - darunter Deutschland - Kontroversen entzündet.

Mit solchen Autos schießt Google die Fotos für die Street-View-Panoramen.
Mit solchen Autos schießt Google die Fotos für die Street-View-Panoramen.
Foto: AP

Die für Street View nötigen Fotomengen macht das Unternehmen, indem es Autos mit einer Spezialkamera durch die Straßen fahren lässt. Die Geräte sind auf einer Dachkonstruktion in 2,50 Meter Höhe installiert.

Die einzelnen Bilder werden bei der Aufnahme mit Informationen über den Standort versehen und anschließend zu einer Gesamtansicht zusammengestellt. Diese erscheint nicht in Echtzeit, sondern mit einiger Verzögerung. Der Dienst ist in einigen Ländern nahezu flächendeckend verfügbar, darunter für die USA. In Europa deckt Google große Teile unter anderem von Spanien, Italien, Frankreich und den Niederlanden ab.

Verbraucher können nach ihrer Auffassung bedenkliche Aufnahmen melden, die Google in seiner Street-View-Funktion veröffentlicht. Wer sich durch die Fotos in seiner Privatsphäre verletzt sieht, sollte bei Google Widerspruch einlegen, empfiehlt das Bundesverbraucherschutzministerium in Berlin. Das Ministerium stellt auf seiner Website dafür ein Musterschreiben zur Verfügung.

Bundesverbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner (CSU) hatte Google millionenfache Verletzung der Privatsphäre vorgeworfen und das Unternehmen aufgefordert, vorab ausdrücklich die Einwilligung aller abgelichteten Personen auf den Straßen einzuholen. Über den neuen Dienst sollen noch in diesem Jahr auch in Deutschland Straßenzüge über eingestellte Fotos in 360 Grad Perspektive einsehbar sein und virtuelle Spaziergänge am Computer möglich sein.

Aigner wiederholt Kritikpunkte

Ilse Aigner (CSU), Bundeministerin für Verbraucherschutz
Ilse Aigner (CSU), Bundeministerin für Verbraucherschutz
Foto: DBT (Deutscher Bundestag)

Ministerin Aigner (CSU) will dem Internetriesen Google bei Street View jedenfalls engere gesetzliche Grenzen setzen. "Wir sind da in Gesprächen auf Arbeitsebene mit den zuständigen Ministerien - auch die Justizministerin hat ja schon angekündigt, dass sie hier Handlungsbedarf sieht", sagte Aigner am Dienstag in Berlin.

Die flächendeckenden Straßenansichten sollten erst nach einer Frist online gehen, in der die Bürger sich gegen das Abfotografieren ihrer Umgebung wehren können. "Konkret erwarte ich von Google, dass die Zusage eingehalten wird, sämtliche Widersprüche zu berücksichtigen, und zwar bevor der Dienst im Netz veröffentlicht wird", sagte Aigner.

Darüber hinaus will Aigner strengere Regeln für die Verfremdung der Fotos, gegen die Widerspruch eingelegt wird. "Die betroffenen Gebäude dürfen nicht erkennbar sein, Hausnummern, Gesichter und Autos müssen vollständig unkenntlich gemacht werden - eine vage Verpixelung reicht nicht aus." Zudem forderte die Ministerin, die maximale Aufnahmehöhe auf 1,80 Meter zu begrenzen. Derzeit ist die Kamera, die Google durch die Straßen fahren lässt, auf 2,50 Metern Höhe montiert. Damit ragt sie beispielsweise über Gartenzäune oder Mauern.

Aigner sprach sich auch für eine generell striktere Kontrolle des Branchenriesen aus. "Ich erwarte, dass der Konzern offenlegt, wo und wie und wie lange Bilder gespeichert und mit welchen privaten oder kommerziellen Daten sie kombiniert werden sollen." Die Bürger hätten das Recht zu wissen, was mit ihren gespeicherten Daten geschieht.

Gutachter hat keine gravierenden Bedenken

In Berlin erhielt Google Rückendeckung von einem Rechtsexperten. Das Argument Aigners, Street View verletze massenhaft und illegal die Privatsphäre der Nutzer, sei von einem rechtlichen Standpunkt aus "schwer vertretbar", erklärte Nikolaus Forgó, Leiter des Instituts für Rechtsinformatik der Leibniz-Universität-Hannover. Ziel des Dienstes seien öffentliche Plätze, Straßen und Häuser, nicht die abgebildeten Personen selbst, die wie auch die Kfz-Kennzeichen von Google unkenntlich gemacht werden. (dpa/tc)