Zukunft der IP-Netze: Die Latency-Falle

19.09.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Die Tage der pauschalen Internet-Angebote scheinen gezählt zu sein. Eine serviceorientierte Abrechnung des IP-Verkehrs wird immer wahrscheinlicher - oder der Anwender optimiert seinen IP-Traffic gleich in Eigenregie.

Unter dem Schlagwort der "Netzneutralität" läuft in den USA derzeit eine Diskussion um die Zukunft des Internets. Vereinfacht ausgedrückt geht es dabei darum, dass Provider wie AT&T, Verizon oder Comcast von großen Internet-Unternehmen wie Google, Amazon oder Yahoo eine Art Internet-Maut fordern.

Hier lesen Sie ...

  • warum die Tage der pauschalen Internet-Angebote gezählt sein könnten;

  • mit welchen Problemen die Provider trotz ständig steigender Bandbreiten zu kämpfen haben;

  • wie die Netzbetreiber diese Schwierigkeiten mit neuen Tarifmodellen in den Griff bekommen wollen;

  • wie Anwender bereits heute mit Bandbreiten-Management die leidigen Probleme selbst lösen können;

  • mit welchen Techniken Sie Ihre Kommunikationskosten für das WAN drastisch senken können.

Werden bei "geschwätzigen" Protokollen wie CIFS die Bestätigungspakete im LAN gehalten, lässt sich damit die Latenzzeit im WAN reduzieren und so die Performance steigern.
Werden bei "geschwätzigen" Protokollen wie CIFS die Bestätigungspakete im LAN gehalten, lässt sich damit die Latenzzeit im WAN reduzieren und so die Performance steigern.

Mit dieser sollen sich die Unternehmen an den Kosten für die Infrastruktur beteiligen, mit der sie ja selbst viel Geld verdienen, so die Intention der Provider. Die Idee einer stärkeren Beteiligung der großen Websites an den Infrastrukturkosten weckte prompt auch in Europa Begehrlichkeiten bei den Carriern. So ist es in Branchenkreisen ein offenes Geheimnis, dass die Telecom Italia und Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke bereits bei der EU in Brüssel entsprechende Forderungen gestellt haben.

Auf den ersten Blick scheint dies überflüssig zu sein, denn längst ist auch unter Experten unumstritten, dass Moores Law ebenfalls für Netze gilt - sich also die verfügbare Bandbreite alle 18 Monate verdoppelt. Zudem berücksichtigt die Diskussion über Bandbreiten nicht die eigentlichen Probleme, mit denen das Internet bereits heute und künftig konfrontiert ist: Neben der Übertragungsleistung gewinnen Parameter wie die Varianz der Latenzzeiten immer mehr an Bedeutung und sind der eigentliche Knackpunkt, wie beispielsweise Untersuchungen der US-amerikanischen Brix Networks zeigen.

Das Unternehmen, das sich mit Echtzeit-IP-Applikationen befasst, stellte im Juli fest, dass sich die Sprachqualität von VoIP in den vergangenen 18 Monaten verschlechtert hat. Laut Brix wiesen von den knapp eine Million VoIP-Verbindungen, die über die Website überprüft wurden, zirka 20 Prozent eine inakzeptable Qualität auf - verglichen mit rund 15 Prozent vor einem Jahr.

Kampf um Ressourcen

Aus Sicht von Kaynam Hedayat, Technikchef bei Brix, liegt eine Ursache für diese Entwicklung darin, dass die Sprachdienste und andere Echtzeitanwen- dungen zunehmend mit Breitbandservices wie Video, Musik-Downloads oder interaktiven Spielen um Ressourcen im gleichen IP-Netz konkurrieren. Um das Übel in den Griff zu bekommen, müssten die Anbieter das Problem an der Wurzel angehen und sich mit den Gründen wie Jitter, Latency, Paketverlusten oder schlechter Round-trip Time (RTT) befassen. Ein geeignetes Mittel hierzu sieht Hedayat darin, dass bestimmte Verkehrsarten im Netz priorisiert werden und die Carrier dafür letztendlich eine Art zusätzliche Servicegebühr erheben.